Vontobel hat in England zugekauft und will auch in Deutschland punkten. Das sind die Herausforderungen, die sich CEO Zeno Staub und Präsident Herbert J. Scheidt stellen.

1. Vontobel ist endgültig keine Privatbank mehr

Die Vermögensverwaltung (Private Banking) gehörte nie wirklich zum Kerngeschäft der Bank Vontobel, die ihre Ursprünge im Börsenhandel hat. Mit der Twentyfour-Übernahme marginalisiert CEO Zeno Staub (im Bild rechts) diese Sparte weiter. Sollte der Meriten-Deal tatsächlich zustande kommen, wird das Vontobel im Asset Management, also die Vermögensverwaltung für Institutionelle, weit über 100 Milliarden Franken verwalten – gegenüber rund 31 Milliarden Franken im Private Banking.

Wachsen soll zwar auch die private Vermögensverwaltung. Doch die Entwicklung dieser Kundenvermögen stagniert seit geraumer Zeit. Organisches Wachstum wird niemals genügen, um das Private Banking zu einem gleichwertigen Standbein zu machen. Für Übernahmen fehlt indessen das Geld, sofern auch noch der Meriten-Kauf zustande kommt.

2. Es droht der «Fruithof-Effekt»

Die Expansionsschritte im Asset Management dürften bei den Private Bankern von Vontobel auf Argwohn stossen. Dort ist mit Georg Schubiger ein Chef am Werk, der in den vergangenen Jahren vor allem Aufräumarbeiten erledigt hat und erst seit kurzem wieder auf Wachstumskurs umgeschwenkt ist. Dies geschah vor allem mittels Personaloffensive – zur Akquisition einer anderen Bank kam es nicht.

Die Zukäufe im Asset Management bergen für Schubiger und seine Mannschaft durchaus ein gewisses Frustrationspotenzial, da nun die mittelfristigen Perspektiven fehlen. Das wiederum könnte zu personellen Abgängen führen. Das wäre dann der so genannte «Fruithof-Effekt»: Barend Fruithof, der Leiter Corporate & Institutional Business (C&IC) bei der Credit Suisse, verliess unlängst die Grossbank aus Frust, weil er seinen Geschäftsbereich trotz hervorragendem Leistungsausweis nicht weiter ausbauen konnte.

3. Wider das Klumpenrisiko «Rajiv Jain»

Das Asset Management gilt zwar als Wachstumsmotor der Vontobel Gruppe. Allerdings feuert der Motor auf einem einzigen Zylinder: demjenigen des Star-Fondsmanager Rajiv Jain. Seine Emerging-Markets-Fonds sind Perlen und Ertragsbringer im gesamten Asset Management, das Vontobel nun mit der Offensive im Fixed-Income-Bereich ausgeglichener gestalten möchte.

Ohnehin ist es durchaus möglich, dass das Zugpferd Rajiv Jain, der in New York arbeitet, auch mal einen anderen Stall suchen könnte. Damit einher ginge der Abfluss von zig Milliarden Dollar an Kundengeldern. Vontobel hat diese Gefahr bislang mit einer überaus fürstlichen Entlöhnung Jains in Schach halten können. Wie lange diese «Appeasement»-Politik allerdings noch aufgeht, steht in den Sternen.

4. Vertiefter Fussabdruck in Deutschland...

Mit der vermuteten Übernahme der in Düsseldorf ansässigen Meriten Investment Management ist Vontobel drauf und dran, den Fussabdruck im grössten Vermögensverwaltungs-Markt Europas deutlich zu vertiefen. Meriten, eine Tochtergesellschaft des amerikanischen Asset Managers BNY Mellon, verwaltet knapp 25 Milliarden Euro – und verfügt vor allem bei Investments in festverzinsliche Anlagen eine enorme Expertise.

In Deutschland stagnierten zuletzt die von Vontobel beratenen Vermögen (Advised Clients) bei 9 Milliarden Franken; gemessen an sämtlichen von der Bank beratenen Kundengeldern entspricht dies einem Anteil von 6 Prozent. Bald wird sich weisen, ob mit neuen Kundengeldern auch eine neue Dynamik ins Deutschland-Geschäft kommt.

5. ...aber auch ein schwieriger Arbeitsmarkt

Meriten beschäftigt rund 180 Mitarbeiter. In der Branche heisst es, die Firma sei personalmässig überdimensioniert. Synergie- und Skaleneffekte bei einer allfälligen Übernahme stellen sich für Vontobel nur ein, wenn gewisse Funktionen und Abläufe in die Gruppe integriert werden.

Das bedeutet: Bei Meriten müssten Stellen abgebaut werden. Personal abzubauen, ist in Deutschland ein schwieriges und überaus heikles Unterfangen: Das deutsche Arbeitsrecht ist – im Gegensatz zum schweizerischen – rigid und viel stärker auf die Interessen der Arbeitnehmer ausgerichtet.

Mit anderen Worten: Vontobel könnte sich mit der Meriten-Übernahme nicht nur Kundenvermögen einkaufen, sondern auch Kosten und langwierige Probleme, von denen sich die Bank nicht so schnell wieder lösen könnte.

6. Achse Schwarzer-Scheidt noch mächtiger

Mit einem Zukauf in Deutschland würde sich noch deutlicher zeigen, dass der personelle Konnex zwischen Asset-Management-Chef Axel Schwarzer und Vontobel-Präsident Herbert J. Scheidt (im Bild links) innerhalb des Machtgefüges der Bank weiter zunehmen würde. Schwarzer und Scheidt sind nicht nur Deutsche, sondern auch «Deutschbanker», also mit einer gemeinsam Vergangenheit beim grössten deutschen Geldhaus.

Es ist ein offenes Geheimnis, dass es nicht zuletzt Scheidts Verdienst war, dass der erfahrene Vertriebsmann und Banker Schwarzer von der Deutschen Bank zum Zürcher Traditionshaus wechselte. Scheidt selber hatte bis 2002 diverse Leitungsfunktionen bei der Deutschen Bank (Schweiz) inne.

7. Positioniert auf dem Finanzplatz von morgen

Mit mehr als 100 Milliarden Franken an verwalteten Kundengeldern und renommierten Fonds-Teams wäre Vontobel ideal positioniert, um das Beste aus der Zukunft zu machen, zumal sich sich die Schweiz als Asset-Management-Standort profilieren möchte.

Die Verwaltung von institutionellen Vermögen gilt als das Geschäft der Zukunft. Denn erstens stellt sich bei diesen Geldern die Schwarzgeld-Thematik nicht, und zweitens spielen bei der schieren Grösse der Kunden automatisch Skaleneffekte mit.

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