Der Bankmanager und Ex-CS-Kadermann Leonhard Fischer wollte eine anglo-deutsche Bankengruppe in Europa zimmern. Fast hätte er es geschafft – bis ihm ein chinesischer Investor einen Strich durch die Rechnung machte. Jetzt ist er offen für Neues.

Am vergangenen Freitag hatte der 53-jährige Leonhard «Lenny» Fischer seinen letzten Arbeitstag bei einem Unternehmen, das er recht eigentlich aus der Taufe gehoben hatte, wie Leonhard Fischer im Gespräch mit finews.ch erklärt. Gemeint ist die BHF Kleinwort Benson Group – eine europäische Bankengruppe, die vor allem deutsche Vermögenswerte angelsächsischer Anlagekompetenz zuführen wollte. Dass es unter der Ägide Fischers als CEO nie so weit kam, geht auf eine wechselvolle Geschichte zurück.

Der frühere Investmentbanker der Dresdner Bank erlangte auch in der Schweiz eine grössere Bekanntheit, als er 2003 die Führung der Winterthur-Versicherung übernahm, die damals noch zur Credit Suisse (CS) gehörte. Fischer schaffte es, das Unternehmen so zu sanieren, dass es der damalige CS-Chef Oswald J. Grübel später dem französischen Axa-Konzern verkaufen konnte.

Regulatorischer Hickhack

Als sich jedoch Fischers Karriere danach bei der CS nicht mehr so steil fortsetzte, wechselte er zur belgischen Investmentgesellschaft RHJ International (RHJI), wo er als Spiritus rector in dichter Kadenz eine Reihe von Beteiligungen aufgleiste – dazu gehörte beispielsweise ein Engagement in die deutsche Quirin Bank.

Für Aufsehen sorgte Fischer indessen im Herbst 2009. Damals übernahm die RHJI den traditionsreichen britischen Vermögensverwalter Kleinwort Benson. Und im März 2014 folgte nach langem regulatorischen Hickhack mit der deutschen Finanzaufsicht Bafin der Kauf der BHF Bank von der Deutschen Bank.

Aus heiterem Himmel

RHJI war dabei zwar federführend, stemmte den Deal aber mit Hilfe von BMW-Grossaktionär Stefan Quandt sowie mit dem chinesischen Mischkonzern Fosun unter der Leitung von Guo Guangchang, auch bekannt als Chinas Antwort auf US-Grossinvestor Warren Buffett – alles in allem ein Deal, der seinerzeit eine Sensation war.

Im März 2015 wurde dann die RHJI in die BHF Kleinwort Benson Group umfirmiert, was die eingangs erwähnte anglo-deutsche Bankengruppe ergeben hätte. Doch Ende Juli begannen sich die Ereignisse zu überschlagen: Zur Überraschung Fischers unterbreitete Fosun den Aktionären der BHF Kleinwort Benson Group ein Übernahmeangebot, angeblich, weil Guo Guangchang mit der Kursentwicklung nicht zufrieden war.

Zudem witterten die Chinesen Morgenluft, nachdem sie Anfang Juli bereits die Frankfurter Privatbank Hauck & Aufhäuser übernommen hatten, wobei bis heute die Genehmigung für diesen Deal bei der Bafin ausstehend ist.

Weisser Ritter aus Paris

Mit dem Vorstoss Fosuns stand Fischer Werk mit einem Schlag zur Disposition, denn wie sich zeigte, machten die Chinesen ihre Rechnung ohne den Deutschen. Zwar lehnten sowohl der BMW-Erbe Stefan Quandt sowie das US-Fondshaus Franklin Templeton als bedeutende Aktionäre das Angebot ab, doch erst mit einem «weissen Ritter» liess sich die bedrohliche Situation abwenden.

Dieser kam in Gestalt der französischen Finanzgruppe Oddo, die zuvor schon Interesse an der BHF Kleinwort Benson Group bekundet und eine substanzielle Beteiligung aufgebaut hatte. Im November 2015 unterbreitete Oddo dann ein Übernahmeangebot, dem die Grossaktionäre Quandt und Templeton zustimmten, so dass die Franzosen auf mehr als 50 Prozent der Aktien kamen.

Kein Platz mehr

Der Rest ist Geschichte. Bankchef Philippe Oddo kündigte an, er wolle das Geschäft auf die Eurozone konzentrieren und trat das Private-Banking-Geschäft der BHF in Großbritannien und auf den Kanalinseln an die Société Générale ab, wie auch finews.ch berichtete. Zudem übernahm Oddo persönlich den Vorstandsposten (CEO) der Frankfurter Privatbank BHF und sein Vertrauter Christophe Tadié avancierte zum Finanzchef. In diesem Kontext wurde schnell klar, dass es für Fischer keinen Platz mehr gibt.

Am vergangenen Freitag hatte Fischer offiziell seinen letzten Arbeitstag als CEO der BHF Kleinwort Benson Group, wie er im Gespräch mit finews.ch bestätigte. Bei einer anderen Bank will er nicht anheuern. Vor diesem Hintergrund kommt für ihn auch eine leitende Funktion bei seiner früheren Arbeitgeberin Credit Suisse nicht in Frage.

Nachdenken zu Hause

Fischer, der abwechselnd in London sowie am in Zürich wohnt, sitzt zudem im Verwaltungsrat der im Rohstoff-Handel tätigen Firma Glencore. Engagements in Private Equity schliesst er nicht aus, hat aber keine konkreten Ziele.

Es wäre indessen falsch, Fischer abzuschreiben. Zu seinen Qualitäten zählen nicht nur die grossen Gesten und Taten. Er gilt ebenso als besonnener Geist, der gerne in den Werken griechischer Philosophen Rat blättert. Als Hobby nennt er Nachdenken: «Der liebe Gott hat uns da mit einer Fähigkeit ausgestattet, die wir viel zu wenig nutzen», sagt er. Heute werde so viel geredet und geschrieben. «Ich würde gerne einmal den Satz hören: Jetzt gehen wir alle mal nach Hause und denken nach.»

Im Duell mit Sahra Wagenknecht

Neue Managertugenden? Fischer bevorzugt «alte Werte» wie Ehrlichkeit, Verantwortungsbewusstsein und Offenheit. Neue Akzente setzt er dennoch. Fischer ist unkompliziert, direkt, hat eine Vorliebe für Gummibärchen, grünen Tee, und er ist sich auch nicht zu schade, sogar mit der Kommunistin Sahra Wagenknecht die Klingen zu kreuzen. Das macht er zum Thema «Reichtum ohne Gier – Wie wir uns vor dem Kapitalismus retten» im Zürcher Efficiency Club am 12. Mai in Zürich.

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