Singapurs Staatsfonds ist der grösste Einzelaktionär der UBS. Siong Guan Lim, der Präsident des diskreten Investmentvehikels, stört sich an der Nonchalance, die in der Finanzbranche angesichts der anhaltenden Skandale vorherrscht.

Die Government of Singapore Investment Corporation (GIC) verwaltet umgerechnet mehr als 100 Milliarden Franken an Kapitalanlagen. Bei der UBS stieg der Staatsfonds über mehrere Finanzspritzen in den Jahren 2007 und 2008 ein – noch bevor die Schweizer Grossbank vollends in Geldnot geriet und schliesslich im Oktober 2008 mit Steuergeldern gerettet werden musste. Bis heute hält die GIC 6,4 Prozent an der UBS und ist damit die grösste Einzelaktionärin.

Der Staatsfonds hat sich kaum je zu seinem Engagement bei der UBS öffentlich geäussert. Er bezog auch nie Stellung, als die Schweizer Grossbank in diverse Skandale (Beihilfe zur Steuerflucht, Währungs- und Goldpreis-Manipulationen) verwickelt war und teilweise zu horrenden Bussen verknurrt wurde. Und falls der Staatsfonds seinen Einfluss vielleicht doch geltend gemacht hat, so tat er dies mit höchster Diskretion.

Keine Zweifel

Dass die diversen Verfehlungen in der Finanzbranche bei der GIC nicht unbedingt gut ankamen, daran liess Siong Guan Lim keine Zweifel offen, wie er am «stars»-Symposium vom vergangenen Wochenende in Stein am Rhein erklärte. finews.ch ist Medienpartner des Anlasses zur Förderung junger Führungspersönlichkeiten in der Wirtschaft.

«Es ist bemerkenswert, dass nach der Finanzkrise mehrere Bankenvertreter an der Wall Street zur Rechenschaft gezogen wurden, doch allesamt erklärten, sie hätten nichts Verbotenes respektive nicht gegen irgendwelche Gesetze verstossen», erklärte Lim, der seit 2007 den Singapurer Staatsfonds präsidiert.

Der grösste Lügner

Höchst bedenklich, so Lim weiter, sei die Haltung in Finanzkreisen, wonach es immer noch in Ordnung sei, etwas Rechtswidriges zu tun, solange es andere (Leute) gebe, die noch Schlimmeres verbrochen hätten. «Es ist, also ob Lügen in Ordnung ist, solange man nicht der grösste Lügner ist», beschrieb der GIC-Präsident die angeblich an der Wall Street weit verbreitete Meinung.

Einmal, so Lim, habe er einen Banker gefragt, wie es komme, dass «sein» Unternehmen in den Libor-Skandal verwickelt sei, worauf ihm der Banker geantwortet habe: «Unsere Informationen waren näher an der Wahrheit als die Aussagen anderer Unternehmen.»

Fairerweise ist hier auch festzuhalten: Die UBS erwähnte Lim am Symposium in Stein am Rhein mit keinem Wort.

Nur noch Anwälte und Compliance-Experten

Dafür geisselte er umso mehr die Tatsache, dass es heute nicht mehr Vorschriften und Bestimmungen seien, welche die Rechtmässigkeit des Wirtschaftens festlegten, sondern Anwälte und Compliance-Experten, welche je nach Auslegung die besten Schlupflöcher finden würden.

«Die Rechtssprechung hat schon immer sehr langsam funktioniert, und das kommt all jenen zugute, die als Erste ein Gesetz missachten. Am Anfang weiss der Richter nie, wie er urteilen soll», verdeutlichte Lim das Dilemma der heutigen Zeit. Der GIC-Präsident hat selber zwei Bücher über Führung und Ehre verfasst.

Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass die UBS inzwischen auch auf der Liste jener Finanzhäuser figuriert, die in Singapur in den Korruptions- und Geldwäscherei-Skandal rund um den malaysischen Staatsfonds 1MDB verwickelt sind, wie auch finews.ch berichtete. Noch ist in dieser Angelegenheit kein Schlusswort gesprochen worden.

Lackmus-Test für Singapur

Lim erwähnte den Fall 1MDB nicht, ebenso wenig die Rolle seiner Heimat in dieser Affäre, in die mindestens ein halbes Dutzend Finanzinstitute involviert sind. Doch es besteht kein Zweifel, dass sich die komplexe Angelegenheit zusehends als Lackmus-Test für den Umgang Singapurs mit organisierter Finanzkriminalität entpuppt.

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