Droht den Schweizer Grossbanken allmählich eine Übernahme durch einen ausländischen Konzern? Der frühere UBS-Historiker Robert U. Vogler hat die Lage analysiert und kommt im Interview mit finews.ch zu überraschenden Einsichten.


Robert Vogler, in jüngster Zeit kamen wieder vermehrt Gerüchte auf, dass die Schweizer Grossbanken ein Ziel von ausländischen Konkurrenten sein könnten. Sind die UBS und Credit Suisse (CS) Übernahmekandidaten?

Als ich 2011 auf finews.ch schrieb, dass sie Übernahmekandidaten seien, war die UBS noch 66 Milliarden Franken wert, die CS 50 Milliarden Franken. Das einzige, was sich in den vergangenen Jahren verändert hat ist, dass die beiden Schweizer Grossbanken noch viel billiger geworden sind. Die UBS ist heute etwa 52 Milliarden Franken wert.

Also sind unsere Grossbanken zu Schnäppchen geworden?

Ob die zwei Grossbanken Übernahmekandidaten sind, ist eine schwierige Frage. Theoretisch ist dies sicher möglich, wie es aber in der Praxis aussähe, ist eine ganz andere Frage. Eine Übernahme würde zu grossen politischen Diskussionen führen.

Wer hätte denn ein Interesse, eine Schweizer Grossbank zu kaufen – und warum?

Ich kann mir sowohl chinesische als auch amerikanische Banken vorstellen.

«Wer möchte schon eine Bank kaufen, die dauernd in Rechtsstreitigkeiten verwickelt ist?»

Vor allem die Vermögensverwaltung (Wealth Management) ist attraktiv für ein Institut, das in diesem Geschäft bereits aktiv ist. Die Vermögensverwaltung ist ein relativ konstantes Geschäft und weniger volatil als das Investmentbanking oder das Kreditgeschäft und bleibt deshalb attraktiv.

Welche Gründe sprechen gegen einen Übernahmeversuch?

Bei der UBS gibt es Altlasten, denken wir nur mal an Frankreich. Wer möchte schon eine Bank kaufen, die dauernd in Rechtsstreitigkeiten verwickelt ist und dauernd von der Justiz gepiesackt wird? Man würde eine solche Bank wohl eher kaufen wollen, wenn diese Probleme beigelegt wären – aber offensichtlich sind sie es nie. Es kommen immer neue Fälle zum Vorschein.

Wenn wir davon ausgehen, dass eine chinesische oder US-Bank die UBS oder CS übernehmen wollte. Wie würde die offizielle Schweiz darauf reagieren?

Es gäbe einen riesigen Aufschrei in der Öffentlichkeit und die offizielle Schweiz würde erst ziemlich konsterniert reagieren. Ich kann mir schlicht nicht vorstellen, dass man die Übernahme von einer oder gar beider Schweizer Grossbanken durch ein ausländisches Unternehmen akzeptieren würde.

«Ich wüsste nicht, wie eine Nationalbank oder eine Finma eine Übernahme verhindern könnten»

Der innenpolitische Druck wäre so gross, dass der Bundesrat handeln müsste. Eine Übernahme hätte ja die Konsequenz, dass auch das Management der Banken ins Ausland abwandern würde, wenn die Bank integriert würde. Im Übrigen ist das Aktionariat der beiden Banken schon seit Jahrzehnten nicht mehr mehrheitlich schweizerisch.

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
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