Den europäischen Retailbanken droht Ungemach: Gemäss neuer A.T. Kearney-Studie sind die gut verdienenden Schweizer Banken nicht am besten gerüstet.

Auch in der Schweizer Finanzbranche wird das Wehklagen lauter. Doch – so zeigt die neuste Ausgabe des «Retail Banking Radar» von A.T. Kearney – in der Schweiz arbeiten die Geschäftsbanken durchwegs ertragsreicher und zugleich profitabler als anderswo, obwohl sie euroweit die höchsten Lohnkosten ausweisen.

Ertrag pro Kunde:

  • Schweiz: 1'188 Euro
  • Italien: 948 Euro
  • Benelux: 725 Euro
  • Frankreich: 681 Euro
  • Skandinavien: 621 Euro
  • Österreich: 588 Euro
  • Spanien: 512 Euro
  • Deutschland: 420 Euro
  • Grossbritannien: 359 Euro
  • Portugal: 325 Euro

Trotz hohem Kundenerlös sind die Schweizer Finanzhäuser aber kaum besser für die Zukunft gerüstet als die ausländischen – abgesehen von den Banken in den krisengeschüttelten Staaten Spanien und Portugal.

Schweizer Banken sind am teuerstsen

Gemäss dem Studienautoren Andreas Pratz profitieren die helvetischen Institute heute davon, dass die Sparguthaben der Schweizer und Schweizerinnen höher sind. Auch würden diese mehr als anderswo für ihre Kontodienstleistungen zahlen.

So erkennt Pratz denn auch in der hierzulande hohen Bankenkonzentration einen der «Haupttreiber für den höheren Kundenerlös in der Schweiz»: Die hier ansässigen Retailbanken hätten schlicht weniger Konkurrenz als im Ausland. In den grösseren Städten der Nachbarländer Frankreich oder Deutschland könnten auch Kleinsparer zwischen etwa zehn Filial- und mindestens fünf Direktbanken wählen.

Von der EZB-Hilfe profitierten auch die Retailbanken

Wie lange dem noch so bleibt, ist fraglich. Denn der ökonomische Druck nimmt in Abhängigkeit vom Konjunktureinbruch im europäischen Umland auch in der Schweiz zu.

Die Bankenstudie von A.T. Kearney zeigt zwar, dass sich die Erträge der Retailbanken seit der Krise 2009 zumindest teilweise wieder erholt haben.

«Den Banken ist es gelungen, die Verluste aus der geringeren Handelsaktivität und dem abnehmenden Verkauf hochprofitabler Anlageprodukte weitgehend durch andere Einnahmequellen zu kompensieren», heisst es dort.

Jetzt schrumpfen die Margen wieder

Jetzt schrumpfen die Margen aber auch hier: Gemäss den Branchenanalysten von A.T. Kearney sind die Umschichtungen von Depots auf Einlagekonti weitgehend abgeschlossen. Zugleich würden die Risiken auf dem Kreditmarkt wachsen.

Laut Pratz konnten die Banken ihre Zinserträge steigern. Auch das Retail-Segment habe von den günstigen Refinanzierungsmöglichkeiten profitiert, welche die Europäische Zentralbank (EZB) zur Krisenbekämpfung bereitstellt.

Zunehmende Konkurrenz

Doch nun müssen sich die Retailbanken auf einen zunehmenden Wettbewerb einrichten.

Der «Retail Banking Radar» zeigt, dass besonders die nordischen Banken in Sachen digitaler Tansformation und Kostenmanagement die Nase vorn haben.

So ist zum Beispiel schon vor einigen Jahren die Saxo Bank mit ihrem Online-Börsenhandel in die Schweiz vorgestossen.

Dazu kommt, dass die Versicherungen den Banken in der Schweiz zunehmend das Hypothekar- und Firmenkreditgeschäft streitig machen.



 

 

Sorge Nummer 1: abnehmende Risikovorsorge

Zu den Auswirkungen einer Zinswende gibt der «Retail Banking Radar» zwar keine Auskunft. Die Studienautoren gehen allerdings von wachsenden Risikoprovisionen aus.

In den letzten Jahren haben die Banken in Zentral- und Nordeuropa massiv davon profitiert, dass sie ihre Risikovorsorge seit 2009 deutlich reduzierten. Im Gegensatz zu Südeuropa, wo die Banken ihre Reserven im Zuge der Staatsschuldenkrise weiter erhöhen mussten.

Lösungsvorschlag: Kundenkartei ausmisten

Als Gegenmittel empfiehlt A.T. Kearney mehr Automatisierung und Standardisierung, eine Vereinfachung der Produkte, gerade hinsichtlich der immer aufwändigeren Bewilligungspraxis.

Anstatt ihre Kundenbasis zu erweitern, sollten sich die Finanzinstitute auf ihre profitabelsten Kunden konzentieren. Kosten senken auf allen Ebenen und in allen Bereiche, von der Beschaffung bis zur Steigerung der Leistung pro Mitarbeiter, sei es via Schulung oder Personaleinsparungen.

Gesucht: «Wirklich neue Wege im Kundenangebot»

Und vor allem sollten die Banken die schweren Zeiten nutzen, um ihr Geschäftsmodell fundamental umzustellen: von versteckten Gebühren auf tarifierte Dienstleistungen. 

Denn der Markt verlange immer mehr Transparenz bei der Zusammensetzung der Produktepreise. Mit anderen Worten: Retrozessionen sind heute verpöhnt.  

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