David Zollinger von der Bank Wegelin skizziert, mit welch aggressiven Methoden die USA Steuergelder auftreiben.

Von David Zollinger, Mitglied der Geschäftsleitung, Wegelin & Co. Privatbankiers

Wer als Bank amerikanische Wertschriften in den Portfolios seiner Kunden hält, der wird für diese einen deutlich höheren Aufwand betreiben müssen, um künftig allen Anforderungen des US-Steuerrechts gerecht zu werden.

Das zeigt sich besonders gut an der «US Estate Tax», der Steuer auf Nachlass oder das Erbe. Vor diesem Hintergrund zeigt sich: Sterben kann teuer sein – nicht nur für den Sterbenden, sondern auch für die Überlebenden.

Konsequente Durchsetzung

Um es gleich vorweg klarzustellen: Die «Estate Tax» ist nicht eine neue Erfindung, sondern existiert in den USA schon seit Jahrzehnten. Und auch die Konsequenzen daraus sind eigentlich schon lange dieselben. Neu ist dagegen die Erwartung, dass in Zukunft auch durchgesetzt wird, was bislang eher ungelebter Gesetzesbuchstabe war.

Worum geht es? Wer im Sinne des US-Steuerrechts Erblasser wird, dessen Erbe wird nach bestimmten Kriterien besteuert. Dagegen können sich weder der Erblasser (der dafür ohnehin zu tot ist) noch die Erben wehren - im Gegensatz zur «Erbensteuer», wo der Erbe immerhin das Erbe ausschlagen kann, somit nicht Erbe wird und folglich auch nichts zu bezahlen hat.

Nicht ganz unlogisch

Was nicht unbedingt allen Anlegern und auch ihren Depotbanken so richtig bewusst ist: Besteuert werden nicht nur die Erbvorgänge von Personen mit US-Pass oder letztem Wohnsitz in den USA, sondern auch Anteile irgendeiner Erbmasse, sofern sie Vermögen in den USA darstellen (sog. «US situs assets»).

Darunter fallen Liegenschaften in den USA, bewegliches in den USA liegendes Vermögen, aber auch – etwas unerwartet– Wertschriften, sofern sie Anteile an in den USA inkorporierten Gesellschaften darstellen oder von solchen ausgegeben wurden (Bonds). Stellt man sich vor, dass Wertschriften verbriefte Anteile am Vermögen von in den USA domizilierten Gesellschaften und Bonds im Grunde Forderungstitel gegenüber Vermögen von in den USA domizilierten Schuldnern darstellen, so ist diese Besteuerung zumindest aus US-Sicht nicht ganz unlogisch.

Das US-Steueramt rechnet es selber aus

Das bedeutet für den Anleger: Unabhängig davon, ob er selbst US-Bürger ist oder Wohnsitz in den USA hat, wird bei seinem Ableben das in den USA befindliche Vermögen (die erwähnten «US situs assets») vom US-Steueramt besteuert. Natürlich gibt es je nach Nationalität, Wohnsitz und allfälligen Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) zwischen den USA und dem Wohnsitzstaat des Erblassers (DBA) unterschiedliche Freibeträge und progressive Steuersätze.

Wie hoch diese im konkreten Fall sind, rechnet das US-Steueramt selbst aus. Damit es dies tun kann, muss es natürlich die Vermögenssituation des Erblassers kennen – je nach Ausgangslage werden die Freibeträge nur auf die «US situs assets» oder aber auf das weltweite Gesamtvermögen des Erblassers berechnet.

Unterschiedliche Freibeträge

Die Freibeträge reichen von 60'000 Dollar für nicht-US-Personen ohne DBA bis zu 3,5 Millionen Dollar für US-Personen; die Steuersätze von 18 Prozent bis 45 Prozent (ab 1,5 Millionen Dollar anrechenbarem Vermögen). Für die Erbmasse von Schweizer Anlegern beispielsweise gilt aufgrund des DBA mit den USA ein Freibetrag von maximal 3,5 Millionen Dollar, aber nur für den Anteil der «US situs assets» am Gesamterben.

Das bedeutet: Die Erbmasse eines Schweizer Anlegers, der 10 Prozent seines Vermögens in«US situs assets» investiert hat, weist einen Freibetrag von 350'000 Dollar auf (10 Porzent von 3,5 Millionen Dollar); der Rest wird je nach Höhe mit einem Satz von 18 bis 45 Prozent besteuert.

Haftung auch für Steuerschulden

Es besteht eine Pflicht des Willensvollstreckers («Executor»), innerhalb von neuen Monaten nach dem Tod des Erblassers die notwendigen Informationen an die US-Behörden zu übermitteln. Unterlässt er dies, so kann er je nach Fahrlässigkeit oder Vorsatz mit einer Busse von bis zu 5 Prozent des Volumens der Erbmasse belegt werden.

Was vielleicht noch schmerzhafter ist: Der «Executor»haftet darüber hinaus subsidiär für die Steuerschulden der Erbmasse. Und was viele Banken sich nicht bewusst sind: Dadurch, dass sie US-Titel für ihre Kunden halten, werden sie ersatzweise zum «Executor», da sie nach US-Steuerrecht «in actual or constructive possession» der «US situs assets» ihres Kunden sind. Versäumen sie die fristgerechte Meldung an das US-Steueramt, so können sie nicht nur gebüsst werden, sondern haften auch noch für die Steuerschulden des Kunden.

Lesen Sie weiter: «Warum soll dies denn nun plötzlich ein Problem sein?»

David Zollinger, geboren 1965, Studium der Sinologie, Japanologie und Jurisprudenz (Abschluss 1992); Wahl zum Staatsanwalt 1995, 2000-2007 Leiter des Bereich Internationale Rechtshilfe und Geldwäscherei; Wechsel zu Wegelin & Co. 2007; Dozent an der Hochschule für Wirtschaft in Luzern (Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität); Fachautor und Referent (Mitverfasser Kommentar zum Geldwäschereigesetz).

Die Bank Wegelin hat derzeit 10 offene Stellen ausgeschrieben.

 

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