Das Schweizer Bankwesen zeichnete sich einst durch klare Werte aus. Eine Rückbesinnung darauf würde für eine nachhaltige Positionierung sorgen, schreibt Graf Francis von Seilern-Aspang in einem Essay für finews.ch.


Dieser Beitrag ist Teil der Serie «Eine Zukunftsvision für die Vermögensbetreuung». Der nächste Beitrag unter dem Titel «Wie privat ist die Privatsphäre noch?» erscheint am 21. Januar 2016.


«Go West!», hallte es vor rund 200 Jahren durch ganz Europa. Ein Ruf, dem zahlreiche Auswanderungswillige nur zu gerne folgten. Zu verlockend war die Hoffnung auf Arbeit und ein besseres Leben.

Ein Leben in geordneten Verhältnissen, Wohlstand und persönlicher Sicherheit. Die Gefahren, die mit der Reise einhergingen, waren nichts im Vergleich zum gelobten Land das sich Amerika nannte.

Grosse Verlockungen

Amerika war damals der Inbegriff für Freiheit und uneingeschränkte Möglichkeiten. Heute heisst das gelobte Land vor allem Europa. Und der Ruf hallt in ähnlich starker Weise: «Kommt mit auf diesen grossartigen Kontinent, wo es den Menschen mehr als gut geht, wo es Arbeit gibt und unsere Kinder die Möglichkeit auf eine Zukunft haben. Europa bietet Sicherheit und Chancen für alle!»

Dass Millionen von Menschen, die aus ihren krisengeschüttelten und konfliktbehafteten Regionen weg wollen, solchen Verlockungen folgen, ist zutiefst menschlich. Denn in deren Augen sind viele Gebiete Europas schlichtweg das Paradies auf Erden.

Wohlfahrts-Staaten ächzen

Doch wie erleben wir das, die auf diesem grossartigen Wohlstandskontinent leben und arbeiten? Fühlen wir uns zufrieden, vom Glück gesegnet und sicher?

Die Realität offenbart eine andere Sichtweise: Wohlfahrts-Staaten ächzen unter der Last vergangener Entscheide, die sie weit über ihre Verhältnisse leben liessen. Staaten und politische Institutionen streben immer mehr danach, private Vermögen zu vereinnahmen. Immer mehr Auflagen und Vorschriften erschweren das für eine prosperierende Wirtschaft notwendige Unternehmertum. Und Wirtschafts- und Finanzsysteme müssen mit einer immer grösseren Verbissenheit kosteneffizient und gewinnmaximiert ausgerichtet sein.

Eine verlockende Illusion

Schliesslich sollte alles und jeder immer besser, schneller, ertragreicher und weniger aufwandintensiv werden. Über alledem steht der Faktor Geld. Ursprünglich als ein den Alltag vereinfachendes Zahlungs- und Wertaufbewahrungsmittel gedacht, ist Geld mittlerweile zum allumfassenden Leitwert erhoben worden; und zum Synonym für Glücklichsein.

Eine verlockende Illusion, bei der das Unglücklichsein bereits vorprogrammiert ist. Denn Glück ist reine Ansichtssache und hängt von einer jeweiligen, persönlichen Ausgangssituation ab.

Exzessive Strömungen

Werte aber beeinflussen das persönliche Glücksempfinden entscheidend. Wenn nun materielle Werte das Mass aller Dinge sind, dann ist die logische Konsequenz jene, dass quantitativen Zahlen und Fakten alles untergeordnet wird und das Menschliche in den Hintergrund gedrängt wird.

Dann darf es auch nicht verwundern, wenn immer wieder exzessive Strömungen entstehen, die in Krisen ausarten. Möchte man sich solchen Krisen in der Zukunft tatsächlich entziehen, dann kann das fast nur gelingen, wenn sich die Werthaltung auf allen Ebenen verändert.

Ein Blick in die Geschichte

Insbesondere die Finanzindustrie könnte mit einer Rückkehr zu traditionellen Werten gewinnen und den Beginn eines neuen Vertrauensverhältnisses einläuten. Denn nachhaltiger Erfolg beruht nicht auf kurzfristigen Zahlen oder kreativen Lösungen sondern auf einer klaren inneren Haltung, der einzigartige Werte zugrunde liegen.

Ein Blick in die Geschichte bestätigt, dass dies schon einmal gelungen war. Das Schweizer Bankierswesen, als ein Beispiel, zeichnete sich einst weltweit auf Grund der klaren Werte aus, für die es einstand: ein ausgeprägtes Verantwortungsbewusstsein, eine hohe Integrität und der Respekt gegenüber Vermögen. Heute könnte eine Rückbesinnung auf solche und ähnliche Werte die Grundlage für eine nachhaltige Positionierung im internationalen Wettbewerb sein.

Bedrohte Vermögen

Auf der Welt leben Menschen und Familien, die tagtäglich feststellen müssen, dass ihr Vermögen bedroht ist. Sie suchen nach Möglichkeiten, die Schutz und Sicherheit bieten, damit das oft über mehrere Generationen aufgebaute Vermögen nicht vernichtet wird.

Das Ziel der Wealth Preservation ist, in einer unsicheren Welt die Sicherheit für private Vermögen zu erhöhen, damit solche langfristig Bestand haben und zweckgerichtet eingesetzt werden können. Dieses Ziel setzt jedoch voraus, dass man sich mit Werten befasst; jene, denen das Vermögen gehört, und auch jene, die mit der Strukturierung, Verwaltung oder Veranlagung des Vermögens betraut werden.

Veränderte Sichtweise

Denn Werte sind wichtige Orientierungspfeiler für Entscheidungen und wirken dann stabilisierend und schützend, wenn sie für alle Beteiligten klar formuliert sind. Und sie verändern die Sichtweise auf Vermögen. Dann wird aus Reichtum plötzlich Verantwortung und aus einem «beneidenswerten» persönlichen Umstand ein Vorteil für die Gesellschaft.


Graf Francis von Seilern-Aspang ist geschäftsführender Verwaltungsrat von Industrie- und Finanzkontor sowie Mitglied des Verwaltungsrates von Gepolitical Information Service und Seilern Investment Management, London.

Der Industrie- und Finanzkontor, gegründet 1948, ist ein unabhängiges, liechtensteinisches Treuhandunternehmen mit internationaler Ausrichtung und beschäftigt rund 50 Mitarbeitende. Das Unternehmen ist spezialisiert auf den langfristigen und generationenübergreifenden Vermögenserhalt (Wealth Preservation), insbesondere von Familien und Unternehmern. Die Wurzeln liegen im Hause Liechtenstein.

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