Das Private Banking der anglo-chinesischen Bank Standard Chartered steckt in argen Turbulenzen. Das könnte vor allem der Credit Suisse zupass kommen.

Standard Chartered©Shutterstock

Der Gewinn der ganzen Standard-Chartered-Gruppe halbierte sich im ersten Semester 2015 beinahe und brachte das Institut in akute Gefahr, die Mindestanforderungen ans Eigenkapital zu verfehlen. Der im vergangenen Februar neu angetretene Chef Bill Winters hat deshalb schon eine Dividendenkürzung in Aussicht gestellt – und allenfalls gar eine Kapitalerhöhung.

In der Zwischenzeitz ist Winters, der auch schon als CEO für die UBS gehandelt wurde, mit Aufräumen beschäftigt. Dabei muss auch die Private-Banking-Division mehr denn je zittern. Denn: Ihr Gewinn wurde infolge hoher Rückstellungen beinahe absorbiert. Konkret: Gegenüber dem Vorjahr schwand er um 96 Prozent auf noch 3 Millionen Dollar.

Zunder für Spekulationen

Die Privatbank, die im vergangenen Februar sogar ihre langjährige Niederlassung in Genf aufgab, musste zudem einen leichten Ertragsschwund verschmerzen. Immerhin stiegen die verwalteten Vermögen (ohne die Abflüsse in Genf) auf mehr als 60 Milliarden Dollar.

Der jüngste Dämpfer rückt die Private-Banking-Division noch stärker ins Zentrum von Spekulationen. Diese Ranken sich insbesondere um das Asien-Geschäft der Sparte.

In der Region, wo die Bank seit 150 Jahren präsent ist und eine entsprechende Kundenbasis aufbaute, verwaltet sie den Löwenanteil ihrer Kundengelder: Nach Berechnungen des Branchen-Portals «Asian Private Banker» (Artikel bezahlpflichtig) waren es Ende 2014 rund 45 Milliarden Franken gewesen.

Kein Wunder, wird die im Tagesgeschäft geschwächte, aber mit einer attraktiven Kundenbasis ausgestattete Sparte nun als Übernahmeziel gehandelt. Derweil befindet sich eine potente Schweizer Adresse zuoberst auf der Liste der möglichen Interessenten – die Credit Suisse (CS).

Anlauf zum Quantensprung

Wie finews.ch früher schon berichtete, befindet sich die Grossbank in Asien auf Brautschau. Der neue CS-Konzernchef Tidjane Thiam ist mit dem expliziten Versprechen angetreten, das Private Banking in der asiatischen Boom-Region substanziell zu stärken. Im vergangenen Juni sagte der CS-Private-Banking-Chef für Asien, Francesco de Ferrari, zudem explizit, dass er auf einen «Quantensprung» hoffe.

Im Wortlaut: «Wir werden uns definitiv nach anorganischem Wachstum umschauen.» Ein Übernahmeziel müsste dabei mindestens 20 Milliarden Dollar an Assets mitbringen, ergänzte er damals.

Mit den geschätzten 45 Milliarden Dollar an Kundengeldern verspricht der asiatische Private-Banking-Arm von «StanChart» mehr als das Doppelte. Laut einem aktuellen Ranking könnte die CS mit einer solchen Übernahme endlich die 200-Milliarden-Dollar-Grenze bei den in Asien verwalteten Vermögen knacken – und damit ganz dicht hinter die Marktführer UBS und Citigroup aufrücken.

Gefundenes Fressen für die Unternehmerbank

Zudem zeichnet sich ab, dass die StanChart-Privatbank besser als viele andere Häuser in Asien zur Wachstumsstrategie der CS passen würde. Denn dank ihrem starken Firmenkundengeschäft konnte das anglo-chinesische Institut in der Vergangenheit zahlreiche asiatische Unternehmer an sich binden.

Und das ist genau jene Klientel, auf die es auch die CS im Rahmen ihrer Strategie der integrierten Bank abgesehen hat. Wie versprachen doch CEO Thiam und Präsident Urs Rohner in ihrem jüngsten Brief an die Aktionäre: «Wir wollen unseren Ruf als Unternehmerbank in Asien-Pazifik in den nächsten Jahren festigen.»

Zwei Fliegen auf einen Streich

Mit einem Verkauf der Private-Banking-Sparte in Asien könnte StanChart-Chef Bill Winters zwei Probleme auf einen Schlag lösen: Er wäre ein für die Bank teures Geschäft los, das langfristig kaum die kritische Grösse besitzt. Und gleichzeitig könnte er die gefährlich dünn gewordene Eigenkapitalbasis stärken. Man darf gespannt sein.

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