Vor einem Jahr kündigte CEO Tidjane Thiam eine neue Strategie für die Credit Suisse an. Wie weit ist er damit nach zwölf Monaten gekommen? Ein Realitätscheck in sechs Punkten.

«Unsere Strategie stellt profitables Wachstum ins Zentrum. Sie wird für unsere Kunden Wert schaffen, Kapital generieren und mittelfristig die Anspruchsgruppen des Unternehmens belohnen.» Mit diesen Worten schickte CEO Tidjane Thiam im vorletzten Oktober seine «Strategieanpassung» für die Credit Suisse (CS) auf den Weg.

Seither war von Wachstum und Werten eher weniger die Rede. Thiam musste im ersten Quartal 2016 einen Notfall-Abschreiber hinnehmen und seine Strategie zahlentechnisch revidieren. Dann rauschte der Aktienkurs in den Keller, und schliesslich meuterten seine Investmentbanker an der Wall Street.

Erst im Sommer entspannte sich die Situation etwas; mit dem am Donnerstag vermeldeten Ergebnis schreibt die CS nun das zweite Quartal in Folge wieder Gewinne.

Doch genügt das, um die für Ende 2018 formulierten strategischen Ambitionen rechtzeitig zu erfüllen? Ein Blick auf die wichtigsten Ziele legt nahe, dass sich die CS-Führung sputen muss.

1. Die Vermögensverwaltung forcieren

Ein führender Vermögensverwalter mit einem starken Investmentbanking – so sieht Thiam die Rolle der CS im weltweiten Banking. Auf den ersten Blick hat die Grossbank das Vetrauen reicher Kunden in aller Welt gewonnen. So verwies sie am Donnerstag stolz auf Netto-Neugelder von 30,9 Milliarden Franken, welche ihrer Vermögensverwaltung in den ersten neun Monaten des laufenden Jahres zugeflossen sind.

Vergleicht man jedoch die von der Gruppe effektiv verwalteten Vermögen mit dem Stand vom dritten Quartal 2015, ergibt sich ein anderes Bild. Die insgesamt vom Konzern verwalteten Vermögen gingen demnach um 2 Prozent auf 1'255 Milliarden Franken zurück.

Fazit: Zu einem führenden Vermögensverwalter mögen die bisherigen Fortschritte (noch) nicht passen.

2. Wachstum in Asien

Im Asien-Geschäft erntet Thiam Lob – die CS wächst dort schneller als die meisten anderen Vermögensverwalter und wird dem Anspruch der «Unternehmerbank» gerecht. Im dritten Quartal 2016 verwaltete die Divsion Asia Pacific mit 169 Milliarden Franken denn auch ein Fünftel mehr Vermögen als im Vorjahr und verteidigte damit ihren Platz hinter der Erzrivalin UBS und der amerikanischen Citigroup.

Dass gleichzeitig der Vorsteuergewinn von 162 auf 152 Millionen Franken zurückging, nimmt sich hingegen als Wermutstropfen aus.

Fazit: In Asien kann Thiam punkten. Vorläufig wird das Wachstum angesichts der erheblichen Investitionen – etwa in teures Personal – noch nicht voll in Gewinn umgemünzt. Gerade dem profitablen Wachstum hat sich der CS-CEO jedoch verschrieben.

3. Die Schweizer Bank zum Glänzen bringen

Am 21. November startet die Schweizer Universalbank (SUB) als neue Rechtseinheit. Die Vorarbeiten für den auf Herbst 2017 angesetzten Teilverkauf an der Börse kommen planmässig voran. Mindestens so wichtig erscheint es indes, das Geschäft bis dahin auf Hochglanz zu polieren. Ansonsten läuft der Konzern Gefahr, beim Börsengang weniger Geld zu lösen. Und dieses braucht die CS dringend zur Stärkung ihrer Bilanz.

Die von Thomas Gottstein geführte SUB glänzte im dritten Quartal 2016 nur beschränkt. Erfreulich sind die Fortschritte in der Profitabilität und auch dank harten Sparmassnahmen. Wie andere Schweizer Häuser hat Gottsteins Bank mit Negativzinsen und verschreckten Anlegern zu kämpfen. So hielt sie den Zinserfolg zwar stabil. Angesichts von Abflüssen belief sich das Nettoneugeld im Private Banking aber nur auf 200 Millionen Franken – gegenüber gut 3 Milliarden Franken im Vorjahresquartal.

Fazit: Die gesteigerte Profitabilität der SUB ist lobenswert. Doch Anleger müssen auch langfristige Wachstumschancen erkennen, wenn der geplante Börsengang ein Erfolg werden soll. Diese Chancen sind derzeit noch zu wenig greifbar.

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