Sollte Mark Branson gehen? Und übernimmt jemand von HSBC Mexiko die Leitung der Grossbankenaufsicht? Eine Glosse von Finanzprofessor Maurice Pedergnana.

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Von einem britischen Bankkollegen wurde ich am Wochenende gefragt, weshalb Finma-Geschäftsleitungsmitglied Mark Branson nicht zurücktreten müsse. Immerhin sei er langjähriger CEO der UBS Japan gewesen und zwar in einer Zeit, in der Zinsen manipuliert worden seien.

Die Bank bekenne sich schuldig und akzeptiere jede Strafe. Nun droht gar die Höchststrafe, das heisst der Lizenzentzug.

Wäre ein Rücktritt nicht stilvoller?

Mein erster Gedanke war, dass das eine unschweizerische Kultur sei, aber steht das hier wirklich im Vordergrund einer Behörde, die ihr strategisches Gewicht auf den Schutz der Reputation des Finanzplatzes legt? Zählt die Reputation der Finma selbst nicht auch dazu?

Ein zweiter Gedanke war, dass es stilvoll wäre, wenn einer zurücktreten würde, bevor der ganze, nicht selten mit unwürdigen und nahe an Persönlichkeitsverletzungen angrenzende Prozess von Aufsicht, Oberaufsicht und Medien losgetreten wird.

Wieder einmal «Teil der Lösung»?

Mögen Sie sich noch an Hans F. Vögeli (Zürcher Kantonalbank), Marcel Ospel (UBS – «Ich bin Teil der Lösung») und Philipp Hildebrand (Schweizerische Nationalbank) erinnern? Der passende Moment wurde auch deshalb von allen dreien verpasst, weil sie sich selbst dann noch an ihr Amt klammern wollten, als dem Gebaren nichts Positives mehr abzugewinnen war, statt die Reputation der Institution in den Vordergrund zu stellen.

Es gibt Menschen, die in einer grauenhaften Situation sich als Schutzschild vor unschuldige Kleinkinder gestellt und dafür mit dem Leben gebüsst haben. Und es gibt Menschen, die davor flüchten, Verantwortung zu tragen, die lieber austeilen als einstecken.

Reputation retten

Was sagt das über den Charakter von Mark Branson? Ob und wie die Finma ihre Reputation in der Grossbankenaufsicht mittels einem Grossbanker retten will oder nicht, ist mittlerweile eine ganz andere Frage.

Genau deshalb ist die Bankenunion, das heisst eine europäische Aufsicht über die grossen Banken unabhängig von den nationalen Regulatoren, die ihr Personal häufig aus den beaufsichtigten Unternehmen zu rekrutieren pflegen, die richtige Sache.

Warum nicht früher aktiv?

Das Old-Boys-Network wird damit zerschlagen. Wie es die Schweiz auch im BAZL machen musste, als man nicht mehr weiter tolerieren wollte, dass die Swissair von ehemaligen Swissair-Piloten beaufsichtigt wurde.

Wenn das heute in der Bankenaufsicht schon der Fall wäre, müsste man sich nicht länger fragen, weshalb die Grossbankenaufsicht nicht Jahre zuvor der Frage nachgegangen sei, dass der Libor manipuliert würde.

Zurückhaltung bei den Bussen

Immerhin sind die Gerüchte mehrere Jahre alt! Wäre das dem Grossbanken-unabhängigen Vorgänger von Mark Branson, Daniel Sigrist, auch passiert?

Schlimmer ist mittlerweile eine weitere Thematik. Bei der Angemessenheit der Bussen wird Zurückhaltung geübt. Die HSBC hätte für ihre Vergehen in der systematischen, jahrzehntelangen Geldwäscherei von Drogengeldern mit einer deutlich höheren Busse bestraft werden müssen.

Drogengelder gewaschen

Auf Druck von höchsten Stellen wurde die in Erwägung gezogene Busse massiv auf 1,9 Milliarden Dollar reduziert, um das mit globalen Systemrisiken verbundene Institut nicht zu gefährden.

Man hat akzeptiert, dass 15 Milliarden Dollar Bargeld aus dem mexikanischen Drogengeschäft gewaschen wurden, ohne die Bank dafür wirklich angemessen zu büssen.

Kommt nun jemand aus Mexiko?

Mit anderen Worten: Heute manche Grossbanken nicht nur «too big to fail», sondern auch noch «too big to be fined», zu gross, um richtig gebüsst zu werden. Und lassen sich durch ihre Freunde auch dann noch beaufsichtigen, wenn diese verurteilt worden sind.

Vielleicht übernimmt als nächstes jemand von der HSBC Mexiko die Leitung der Grossbankenaufsicht in der Finma – oder jene der Geldwäscherei?


Maurice_Pedergnana_qDer 47-jährige Maurice Pedergnana ist Professor an der Hochschule Luzern – Wirtschaft, Chefökonom der Zugerberg Finanz AG sowie Geschäftsführer der SECA Swiss Private Equity and Corporate Finance Association.

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