Die zCapital-Studie zur Corporate Governance sichtet viel Nachholbedarf. Potenzial ortet zCapital-Partner Gregor Greber vorab bei kleineren Finanzfirmen.

Greber_Gregor.kleinHerr Greber, zum vierten Mal publiziert zCapital eine Studie zur Entwicklung der Corporate Governance in der Schweiz. Darin haben Sie auch die kotierten Gesellschaften der Bank- und Versicherungsbranche analysiert. Welche Entwicklung stellen Sie in der Finanzbranche fest?

In unserem Rating haben wir aus dem Finanzsektor fünf SMI-Werte und 24 Nebenwertaktien beurteilt (siehe Tabelle unten). Bei den Blue Chips befinden sich alle Finanzwerte in der oberen Hälfte der Rangliste. Bei den Nebenwerten ist das Bild sehr unterschiedlich.

Divergiert die Entwicklung zwischen den Schweizer Bankinstituten und unseren Versicherungsgesellschaften?

Wir sehen keinen grossen Unterschied zwischen den beiden Sektoren. Etliche Finanzwerte mussten sich in den letzten Jahren auf verschiedene Arten im Kapitalmarkt refinanzieren. Dabei waren sie gezwungen, die Aktionärsinteressen vermehrt zu berücksichtigen, was zu einer besseren Corporate Governance geführt hat.


Sünder unter den Mittelgrossen 


Wo stehen unsere Institute im internationalen Vergleich?

Alle Schweizer Finanzgesellschaften unterstehen der Aufsicht der Finma. Diese hat in den letzten Jahren aufgrund von Missständen die Standards in verschiedenen Bereichen der Corporate Governance verschärft, beispielsweise die Auflagen betreffend Eigenkapital, die Anforderungen an die Unabhängigkeit des Verwaltungsrates sowie an die Vergütungspolitik. Wir beurteilen die Anforderungen der Finma als vorbildlich.

Wo orten Sie in den beiden Branchen am meisten Verbesserungspotenzial?

Besonders die mittelgrossen Finanzdienstleister haben noch nicht anerkannt, dass den Eigenkapitalgebern mehr Rechte zugeordnet werden sollten. EFG, Bank Sarasin, CFT, Bank Vontobel und Baloise haben grosses Verbesserungspotential und schneiden im zRating ungenügend ab.

Gibt es signifikante Unterschiede im Bereich Corporate Governance zwischen den Grossbanken, den Kantonalbanken und den Regionalbanken?

In unserer neuen Aufteilung in sogenannte Prinzipalpunkte (Principal = Auftraggeber/Aktionär, die Red.) und Agentpunkte (Agent = Auftragnehmer/Verwaltungsrat und Geschäftsleitung, die Red.) fällt auf, dass besonders die Grossbanken den Aktionären hohe Mitwirkungsrechte einräumen. Kantonalbanken und Regionalbanken fallen hingegen durch höhere Agentpunkte auf. Das bedeutet, die Ausgestaltung der Führungsgremien und die Entschädigungen schneiden besser ab. Bei den Privatbanken schwingt Julius Bär obenauf.


Wer Geld will, muss mehr tun 


Wie gross ist  das Verständnis in der Finanzindustrie für Corporate Governance? Wird das Thema mehr als notwendiges Übel betrachtet?

Das Verständnis für die Corporate Governance wurde verbessert. Die Finanzunternehmen hatten in den letzten Jahren einen hohen Kapitalbedarf, den sie an den Finanzmärkten decken konnten. Wollen die Finanzgesellschaften die Kapitalkosten optimieren, müssen sie die Corporate Governance stärken. Die Ergebnisse der vergangenen Say-On-Pay-Abstimmungen zeigen, dass die Aktionäre gegenüber hohen Entschädigungen kritischer geworden sind. Auch da sind die Gesellschaften etwas empfänglicher geworden.

Wie hat der Investor mit der Benotung von Corporate Governance – Sie bezeichnen das als zRating – umzugehen? Kann er mit einer besseren Performance rechnen, wenn das Rating hoch ist?

Das zRating zeigt den Stellenwert der Corporate Governance im Unternehmen auf. Wir rechnen damit, dass Gesellschaften mit hoher Corporate Governance langfristig eine bessere Performance aufweisen. Ein hohes zRating darf jedoch nicht als einziges Investmentkriterium herangezogen werden. Die herkömmlichen Beurteilungskriterien müssen ebenfalls beachtet werden.


Komplexes Thema transparenter machen


Sind Sie mit der Beachtung Ihrer Dienstleistung zufrieden? Löst sie ein konstruktives Gespräch mit den Unternehmen aus? Wie sind die Besucherzahlen auf Ihrer Website?

Ein konstruktiver Dialog mit den Unternehmen steht für uns im Zentrum unserer Corporate Governance-Aktivitäten. Wir sehen uns in der Rolle eines engagierten, langfristig orientierten Aktionärs  und wollen mit unserer Arbeit Transparenz in das komplexe Thema bringen. Die steigenden Besucherzahlen auf unserer Webseite www.generalversammlung.net zeigen einen grossen Bedarf an dieser Art von Information.


Teil der Risikoanalyse


Sie möchten die Corporate Governance vorwärts bringen. Ist da das Rating nicht ein umständlicher Ansatz? Müssten Sie stattdessen unter den Anlegern nicht die Trommel für die aktive, die direkte Anlage in Aktien rühren? Wer passiv anlegt, ETF kauft oder auf Strukis mit Körbchen setzt, ist doch am Thema kaum interessiert!

Wer nur die kurzfristige und möglichst kostenfreie Anlagegelegenheit sucht, muss aufgrund seiner Zielsetzung akzeptieren, dass er das Thema Corporate Governance bewusst ausschliesst. Das ist in unseren Augen nicht zeitgemäss und auch nicht im Interesse der Anleger. Bei Banken, Versicherungen, Vermögensverwaltern und auch bei einigen Vorsorgeeinrichtungen muss hier noch ein Umdenken stattfinden.

Wenn eine gute Corporate Governance sich in der Performance niederschlägt, sollte der Anleger – quasi antizyklisch - jetzt Titel von Unternehmen kaufen, die eine unterdurchschnittliche Corporate Governance aufweisen. Wie ist Ihr Anlageansatz?

Die Beurteilung der Corporate Governance sollte in den Anlageprozess eingeschlossen werden, darf jedoch nicht als alleiniges Investmentkriterium gesehen werden. Die Corporate Governance ist Teil unserer Risikoanalyse. Oftmals werden Corporate Governance-Verbesserungen erst getätigt, wenn eine Gesellschaft auf eine grössere Refinanzierung angewiesen ist.


zRating.def

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
  • Ja, es gab keine andere, wirtschaftlich sinnvolle Alternative.
    26.54%
  • Nein, man hätte die Credit Suisse abwickeln sollen.
    18.53%
  • Nein, der Bund hätte die Credit Suisse übernehmen sollen.
    28.2%
  • Man hätte auch ausländische Banken als Käufer zulassen sollen.
    9.1%
  • Man hätte eine Lösung mit Schweizer Investoren suchen sollen.
    17.62%
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