Galt das Private Banking einst als Paradedisziplin auf dem Schweizer Finanzplatz, ist es heute bestenfalls noch ein Schatten seiner selbst. In die Bresche springen die Kantonal- und Regionalbanken. Was machen sie plötzlich besser?

Vermögensabflüsse, spärliches Neugeld, wenig Wachstum und ausufernde Kosten: So präsentiert sich aktuell die Welt der Schweizer Privatbanken, wie auch die jüngste Studie der Wirtschaftsberatungsfirma KPMG und der Universität St. Gallen schonungslos illustriert.

Ein wichtiger Indikator für diese eingetrübte Welt ist das sogenannte Aufwand-Ertrags-Verhältnis – die sogenannte Cost-/Income-Ratio (CIR). Im vergangenen Jahr wiesen die Schweizer Privatbanken mit einem Median von 84,4 Prozent den höchsten und damit schlechtesten Stand seit sieben Jahren aus, wie der erwähnten Studie zu entnehmen ist. Mit anderen Worten: Jedem verdienten Franken standen Kosten von gut 84 Rappen gegenüber. Vor der Finanzkrise lag die CIR der Privatbanken bei ungefähr 60 Prozent.

Personalkosten nicht im Griff

Es sind zwei Faktoren, die zu dieser Situation geführt haben: Erstens hat sich die Ertragslage der meisten Privatbanken verschlechtert. Die Kunden investieren weniger, oder sie haben aufgrund der Einführung des Automatischen Informationsaustauschs ihr Geld repatriiert, und parallel dazu sinken die Margen und steigen die Kosten für die Einhaltung von Vorschriften und Bestimmungen.

Zweitens, haben es die Privatbanken versäumt, die Personalkosten in den Griff zu bekommen. Viele Kundenberater verdienen noch immer wie in besten Zeiten, generieren aber noch einen Bruchteil der Erträge von früher. Hier haben es viele Privatbanken versäumt, mit der Zeit zu gehen und die zwar unpopulären, aber unerlässlichen Sparmassnahmen durchzusetzen. Die Folge davon ist ernüchternd: Waren 2010 noch 163 Schweizer Privatbanken tätig, so sind es heute bloss noch 112, und dieser Trend dürfte sich noch akzentuieren.

Es geht auch anders

Dass es im Swiss Banking auch anders geht, beweisen die Regional- und Kantonalbanken: Deren Aufwand-Ertrags-Verhältnis belief sich Ende 2016 auf 57,6 Prozent (Kantonalbanken) respektive 65,9 Prozent (Regionalbanken), wie einer Erhebung der Zürcher Research-Firma IFBC zu entnehmen ist. Daraus lässt sich unschwer ableiten: Die sogenannten Retailbanken wirtschaften kostenbewusster – und sind dadurch erfolgreicher als viele Privatbanken.

Bestätigung erfährt dieser Trend auch durch die jüngsten Semesterergebnisse der Kantonalbanken, die per Mitte 2017 eine weitere Verbesserung ihrer CIR auf 53,1 Prozent ausweisen konnten, wie der Verband Schweizerischer Kantonalbanken (VSKB) am Montag mitteilte. Unter dem Strich resultierte daraus gar ein operatives Gewinnplus von 8 Prozent im ersten Halbjahr 2017.

Mehr Spielraum

Werden die Retailbanken damit zu den Herzschrittmachern im Swiss Banking? Fest steht: Regional- und Kantonalbanker verdienen deutlich weniger als Kundenberater bei Privatbanken. Damit ist sicherlich eine wichtige Voraussetzung gegeben, dass die Kosten nicht ins Uferlose abdriften. Doch es gibt noch einen weiteren Grund, dass nun die Stunde der Retailbanken schlägt.

Im Gegensatz zu den Privatbanken, deren wichtigste Ertragsbasis das aktuell schwache Kommissions- und Dienstleistungsgeschäft ist, bietet sich den Retailbanken im Zinsdifferenzgeschäft (Spargelder und Ausleihungen) ein wesentlich grösserer Spielraum, um im momentan anspruchsvollen Umfeld erfolgreich zu navigieren.

Wertvolles Mengengeschäft

So lässt sich mit grösseren Volumen der anhaltende Margendruck weitgehend ausgleichen. Auf der Passivseite haben insbesondere die Kantonalbanken mit dem Argument der Staatsgarantie einen Trumpf in der Hand, der viel Kundengeld anzuziehen vermag. Auf der Seite der Kundenausleihungen wiederum haben viele Institute die Volumen aufgrund der tiefen Zinsen deutlich ausgeweitet. Dieses «Mengengeschäft» geht den meisten Privatbanken ab.

Auf der Passivseite haben die Retailbanken zudem die Zinsen auf Null gedrückt. Selbst auf Sparkonti gibt es bei manchen Finanzinstituten kaum oder keinen Zins mehr. Und dennoch bleiben die Kunden ihrer Bank treu, weil zumeist eine langjährige Beziehung besteht.

Der Deal mit der SNB

Kommt hinzu: Die Kantonal- und Regionalbanken refinanzieren sich zu einem grossen Teil über die Pfandbriefzentralen. Diese schöpfen die günstigen Konditionen ebenfalls voll aus. So existieren mittlerweile Nullcoupon-Anleihen. Sprich: Die Anleger zahlen einen Preis über Pari – ein Gewinn für die Banken.

Und da Retailbanken in der Regel deutlich tiefere Kundenvermögen als die Privatbanken verwalten, nutzen sie die festgesetzte Freigrenze der Schweizerischen Nationalbank (SNB) beim Negativzins nicht voll aus. So können sie kurzfristige Gelder von institutionellen Grosskunden übernehmen. Dies kommt den Anlegern deutlich günstiger als die 0,75 Prozent, welche sie der SNB abliefern müssen.

Verkehrte Welt

Dass die Kantonal- und Regionalbanken schliesslich auch verstärkt und bisweilen mit recht gutem Erfolg ins Anlage- und Beratungsgeschäft (Private Banking) einsteigen, um ihre Erträge zu diversifizieren, setzt die Privatbanken weiter unter Druck. Dass umgekehrt die Privatbanken nun vermehrt auch für kleinere Kundenvermögen von knapp einer Million Franken offen sind, ist ein weiteres Indiz dafür, dass vielen Instituten das Wasser bis zum Hals steht.

 

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