Otto Reventlow: «Wir können die Bäume auch einfach wachsen lassen»
Bisher investiert hierzulande kaum ein institutioneller Anleger in Wald. Der CEO der dänischen International Woodland Company will dies ändern. Der Nischenmarkt weist eine tiefe Korrelation zu gängigen Anlageklassen und ein günstiges Risiko-Ertrags-Profil auf, doch sind einige Eigenheiten sind zu beachten.
Nein, Wald ist definitiv keine Asset Class, die häufig im Anlagespiegel von Schweizer Pensionskassen zu finden ist. Ein Grund dafür dürfte die Tatsache sein, dass die Waldflächen hierzulande zum grössten Teil öffentlichen Eigentümern (Gemeinden, Kantone, Korporationen) gehören. Der Rest im Privatbesitz ist oft sehr feinteilig parzelliert und wechselt häufig erst mit dem Erbgang die Hand.
Anders ist es in Dänemark. Dort haben Pensionskassen und Versicherungen bereits Ende der 1980er-Jahre begonnen, in Wälder zu investieren – zuerst im eigenen Land, dann aber aufgrund des naturgemäss doch eher engen Marktes eben auch international.
Seit Jahrzehnten im Forstgeschäft
Otto Reventlow, Gründer und CEO der International Woodland Company (mit dem nicht ganz einzigartigen Kürzel IWC), war und ist bis heute eine treibende Kraft hinter dieser Entwicklung. Er hat 1988 an der Universität Kopenhagen in Forstwirtschaft abgeschlossen und nahm dann für die Danish Forest Association, den Branchenverband der dänischen Forstindustrie, Waldbewertungen vor.
«Als damals der handelbare Wald in Dänemark knapp wurde und eine Versicherung investieren wollte, empfahlen wir ihr, dies in Irland zu tun; seinerzeit förderte die Europäische Gemeinschaft dort Aufforstungsprojekte», hält Reventlow im Gespräch mit finews.ch fest. Das war die Geburtsstunde von IWC, die institutionelle Anleger bei Forstanlagen berät und auch entsprechende Fonds, wie den BNP Paribas Future Forst Fund, anbietet.
(Bild: IWC)
2023 hat BNP Paribas Asset Management die Aktienmehrheit der Gesellschaft übernommen. Mit der Übernahme von Axa Investment Managers durch die BNP Paribas Gruppe per Juli 2025 dürfte die IWC ihren Bekanntheitsgrad hierzulande steigern können.
Seit Beginn wird Nachhaltigkeit grossgeschrieben. 1987 war der sogenannte Brundlandt-Bericht publiziert worden, der erstmals ein Leitbild für eine moderne nachhaltige Entwicklung skizzierte und auch den IWC-Gründer inspirierte.
Herr Reventlow, Sie sind in der Schweiz, u.a. auch deshalb, um das Vorsorge-Symposium zu besuchen. Haben Sie schon Schweizer Pensionskassen von der Anlageklasse Wald überzeugen können?
Viele sind interessiert und schauen sich den Markt genauer an, sind aber noch nicht soweit, dass sie eine Quote dafür haben. Das braucht Zeit, wird aber kommen. Wir sind in einer Nische tätig, entsprechend ist bei Investoren Aufklärungsarbeit nötig.
Was ist eigentlich Ihr schlagendstes Verkaufsargument: der Ertrag oder das Versprechen der Nachhaltigkeit?
Regelmässige Erträge sind für Pensionskassen zentral. Aber Nachhaltigkeit ist unseren Kunden ebenfalls wichtig. Es handelt sich um eine Langfristinvestion mit einer tiefen Korrelation zu anderen Anlageklassen. Sie bietet Schutz gegen unerwartete Inflation und weist ein zudem ein günstiges Risiko-Ertrags-Profil auf.
«Es handelt sich um eine Langfristinvestion mit einer tiefen Korrelation zu anderen Anlageklassen, die Schutz gegen unerwartete Inflation bietet und ein günstiges Risiko-Ertrags-Profil aufweist.»
Wie erwirtschaften Sie Erträge? Verkaufen Sie Holz?
Ja, die Hauptertragsquelle ist der Holzschlag, der wichtigste Kunde ist das Baugewerbe. Was nicht so genutzt werden kann, verkaufen wir als Papierholz oder als Pressholz. Das letzte, was wir tun wollen, ist Holz zu verbrennen, weil damit CO2 freigesetzt wird. Der Ertrag bewegt sich normalerweise zwischen 2,5 bis 3 Prozent pro Jahr. Dazu kommen Wertsteigerungen der Waldflächen. Diese lassen wir von dafür zertifizierten unabhängigen Dritten schätzen.
Wie stellen Sie bei der Bewirtschaftung die Nachhaltigkeit sicher?
Mit der Waldpflege und der Holzernte beauftragen wir lokale Unternehmen vor Ort. Wir sind seit Beginn vom Forest Stewardship Council (FSC) zertifiziert, dem strengsten Standard in unserem Bereich. Wir selber wie auch externe Experten prüfen laufend, auch mit Vor-Ort-Kontrollen, ob unsere Bewirtschafter die Richtlinien einhalten. Wir gehen zudem vertragliche Verpflichtungen ein, legen beispielsweise Biodiversitätskorridore an und richten Feuchtflächen ein. Das hat auch positive Auswirkungen auf die bewirtschafteten Flächen. Es verringert das Schadenspotenzial bei Bränden, Stürmen und Käferbefall und erhöht somit die Resilienz des Ökosystems – was mit Blick auf den Klimawandel noch wichtiger werden wird.
«Wir legen Biodiversitätskorridore an und richten Feuchtflächen ein – und erhöhen damit die Resilienz.»
Wie reagieren Sie bei der Bewirtschaftung auf den Klimawandel?
Das Klima ist neben der Bodenbeschaffenheit und der Art der Bewirtschaftung einer der wichtigsten Faktoren für das Wachstum der Bäume und damit auch für unsere Erträge. Deshalb analysieren wir die Auswirkungen des Klimawandels auf unsere Flächen genau und wählen bei Aufforstungen Baumarten, die besser damit zurechtkommen.
ESG-Anlagen sind aus verschiedenen Gründen nicht mehr so gefragt wie früher. Spüren Sie das auch?
Nein, der Trend ist intakt, auch wenn es auf und ab geht. Unsere Investoren sind uns treu geblieben, wir hatten bisher keine Abflüsse und können Korrekturen aushalten.
Die USA sind für Sie heute mit Abstand der wichtigste Markt, gefolgt von Australien und Neuseeland. Ist das nicht ein Klumpenrisiko?
Es stimmt, die USA sind für uns nicht nur mit Blick auf die Waldflächen zentral, sondern auch für den Absatz von Bauholz. Entsprechend ist unser Worst-Case-Szenario ein Kollaps des US-Immobilienmarkts, der dazu führt, dass die Neubautätigkeit zum Erliegen kommt. Das haben wir tatsächlich in der globalen Finanzkrise erlebt, als es Jahre gedauert hat, bis sich der Holzmarkt wieder erholte. Aber wir können auch solche extremen Perioden durchstehen: Wir lassen die Bäume einfach wachsen, statt sie zu fällen und die Stämme billig zu verkaufen. Zudem haben die Bewertungen viel weniger harsch korrigiert.
«Unser Worst-Case-Szenario ist ein Kollaps des US-Immobilienmarkts.»
Wäre es für die Diversifikation und auch die Nachhaltigkeit nicht besser, wenn Sie mehr Wald in Lateinamerika und Afrika hätten?
Die USA sind für Waldanlagen nun einmal der liquideste Markt. Und CO2 ist ein globales Problem. Auch bezüglich Biodiversität können wir in unseren Hauptmärkten viel bewirken. Das Problem bei Lateinamerika ist das grosse Währungsrisiko für Investoren, die in Dollar oder Euro rechnen.
Wald zählt zu den alternativen Anlagen – ist aber eigentlich doch eine uralte Vermögensklasse, oder?
Ja, die Geschichte reicht bis ins Mittelalter zurück. Es gibt etliche Familien, die seit vielen Generationen riesige Waldflächen halten. In unserem langfristigen Geschäft gibt es bloss eine Handvoll direkter Mitbewerber, man kennt sich gut. Der Markt ist entsprechend illiquid, daher sollte die Anlagequote nur im einstelligen Prozentbereich liegen und als Ersatz zu gängigen Infrastrukturanlagen betrachtet werden.