Viel besser sollte sich die Politik die Frage stellen, wie sie in 15 Jahren die nächste Bank rettet, findet finews.ch. Denn die Krise kommt bestimmt.

Bankchef Sergio Ermotti sagte es anlässlich des Quartalskonferenz der UBS sinngemäss: Er sei froh, wenn der Herbst und damit auch die Parlamentswahlen endlich vorbei seien. Noch sind es aber Monate bis dahin, und sie versprechen für den Grossbanker und seine Übernahmepläne für die Credit Suisse (CS) noch heiss zu werden.

So veröffentlichte die SVP am vergangenen Wochenende ein neues Strategiepapier, zu dessen Kernforderungen zählt, dass es nie mehr eine Bankenrettung mit Steuergeldern geben darf. Zu erreichen sei dies unter anderem durch eine «taugliche Umsetzung der Too-big-to-fail-Regelung», so die Partei.

Den entsprechenden Vorstoss hat die SVP bereits angekündigt – und mit einer Volksinitiative gedroht, sollte ihr Ansinnen im Parlament abgeschmettert werden. Die Rechtspartei reiht sich dabei ein in die zahlreichen Motionen, die anlässlich der Sondersession vom vergangenen April an den Bundesrat ergingen. Damals schon riefen Parlamentarier unterschiedlichster Couleur nach einer deutlichen Erhöhung der Kapitalpolster, um einen Bankenkollaps «ein für allemal» zu verhindern.

Alle 15 Jahre wieder

Angesichts der enormen Verpflichtungen, die der Bund bei der Rettung der zweitgrössten Schweizer Bank jüngst eingegangen ist, liegen solche Wünsche nahe. Doch mit Blick auf die jüngere Vergangenheit lässt sich dazu nur sagen: Schön wär’s. Es zeigt sich nämlich, dass der Staat im Abstand von jeweils rund 15 Jahren hiesigen Geldhäusern schon dreimal zuhilfe eilte, weil sich diese nicht mehr selber über Wasser halten konnten.

Bemerkenswert ist dabei, dass die Gefahr stets aus einer neuen Ecke gekommen ist. Es wiederholen sich also nur die Bankenkrisen – nicht aber deren Ursachen.

So waren mehrere Kantonalbanken in den 1980er-Jahren zu hohe Risiken am hiesigen Hypothekarmarkt eingegangen. Anfangs der 1990er-Jahren erfolgte die Quittung: Die Staatsinstitute wurden mit in den Strudel der damaligen Immobilienkrise gerissen. Die Kantone Solothurn und Appenzell-Ausserrhoden mussten in der Folge «ihre» Banken mit Verlusten von 360 respektive 250 Millionen Franken verkaufen. Den Kanton Bern kostete die Rettung «seiner» Berner Kantonalbank (BEKB) rund 2,6 Milliarden Franken, während der Kanton Waadt ebenfalls Hunderte Millionen Franken in die BCV einschoss, sich aber nach Jahren der Sanierung schadlos halten konnte.

Es hat sich gelohnt

Als Reaktion auf die Massnahmen wurden Immobilienfinanzierungen konservativer gehandhabt; es wurden landesweit gültige Standesregeln etwa für die Tragbarkeit und im Firmenkundengeschäft erarbeitet.

Die Rettung der UBS mit Steuergeldern wurde im Oktober 2008 dann aus einem ganz anderen Grund notwendig. Die Grossbank war im Zuge der von den USA ausgehenden Finanzkrise mit massiven Wertverlusten auf wenig liquiden Kreditderivaten konfrontiert. Der Bund schoss 6 Milliarden und die Schweizerische Nationalbank (SNB) 54 Milliarden Franken in die grösste Schweizer Bank ein, um deren Bilanz zu stützen. Auch dieser Einsatz sollte sich Jahre später lohnen, der Bunde etwa verdiente auf Darlehen an die UBS rund 1,2 Milliarden Franken.

Dennoch: damit sich diese Krise niemals wiederhole, wurde seither die «Too-big-to-fail»-Regulierung entwickelt, die im Krisenfall die Stabilisierung respektive Abwicklung einer Bankbilanz aus eigenen Mitteln oder Geldern des Marktes erlauben soll.

Kapitalisierung war nicht das Problem

Doch bereits im Vorfeld der CS-Rettung vom 19. März 2023 wussten Bund und Aufsichtsbehörden, dass sie diese Regeln bei der taumelnden Grossbank nicht nach dem Buchstaben zur Anwendung bringen konnte. Einerseits bestand die Gefahr eines internationalen Flächenbrands im Finanzsystem. Anderseits waren nicht grosse Verluste auf Bilanzpositionen das Problem der CS, sondern der Abfluss von Kundengeldern in Milliardenhöhe. Das Institut erlebte einen klassischen «Bank Run», und dagegen war es trotz einer Eigenkapital-Quote von mehr als 14 Prozent nicht gefeit.

Die CS brauchte stattdessen Liquiditätszusicherungen von mehr als 150 Milliarden Franken und die Übernahme durch die UBS, um den nächsten Geschäftstag zu überleben. Wenn nun also eine taugliche Umsetzung der Too-big-to-fail-Regulierung gefordert wird, dann reagieren Politikerinnen und Politiker mit einem Rezept, das als Antwort auf die Finanzkrise von 2008 gedacht war und sich bei der CS zuletzt als unwirksam erwiesen hat.

Weisse Flecken studieren

Besser würde sich der Schweizer Gesetzgeber deshalb überlegen, wo die nächste Bankenkrise herkommen könnte – und wie sich der Staat in die Lage versetzt, ein weiteres Mal rettend einzugreifen. Dabei müssten nicht unbedingt Steuergelder zum Einsatz gelangen. Ein flexibles Drehbuch und ausreichende Vorkehrungen könnten dies verhindern. Zu denken wäre etwa an einen Fonds im Stil der Einlagensicherung Esisuisse, in den alle Akteure am Bankenplatz einzahlen müssten.

Angesichts der Erfahrungswerte müsste eine Bankenrettung in der Schweiz weiterhin ein Ereignis sein, das sich versichern lässt. Dafür dürften die rund 230 Geldinstitut des Landes wohl auch lieber Geld ausgeben, als mit teurem Eigenkapital ihre Bilanzen auszuwattieren für ein Ereignis, das sich im Jahr 2008 das letzte Mal ereignete. Allenfalls liessen sich auch Investoren einspannen, um die Risiken zu übernehmen, so wie bei Katastrophen-Bonds.

Bleibt die Suche nach den Gefahrenquellen der Zukunft. Als Wegweiser für diese Arbeit könnte der jährliche «Risikomonitor» der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (Finma) dienen – oder ein Inventar der «weissen Flecken» auf der Landkarte der Bankenregulierung.

Wirksame Flexibilität

Zu denken ist etwa an illiquide Bilanzpositionen, deren Risiken die Grossbanken weiterhin nach ihren eigenen Formeln einschätzen dürfen. Oder an Stürme in den Sozialen Medien, die binnen Tagen zu Milliardenabflüssen führen, wie sich bei der CS zeigte. Oder an die Auswirkungen internationaler Klimavorschriften auf die Bewertung von Hypotheken, die mit Liegenschaften besichert sind, welche sich als «Dreckschleudern» erweisen.

Eines hat die CS-Rettung jüngst deutlich gezeigt: Zum Einsatz gelangt ist dort ein Mix von Verkauf, Staatsgarantie und Totalschaden (bei den Pflichtwandelanleihen der CS). Ob das ideal war, muss sich noch zeigen. Doch die Flexibilität zur Abweichung von starren Regeln, die den Mix überhaupt ermöglichte, hat sich als äusserst wirksam erwiesen.

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