Ob Shareholder-Aktivismus nachhaltig einen Wert schaffe, sei schwierig zu beurteilen, da es nur wenige Beispiele gebe, die mehrere Zyklen durchlaufen hätten, schreibt der Tessiner Rechtsanwalt und Investor Massimo Pedrazzini in einer Replik auf einen kürzlichen Artikel von finews.ch. Statt auf empirische Beweise vertraue er auf Tatsachen.  

Kürzlich hat finews.ch einen interessanten Artikel über die wachsende Bedeutung von Aktionärs-Aktivismus in der Schweiz publiziert. Darin hiess es, dass «die Anlagerendite von Aktivisten nicht einfach zu beurteilen» sei, und dass «Skeptiker immer wieder darauf hinweisen, dass aktivistische Investitionen die Märkte nicht schlagen können». Darauf meine Replik.

In den vergangenen 20 Jahren haben wir sowohl in den USA als auch in Europa mehrere Wellen von aktivistischen Investoren erlebt. Die meisten von ihnen waren an öffentlichen Kampagnen beteiligt und standen daher im Mittelpunkt ernsthafter Debatten darüber, ob sie zur Verbesserung von Unternehmen beitragen oder bloss negative Auswirkungen auslösen. Darüber hinaus haben viele Investoren und Akademiker versucht zu verstehen, ob aktivistische Strategien einen nachhaltigen Wert schaffen.

An der Sache vorbei

Meiner Ansicht nach gehen diese immer wiederkehrenden Diskussionen an der Sache vorbei: Aktionäre können auf so viele verschiedene Arten aktiv sein, dass die Ergebnisse ihrer Strategien nicht auf einen gemeinsamen Nenner gebracht werden können. Ein aktivistischer Investor, dessen Strategie auf öffentlichen Kampagnen beruht, hat nichts mit jenen Investoren gemein, die einen Ansatz «hinter den Kulissen» wählen. Und da letztere oft schweigen, ignorieren Investoren, Wissenschaftler und die Medien die Existenz solcher aktivistischen Investoren.

Ein Investor, der einen kurzfristigen finanziellen Gewinn anstrebt, kann nicht mit einem Investor verglichen werden, der einer industriellen Logik folgt. Die Auswirkungen des ersteren können langfristig nachteilig sein, aber eine schnelle Rendite bringen, während die Auswirkungen des letzteren mehr Zeit benötigen, um einen grösseren Wert zu schaffen.

Unterschiedliche Investoren

Ein Investor, der sehr kleine Positionen einnimmt und «das Wasser aufwühlt», kann nicht mit einem Investor verglichen werden, der erhebliche finanzielle Mittel einsetzt und einen langfristigen, konstruktiven Ansatz verfolgt. Darüber hinaus muss eine aktivistische Strategie auf die Merkmale jedes einzelnen Unternehmens zugeschnitten sein; kleine, mittlere oder grosse Unternehmen erfordern jeweils einen anderen Ansatz.

Die Aktionärsstruktur wirkt sich ebenfalls auf die Festlegung der Strategie aus, da Unternehmen ohne einen dominierenden Aktionär anders funktionieren. Nicht zuletzt spielen auch das Land der Geschäftstätigkeit und der Börsennotierung eine Rolle, da jeder Markt seine eigenen Gesetze und Regeln, aber auch «weiche Faktoren» hat, die sich unweigerlich auf die Strategie, die Dauer dieser Strategie und die erwartete Rendite auswirken.

Kleines Vergleichsuniversum

Ich glaube, dass man nur dann beurteilen kann, ob eine bestimmte aktivistische Strategie Wert schafft, wenn man einen bestimmten Fonds, der seine Strategie in einem bestimmten Markt konsequent angewandt hat, über einen langen Zeitraum hinweg verfolgt und sieht, was sie gebracht hat. Leider gibt es nicht so viele aktivistische Fonds, die eine Erfolgsbilanz von mehr als 20 Jahren haben und mehrere Zyklen durchlaufen haben. Daher ist das Vergleichsuniversum zu klein, um eine allgemeine Schlussfolgerung zu ziehen.

Ich kann nur für den Sterling Active Fund sprechen, der in den vergangenen 23 Jahren mit einem langfristigen, konstruktiven, industriellen, aktivistischen Ansatz und ohne Hebelwirkung in europäische Unternehmen mit geringer bis mittlerer Marktkapitalisierung investiert hat. Die Ergebnisse sind eindeutig: Unsere Strategie hat einen beträchtlichen Wertzuwachs und eine bessere Performance als vergleichbare Indizes erzielt. Dies ist zwar kein empirischer Beweis, aber eine Tatsache.


Massimo Pedrazzini ist Präsident der in Lugano ansässigen Fidinam Gruppe, der ST Group Holding, der ST Real Estate Holding und des Sterling Active Fund. Er begann seine berufliche Laufbahn 1985 bei der in Lugano domizilierten Anwaltskanzlei Tettamanti Spiess & Associati (später umbenannt in Brunoni Pedrazzini Molino Mottis), wo er 1993 bis 2005 Partner wurde und sich auf Vertragsrecht, M&A, Gesellschaftsrecht, internationales Steuerrecht und Finanzrecht konzentrierte. Während dieser Zeit beriet er Industrie- und Finanzunternehmen bei grenzüberschreitenden Joint-Ventures und M&A-Transaktionen in Europa, Asien und Amerika. Er hat einen Abschluss in Rechtswissenschaften von der Universität Genf. Er ist schweizerisch-italienischer Staatsbürger.

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