Businesstrips glichen früher häufig einer Schinderei für Körper und Geist, geprägt von Sitzungsmarathons, Fast Food und Alkoholgelagen. Die neue Generation der Manager tickt anders.

Robert Wildi, freier Autor

Kneifen gab es früher nicht. Echte Geschäftsleute mussten noch um die Jahrtausendwende «harte Kerle» sein. Unterschriebene Kontrakte wurden schon über Mittag mit einer schönen Flasche Wein begossen, oder auch zwei.

In der Smokers Lounge am Flughafen machte man es sich mit Whisky gemütlich, umgeben vom dichten Qualm brennender Zigarren. Und zwischen den Meetings gab es einen fetten Burger aus dem Fast-Food-Lokal um die Hotelecke, mit einer Cola als Wachmacher, um ja keine Zeit zu verlieren.

Abends ging es dann richtig los. So wurden Geschäfte auf Reisen früher gemacht. Es zählte nur das «Was» und nicht das «Wie». Wer bei allzu heftiger Schinderei der eigenen Gesundheit den Mahnfinger hob, geriet schnell einmal als Weichei in Verruf, dem rasanten Rhythmus eines dicht befrachteten Businesstrips nicht gewachsen zu sein.

Schutz der eigenen Gesundheit

Die Zeiten haben sich geändert. Der Rhythmus ist rasant geblieben, nur können ihn Geschäftsreisende der neuen Generation noch viel länger mitgehen. Denn sie sind im Vergleich zu ihren Vorgängern fitter geworden, integrieren den Schutz der eigenen Gesundheit gekonnter in ihren unternehmerischen Ehrgeiz und sind dadurch im Stande, noch mehr zu leisten.

Diese Erkenntnisse gehen aus einer aktuellen Studie des weltweiten Geschäftsreiseanbieters CWT hervor, die im Sommer dieses Jahres erschienen ist. Befragt wurden über 2700 Geschäftsreisende aus aller Welt.

Suchkriterium Fitnessraum

Von allen Interviewten gaben 38 Prozent an, dass sie ihre Ernährungsgewohnheiten auf Geschäftsreisen in den vergangenen Jahren bewusst verändert hätten und explizit auf Gesundheit achten würden. Für 26 Prozent der Befragten sind Sport- und Trainingsmöglichkeiten während der Geschäftsreise wichtig. Oft wird nach dem Suchkriterium Fitnessraum auch das Hotel ausgewählt. Nur gerade sieben Prozent räumen ein, dass sie ihre Gesundheitsprogramme auf Geschäftsreise nicht einhalten würden.

Grand Hotel 527

Eine spannende Erkenntnis der Studie ist, dass der Anteil der besonders stark auf gesunde Ernährung und sportliche Aktivität achtenden Geschäftsreisenden im asiatisch-pazifischen Raum am grössten ist. Dahinter folgen die Nordamerikaner und erst zu Schluss die Europäer, wo der Gesundheits- und Fitnesstrend offensichtlich noch weniger stark entwickelt ist.

Während die Geschäftsreisenden im Asien-Pazifik-Raum bei der Ernährung (46 Prozent der Befragten) sowie Sport (33 Prozent) ihr Gesundheitsbewusstsein am stärksten verbessert haben, sind die Europäer mit Quoten von 29 Prozent (Ernährung) sowie 21 Prozent (Sport) noch zurückhaltender.

Yoga-Videos und Meditations-Podcasts

Wie reagieren die Dienstleister im Geschäftsreisemarkt auf solche Entwicklungen? Wenig überraschend gelten die asiatischen Airlines als Trendsetter im Gesundheitsbewusstsein um ihre Passagiere. Bei Cathay Pacific werden die Themen Ernährung und Entspannung in der Luft kombiniert. Neben einer ausgewogenen Bordküche mit diversen vegetarischen und auch veganen Variationen werden in der Kabine auf allen Flügen auch Yoga-Videos oder Meditations-Podcasts ausgestrahlt.

Weniger Fleisch in der Luft

Das wachsende Gesundheitsbewusstsein haben auch andere ab Zürich operierende Fluggesellschaften wie Singapore Airlines und Swiss zur Kenntnis genommen. Bei Singapore ist die Küche leichter geworden und integriert noch mehr saisonale Frischeprodukte. Der Fleischkonsum an Bord habe in den vergangenen Jahren abgenommen, sagt Jessica Fabrizi, Sprecherin für den Schweizer Markt.

Hiltl 527

Das gleiche beobachtet man bei der Swiss. «Den Trend zu vegetarischen und veganen Menus haben wir schon vor Jahren aufgegriffen», so die Sprecherin Sonja Ptassek. Die Swiss arbeitet seit gut zehn Jahren mit dem vegetarischen Restaurant Hiltl zusammen, das die fleischlosen Menüs in allen Reiseklassen kreiert.

Mehr Bewegung am Boden

Dass Geschäftsreisende ihre gastronomischen Bedürfnisse auch am Boden angepasst haben, spüren Geschäftshotels ganz intensiv. Etwa das Radisson Blu Hotel Airport, das in den Zürcher Flughafen integriert ist und fast ausschliesslich vom Geschäftstourismus lebt. «Wir stellen zum Beispiel fest, dass Alkohol zum Mittagessen, im Gegensatz zu früher, heute kein Thema mehr ist», sagt Direktor Daniel Twerenbold.

Es werde fast ausschliesslich Wasser bestellt. Bei der Auswahl der Speisen achten die Business Traveller im Blu Radisson immer öfter auf Merkmale wie «Pflanzen basiert» oder «Low Carb». Ein absoluter Hit sei auch die Salatbar. Diesen Bedürfnissen gerecht zu werden, aber trotzdem jederzeit ein deftiges «Zürcher Geschnetzeltes mit Rösti» im Köcher zu haben, sei die künftige Herausforderung für immer mehr Hotelküchen.

Power-Smoothie statt Caffé Latte

Dieser muss sich auch das Grand Hotel du Lac in Vevey stellen, eine beliebte Adresse für anspruchsvolle Geschäftsreisende aus der ganzen Welt. «Unsere Gäste haben oft Marathontage mit etlichen Meetings und suchen bei uns eine ausgewogene und energiereiche Nahrung», so die Hoteldirektorin Nina Molling-Califano. Die Hotelküche hat sich diesem wachsenden Bedürfnis angepasst und bietet beim Frühstücksbuffet vermehrt fettarme Milchprodukte, Vollkorngetreide oder Sojaprodukte statt Gipfeli und süsse Säfte.

Power-Smoothie statt gezuckerten Caffé Latte verlangt das Publikum in der Tendenz auch in den Kaffeepausen. Stark zugenommen hat laut der Hoteldirektorin schliesslich das Bedürfnis der Geschäftsreisenden nach Bewegung. «Unser Fitnessraum geniesst eine Auslastung wie selten zuvor.» (TC)