Private Banking: Glanzleistungen und Fragezeichen
Kürzlich versammelten sich rund 150 Führungskräfte aus dem Schweizer und Liechtensteiner Private Banking und Wealth Management in Zürich. Schauplatz war das Zunfthaus zur Meisen, wo der jährliche Gipfel von Fin21 stattfand, der Forschungsinitiative von Professor Christian «Chris» Künzle. Dies in Zusammenarbeit mit finews.ch. (Impressionen des Anlasses gibt es hier.)
Die für die Preisverleihung massgebliche Studie bezog erstmals das Fürstentum Liechtenstein ein und trennte neu zwischen Instituten mit mehr als 20 Milliarden Franken Kundengeldern und jenen darunter. In der daraus resultierenden Gesamtbewertung schwang die Schweizer Instanz von Goldman Sachs obenaus, wie finews.ch direkt berichtete.
Die Gewinner…
In den Einzelkategorien setzten sich unter den grösseren Banken durch:
- Stärkstes Wachstum: Goldman Sachs
- Beste Kapitalisierung: Scobag
- Grösste Profitabilität: Mirabaud
- Höchste Effizienz: Scobag
und unter den kleineren Instituten (unter 20 Milliarden Franken AuM):
- Stärkstes Wachstum: Credinvest Bank
- Grösste Profitabilität: MBaer
- Höchste Effizienz: BZ Bank
- Beste Kapitalisierung: BG Private Bank
Goldman Sachs lässt globale Muskeln spielen
Die Zusammensetzung der Gewinnerriege zeigte, wie unterschiedlich Erfolg im Private Banking aussehen kann. Der seit kurzem amtierende Schweiz-Chef von Goldman Sachs, Pascal Meinherz, erinnerte daran, dass Kunden hierzulande Zugang zur gesamten globalen Plattform des Hauses erhalten, und dass von den 1,8 Billionen Franken an Kundengeldern ein sehr ansehnlicher Teil in Private Markets investiert ist.
Der Zürcher Niederlassungsleiter von Mirabaud, Michael Hoesli, hob derweil die disziplinierte Ausrichtung des Genfer Hauses auf die Profitabilität hervor. Mirabaud habe in seiner 206-jährigen Geschichte noch nie einen Verlust ausgewiesen.
Ausnahmeerscheinungen unterschiedlicher Art
Eine besondere Stellung nimmt auch Scobag ein: Die Basler Privatbank erzielte mit 749 Millionen Franken Kunden-Assets pro Vollzeitstelle den höchsten Wert der gesamten Stichprobe von 69 Banken. Vertreter Felix Lopez blieb bei der Erklärung der Erfolgsfaktoren jedoch auffallend zurückhaltend. Klar ist indes, dass langjährige Mandate aus dem Kreise der Roche-Erbenfamilien Oeri und Hoffmann ihren Anteil dazu beitragen.
Mit starker Profitabilität punktete die MBaer Merchant Bank. Allerdings ist sie mittlerweile mit aufsichtsrechtlichen Fragen konfrontiert, die in den für die Studie relevanten 2024er-Zahlen ihren Niederschlag noch nicht ganz gefunden hatten.
Chris Künzle: «1,5 Prozent NNM ist wirklich eine Stagnation»
Mehrere der prämierten Spitzenleistungen erweisen sich als als Einzelphänomene, nicht als Nachahmungsmodelle für grosse Teile der Branche.
In seiner Einführung wies Chris Künzle darauf hin, dass die Netto-Neugeldquote im Verhältnis zu den Assets under Management im Median tiefer ausfalle als im Vorjahr: «Ein Wert von lediglich 1,5 percent ist wahrlich eine Stagnation».
Personalaufwand: 271’000 Franken pro FTE
Gleichzeitig bleibe die Kostenbasis beharrlich hoch: Die Branche betreibe im Kern ein Landschaftspflege, «und doch bezahlen wir uns 271'000 Franken dafür», sagte er mit Blick auf den Median des Personalaufwands der untersuchten Banken (nach 260’000 Franken im Vorjahr).
Auch die nachfolgende Diskussion spiegelte diese Spannung: starke Leistungen in einzelnen Segmenten, aber kaum Anzeichen für eine breit abgestützte Dynamik.
Auf der Suche nach einem neuen strategischen Halt
Das Panel, moderiert von finews.ch-Gründer Claude Baumann, brachte Roger Furrer (ERI Bancaire), Patrik Spiller (Deloitte), Jacopo Zamboni (Henley & Partners), Manuel Fuchs (Invesco), Grégoire Tribolet (Schellenberg Wittmer) und Thomas Bossard (Stellar Executive Search) zusammen.
Ein grosser Teil der Diskussion drehte sich um die Frage, ob Technologie – insbesondere KI – dem Schweizer Private Banking einen neuen strategischen Anker geben kann. Mehrere Panelisten betonten, dass die Zukunft in einem hybriden Modell liege, in dem digitale Werkzeuge die Kundenberater ergänzen, aber nicht ersetzen.
Digitale und menschliche Exzellenz
So argumentierte Roger Furrer, dass eine sehr gute Mobile- und E-Banking App von den Kunden der Generation Z vorausgesetzt werde. «Wenn Sie das nicht haben, verlieren Sie diese Kunden». Patrik Spiller verwies auf den anstehenden Generationenwechsel und warnte: «Bis zu 70 Prozent der Erben wechseln die Bankbeziehung». Die Zukunft liege klar «in einem hybriden Modell aus digitaler Exzellenz und menschlicher Exzellenz in der Kundenbeziehung».
Er fügte an, dass Aufgaben, die früher eine Stunde Vorbereitung für ein Kundengespräch erfordert hätten, zunehmend im Hintergrund durch KI erledigt werden könnten.
Headhunter Thomas Bossard verortete sich klar im «Team Human Capital» und stellte gleichzeitig fest, dass «Innovation heute aus Partnerschaften und Ökosystem heraus entsteht, was natürlich neue Stellenprofile bedingt». Manche Kundenberater hätten bis zu 70 Prozent ihrer Zeit in wenig ertragsrelevanten Tätigkeiten gebunden – Potenzial, das KI freisetzen könne.
Ein warnender Unterton
Invesco-Manager Manuel Fuchs erinnerte daran, dass gerade in der Vermögensverwaltung – und besonders in der Schweiz – menschliche Beziehungen zentral bleiben.
Und Jacopo Zamboni von Henley & Partners sagte, Erstkontaktkunden hätten zunehmend Vorbehalte gegenüber robotergestützter Beratung. Er warnte zudem, dass Compliance-Dienstleister mit KI-Einsatz bislang eher langsamer geworden seien.
Sind digitale Vermögenswerte ein Ausweg?
Digitale Vermögenswerte und Kryptowährungen wurden nur kurz gestreift. Zwar seien sie im Schweizer Private Banking mittlerweile etabliert, doch der frühe Vorsprung der Schweiz sei nicht mehr selbstverständlich. Länder wie Portugal hätten in manchen Bereichen schneller agiert.
«Es ist sehr gut, dass der Bundesrat nun ein Projekt vorantreibt mit neuen Lizenzklassen für Krypto-Institutionen», sagte Anwalt Grégoire Tribolet. Auch blieben «Datensicherheit und -vertraulichkeit aus der Kundenperspektive offensichtlich sehr wichtig».
Gegen Ende stellte Claude Baumann die Frage, die die Branche seit dem Ende des steuerlichen Bankgeheimnisses begleitet: Hat die Schweiz seither ein überzeugendes neues Erfolgsrezept für ihren Finanzplatz gefunden? Die Sekunden des Schweigens, die folgten, sprachen für sich.
Dort feiern, wo Erfolg sichtbar ist
Die Podiumsteilnehmer betonten die Relevanz ihrer jeweiligen Tätigkeitsgebiete, doch ein übergreifendes Zukunftsbild für die Branche entstand daraus nicht. Und so verdichtete sich der Eindruck einer säkularen Stagnation, wie er auch in wichtigen Befunden der Studie zum Ausdruck kam.
Immerhin: Beim Apéro riche nach dem offiziellen Teil manifestierte sich die ausgelassene Gesprächskultur, die den Privatbankensektor seit jeher auszeichnet – zusammen mit der Fähigkeit, Erfolge zu feiern, wenn sie anfallen.
















