Die Schweizer Grossbank UBS beschliesst das Jahr 2015 mit einem Rekordgewinn. Doch das Glanzergebnis vermag diverse Schwächen nicht zu überstrahlen – finews.ch hat die wichtigsten zusammengetragen.

1. Wealth Management: Beratermodell liefert (noch) nicht

Im Wealth Management ist die UBS im vierten Quartal weit hinter den Erwartungen zurückgeblieben. Die Bank machte am Dienstag dafür die «sehr verhaltene Kundenaktivität» verantwortlich. Das Fazit daraus: Das Geschäftsmodell im UBS Wealth Management, den Erlös vorab durch stabile Beratungsgebühren zu erzielen, funktioniert noch nicht. Die UBS ist im Wealth Management nach wie vor vom Produkteverkauf an die Kunden abhängig. Erst 26,4 Prozent der Kundenassets sind in Mandaten investiert. Das sind bloss 2 Prozent mehr als im Vorjahr. Die UBS bezeichnet dies als solides Wachstum. Der Weg zur reinen Beraterbank scheint aber noch lang.

2. Politur wirkt wenig

Der Ausweis im vierten Quartal 2015 hätte deutlich schlechter ausgesehen, hätte die UBS nicht einmal mehr in eine ganz besondere Schatztruhe gegriffen. Wegen ihrer hohen Verlusten in der Finanzkrise konnte die Grossbank vorab in den USA und der Schweiz latente Steueransprüche ansammeln; eine Nettosteuergutschrift von 715 Millionen Franken löste die UBS nun auf das vierte Quartal hin ein. Im Vorquartal hatte sie bereits 1'295 Millionen Franken aktiviert, was damals nicht wenig zu reden gab.

Doch wie schon letzten Oktober vermochte die «Politur» auf dem Ergebnis die Investoren nicht zu überzeugen. Die UBS-Aktie sackte am Dienstag zeitweilig 7 Prozent in die Tiefe.

3. Rückschlag bei den Superreichen

Kaum kaschieren lässt sich auch der Fakt, dass die UBS in ihrem Kerngeschäft, der Vermögensverwaltung für wohlhabende Personen, Ende letzten Jahres einen deutlichen Rückschlag erlitten hat. Erstmals seit mindestens zwei Jahren war der Neugeld-Zufluss im vierten Quartal 2015 rückläufig; unter dem Strich flossen in dieser Zeitperiode 3,4 Milliarden Franken ab. Für die UBS müssen jetzt die Alarmglocken schrillen. Besonders rückläufig entwickelte sich das Neugeld in den Schwellenländern, für die sich 2015 als ein wirtschaftlich höchst schwieriges Jahr erwies. In diesen Märkten (ohne Asien) musste die UBS im 4. Quartal unter dem Strich einen Abfluss von sage und schreibe 3,5 Milliarden Franken beklagen.

Wenig erbaulich war auch der Zustrom an Depots von sehr vermögenden Privatkunden (Ultra-High-Net-Worth-Individuals); er betrug in den letzten drei Monaten von 2015 gerade noch 2,2 Milliarden Franken, nach 7,1 Milliarden Franken zwölf Monate zuvor oder immerhin 4 Milliarden Franken im dritten Quartal 2015.

4. Schatten der Vergangenheit – wie lange noch?

Der Paradigmenwechsel im Swiss Banking, also die Abkehr vom Geschäftsmodell mit Schwarzgeld, schlägt sich bei vielen Finanzinstituten immer noch deutlich zu Buche, so auch bei der UBS: Wie dem jüngsten Zahlenkranz zu entnehmen ist, flossen im vergangenen Jahr rund 3,5 Milliarden Franken an Kundengeldern im europäischen Crossborder-Geschäft ab. Die Regularisierung unversteuerter Geld, die man eigentlich schon lange für abgeschlossen hielt, ist immer noch im Gange. Dabei ist die UBS kein Einzelfall.

Auch die Bank Julius Bär musste Anfang dieser Woche entsprechende Abflüsse von französischen und italienischen Kunden einräumen. Der Trend zur neuen Steuerehrlichkeit in Europa führt auch dazu, dass die Marge weiter sinkt. Betrug diese bei der UBS Ende 2014 noch 82 Basispunkte, so waren es Ende 2015 bloss noch 74. Mit anderen Worten: Der Übergang in die «schöne neue Bankenwelt» ist noch längst nicht geglückt.

5. US-Geschäft kommt nicht zur Ruhe

Auch nach der Rochade an der Spitze – der umtriebige Bob McCann wurde letzten Oktober durch Finanzchef Tom Naratil abgelöst – hat das Wealth Management Americas mit Rentabilitätsproblemen zu kämpfen. So sank der Vorsteuergewinn gegenüber dem Vorquartal von 268 auf magere 13 Millionen Dollar. Schuld daran sind laut UBS 180 Millionen Dollar, welche die Grossbank für neue Rechtsrisiken – wohl in Zusammenhang mit Klagen wegen Puerto-Rico-Investments – zurückstellen musste.

Gleichzeitig stiegen die Kosten nochmals an. Die Kosten-Ertrags-Rate verschlechterte sich gegenüber dem letzten Oktober von 85 auf ganze 97 Prozent, was im Private Banking Warnlampen zum Blinken bringen müsste.

6. Andrea Orcels Lieblingskind trotzt

Eine klassische Wall-Street-Beraterbank aufbauen: das ist die erklärte Ambition von UBS-Investmentbankchef Andrea Orcel. Doch diesbezüglich scheint 2015 ein Jahr zum Vergessen gewesen zu sein. Obschon das Analysehaus Dealogic von einem Rekordjahr für Fusionen und Übernahmen spricht, bildeten sich die Erträge in der für das Business zuständigen Corporate-Abteilung der UBS-Investmentbank um 8 Prozent zurück.

Derweil wurde 2015 unter Orcel eisern gespart: Das wichtige Kosten-Ertrags-Verhältnis verbesserte sich von 101 auf 78 Prozent.

7. Asset Management: Zwei Schritte vor, einer zurück

Das Asset Management steuert kaum 10 Prozent zum Konzernergebnis der UBS bei. Daran ändert auch die gute Steigerung des Vorsteuergewinns von 20 Prozent im Jahresvergleich nichts. Der Wiederaufbau des Geschäfts braucht Zeit: Die Bank hat im letzten Jahr ihr Distributionsnetz neu aufgestellt und die Produktepalette gekämmt – und ist deutlich effizienter geworden. Vor Rückschlägen ist sie aber nicht gefeit. Sie verlor im Jahresvergleich 14 Milliarden Franken an verwalteten Vermögen, vor allem, weil im vierten Quartal Kunden höheren Liquiditätsbedarf zeigten.

8. Ölpreis-Sturz gibt Anlass zur Sorge

Die UBS hat Darlehen an Energie-Unternehmen im Umfang von 6,1 Milliarden Franken ausstehend. Zwar würden als gefährdet eingestufte Kredit eng überwacht und abgesichert, schreib die UBS. Aber bei anhaltend tiefen Preisen drohten Kreditausfälle, warnte die Grossbank im gleichen Atemzug. Rivalen wie J.P. Morgan, Citigroup oder Wells Fargo haben bereits Rückstellungen für Kreditausfälle in Milliardenhöhe gebildet. Laut der US-Ratingagentur Standard & Poor’s sind 50 Prozent der Kredite im Energiesektor gefährdet.

9. Grosse Fortschritte bei der Kapitalisierung

Keine Schwächen, sondern eine Stärke der UBS sind ihre Fortschritte in Sachen Kapitalausstattung – die Grossbank avanciert gar zu einer der bestkapitalisierten Grossbanken überhaupt. Die Kernkapitalquote (CET 1) lag per Ende Jahr bei 14,5 Prozent, das sind 1,1 Prozent mehr als im Vorjahr. Verbessert hat sich auch die ungewichtete Kapitalquote – die sogenannte Leverage Ratio. Sie erreichte 5,3 Prozent nach zuletzt 5,1 Prozent. Der Bundesrat hatte im Oktober die Leverage Ratio für Grossbanken von 3,1 auf 5 Prozent erhöht.

Dennoch gab die UBS am Dienstag keine Entwarnung. Die jüngst vorgeschlagenen Änderungen der Schweizer «Too big to fail»-Bestimmungen werden weiterhin erhebliche Zinskosten nach sich ziehen, so die Bank. Ausserdem dürften die Änderungen der internationalen regulatorischen Rahmenbedingungen für Banken mit zusätzlichem Aufwand verbunden sein, hiess es.

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