Die Pressekonferenz der Credit Suisse zum Ergebnis des dritten Quartals geriet am Mittwoch zum Versuch von CEO Tidjane Thiam, seine beschädigte Glaubwürdigkeit aufzubauen. Ist ihm das gelungen?

Es war in der Vergangenheit bereits mehrfach der Fall, dass die gesamte Konzernleitung der Credit Suisse (CS) einer vor den Medien gehaltenen Ergebnispräsentation ihres CEO Tidjane Thiam beigewohnt hat. Der geschlossene Auftritt des Executive Boards am Mittwoch hatte nun aber eine gewisse Symbolkraft. Als ob es gälte, dem in seiner Glaubwürdigkeit angeschlagenen Thiam den Rücken zu stärken und die eigene Loyalität zu demonstrieren.

Der Ablauf der Medienkonferenz bestätigte den Eindruck: Ein etwas fahrig wirkender Thiam nuschelte sich mehr durch die Ergebnisse des letzten Quartals, als dass er sie präsentierte. Er liess auch die sonst übliche vertiefte Diskussion der Zahlen durch seinen Finanzchef David Mathers aus.

Offiziell: «Ich wusste es nicht»

Stattdessen beendete er den offiziellen Teil mit einem verlesenen Statement zum «Spygate»-Skandal um Iqbal Khan und dessen Überwachung durch Privatdetektive. Thiam sagte erstmals öffentlich, dass er von der Überwachung nichts wusste.

Er hoffe, dass Khan und seine Familie keinen Schaden erlitten habe und fügte bei, er wünsche ihm alles Gute, so der CEO weiter. Er dankte anschliessend den Kunden, welche in der Zeit zur CS gehalten hätten. Weil eine Untersuchung der Staatsanwaltschaft weiterhin im Gange sei, werde er den Fall nun nicht mehr weiter kommentieren.

Das tat Thiam anschliessend dann doch – und man konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, dass er damit eine Chance nutzen wollte, seine Glaubwürdigkeit wieder herzustellen. Thiam beantwortete alle Fragen zu Khan im Rahmen der Möglichkeiten und, wie es schien, zunehmend gelöster. Zum Schluss überstimmte der CS-CEO gar noch seinen Medienchef, der die Pressekonferenz beenden wollte, und liess einige zusätzliche Journalistenfragen zu.

Persönliches und Berufliches getrennt

Neben seiner Bekräftigung, von der Überwachung nichts gewusst zu haben, waren Thiam dabei drei Botschaften wichtig. Erstens: Die CS habe durch den Skandal keinen materiellen Schaden erlitten. Kunden hätten sich zwar erkundigt, aber keine Gelder abgezogen oder Geschäfte aufgekündigt.

Zweitens: Er habe keine persönliche «Vendetta» gegen Khan geführt. Auf die immer noch nicht geklärten Ursachen seines Konfliktes mit seinem früheren Wealth-Management-Chef ging Thiam nicht ein. Er machte aber deutlich, dass private Angelegenheiten in keiner Weise Geschäftliches tangiert hätten.

Die gute Performance der Division International Wealth Management (IWM) im ersten und im zweiten Quartal 2019 habe das bewiesen. «Ich habe das IWM und Khan weiterhin Kapital und Ressourcen versorgt. Ich lasse nichts Privates in den Weg kommen, wenn es um Geschäftliches geht.»

POB ist nicht der Freund, der er scheint

Drittens ging es Thiam wohl auch darum, mit Pierre Olivier Bouée den Hauptverantwortlichen für die Überwachung Khans zwar nicht zu verurteilen, jedoch deutlich zu machen, dass die Beziehung zu seinem Ex-COO keineswegs so eng gewesen ist, wie in den Medien dargestellt.

Man müsse berücksichtigen, dass jene, welche die Detektive angeheuert hätten, nicht Falsches hätten tun wollen, sagte der CS-Chef. Überwachung im Sinne von interner Beaufsichtigung sei im Banking gang und gäbe, vor allem im Handelsgeschäft. Überwachung im Sinne einer Bespitzelung sei allerdings unangebracht.

Zu seiner Beziehung zu Bouée – POB, wie er CS-intern genannt worden sei – sagte Thiam: «Ich würde ihn nicht direkt als Freund bezeichnen. Wir haben vielleicht einmal zusammen zu Abend gegessen.»

Über 20 gemeinsame Berufsjahre

Er achte sehr genau darauf, dass professionelle Grenzen eingehalten würden, vor allem bei Angestellten, die direkt an ihn rapportierten. Damit widersprach Thiam einem Bild, das von ihm und Bouée als seinem wichtigster Vertrauten gemalt worden ist.

Immerhin arbeiteten die beiden praktisch ihre gesamte Berufskarriere zusammen: Zunächst beim Berater McKinsey, dann bei den Versicherern Aviva und Prudential und seit 2015 bei der CS. Kein Zigarettenpapier würde zwischen die beiden passen, beschrieben Kenner die Beziehung zwischen Thiam und seinem COO. 

POB musste die CS verlassen, Thiam sieht keinen Anlass, es ihm gleich zu tun. Er habe sich nie mit Rücktrittsgedanken befasst, sagte Thiam. Damit hat auch er einen Schlussstrich gezogen. Mehr Licht und Transparenz hat auch sein Auftritt in die Affäre nicht gebracht. Doch kann man muss CS-CEO zu Gute halten, dass er sich nicht weggeduckt und den Fragen gestellt hat.

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