In einer neunteiligen Serie zeigen Bankexperten, welche Veränderungen in der neuen, steuertransparenten Wealth-Management-Welt die einzelnen Kundengruppen erwartet. (Teil 5)

Von David Fankhauser, Christoph Kley und Jérôme Zaugg*

Es sind nicht zwingend nur steuerliche Gründe, die zu Vermögenstransfers von einem Drittland in die Schweiz – also zur Kapitalflucht – führen, obwohl in den heutigen, oft emotional geführten Diskussionen häufig der Eindruck entsteht, dass dem so sei.

Genauso gut können instabile Staaten mit ebensolchen Rechtsstrukturen, schwache Volkswirtschaften, stark schwankende Währungen und dergleichen den Grund für die Kapitalflucht darstellen.

Schutz vor staatlicher Enteignung

Unternehmer aus solchen Ländern versuchen auf diese Art, die Früchte ihrer Tätigkeit zu erhalten und sich vor Inflation, staatlicher Enteignung, Zwangsumtausch, politischen Repressionen oder anderen Motiven zu schützen. Einige Beispiele sollen hier aufgegriffen werden.

Kunden aus Südamerika möchten sich insbesondere vor Inflations- und Währungsrisiken absichern. Mexiko beispielsweise wertete 1995 nach der so genannten Tequila-Krise seine Währung ab. In Brasilien geschah dasselbe 1998. Die Folgen waren besonders für Argentinien mit seinem seit 1991 an den amerikanischen Dollar gekoppelten Peso verheerend, da die Produkte von Mexiko und Brasilien auf dem Weltmarkt deutlich billiger zu erwerben waren. Im Fall von Argentinien mündete dies 2001 in einem Staatsbankrott. Aktuell durchlebt Argentinien eine weitere Krise respektive Rezessionsphase.

Kapitalflucht verhindern

In der Vergangenheit haben Krisen prinzipiell zur Kapitalflucht in stabilere Finanzplätze geführt. Jedoch versuchen Regierungen mit Restriktionen auf Devisentransaktionen die Kapitalflucht einzudämmen. Transfers ins Ausland sind nur noch begrenzt möglich und der Kauf von Dollar auf ein Minimum reduziert.

Für ein Land, welches bis anhin stark dollarisiert war, ist dies mit dem Stillstand der Wirtschaft gleichzusetzen. Langfristig führt diese Spirale zu Investitionszurückhaltung und schwachen Wirtschaftswachstum, was in vielen südamerikanischen Ländern zu beobachten ist. Anstelle von direkten Eingriffen ist die Sicherung der Eigentumsrechte und Stabilität die bessere Strategie, um Kapitalflucht zu verhindern.

Keine steuerlichen Gründe

Der Blick in die Geschichte gibt jedoch wenig Hoffnung, dass dies überall auf der Welt verstanden wird. Auch in Zukunft ist zu erwarten, dass sich Vermögende solchen Gefahren ausgesetzt sehen und sichere Häfen für ihr Vermögen suchen.

Insbesondere Kunden aus Ländern hinter dem ehemaligen Eisernen Vorhang sind an höchstmöglicher Diskretion interessiert. Weniger aus steuerlichen Gründen, denn die Steuersätze liegen für Personen und Unternehmen im Vergleich mit OECD-Steuersätzen deutlich darunter (Einkommenssteuer für Private in Russland: 13 Prozent, Ukraine: 15 Prozent) und bieten kaum Anreiz, diese noch zu umgehen.

Leib und Leben

Vor allem wenn man sich die drastischen Strafen vor Augen führt (Stichwort: Yukos/Chodorkowski, wobei der Prozess auch sicherlich stark politisch motiviert war). Hinzu kommt ein Umfeld von hoher Kriminalität und staatlicher Willkür, welches dazu führt, dass man als Wohlhabender nicht im Rampenlicht stehen möchte und als Folge davon Diskretion bezüglich tatsächlichem Vermögensumfang grossgeschrieben wird. Man will das eigene Leib und Leben und dasjenige der Familie (etwa Entführungen der Kinder) nicht unnötig exponieren und gefährden.

Die Länge der Liste von Zwangsenteignungen im historischen Rückblick ist nicht unbedeutend. Beispielsweise führte selbst das EU-Land Italien 1992 eine Steuer auf alle Bankeinlagen ein. Italien stand am Abgrund, andere Massnahmen hätten zu lange gedauert. Guthaben wurden mit 6 Promille besteuert. Das (wahrscheinlich nicht) letzte Beispiel fand im Frühling dieses Jahres in Zypern statt.

Korrupte Behörden

Zypern war tief in der Krise. Das Bankensystem war angeschlagen und dem Staat fehlten die Mittel, die Banken zu sanieren. Damit die EU half, wurde allen Einlegern zwangsweise ein Betrag von ihren Bankguthaben, das 100'000 Euro überstieg, abgezogen.

Neben staatlicher Enteignung ist die Gefahr von Kriminalität und korrupten Behörden und Gerichten für Vermögende bedrohlich. In Russland ist bekannt, dass Firmen von einen Tag auf den anderen «besetzt» werden. Die Firmeneigner fliehen häufig, da sie nicht nur direkt mit den Leben bedroht werden, sondern da sie auch nichts von bestochenen Richtern zu erwarten haben.

Spezielle Vermögenssteuern

Zusammenfassend kann man sagen, dass es auch in Zukunft an vielen Orten der Welt einen grossen Bedarf gibt, sein Vermögen zu sichern. Die Stabilität und Rechtssicherheit der Schweiz wird auch in Zukunft attraktiv für diese Gelder sein. Dass grösstmögliche Diskretion (Bankgeheimnis) besonders nützlich ist, ist selbstverständlich.

Genauso ist die Aufhebung desselben eine Verminderung des Nutzens des «Secret Swiss Bank Accounts». Wenn die Konten bekannt sind, kann ein Staat spezielle Vermögenssteuern erheben, um an diese Gelder «legal» zu kommen.

Politisch günstig

Was können Schweizer Banken den ausländischen Kunden in Zukunft bieten? Asset Protection ist das Stichwort: Inwiefern lässt sich das Vermögen strukturieren (in Trusts, Stiftungen, Erbvorbezüge, Gesellschaften, Aktionärsverträgen, IP-Gesellschaften, internationalen Konzernstrukturen) oder so verteilen, dass legale und illegale Zugriffsmöglichkeiten nicht an die Substanz gehen?

Die Bedeutung des Themas Asset Protection über Trusts und Stiftungen wird zunehmen. Dies ist insofern politisch günstig, da Trusts aus den angelsächsischen Raum stammen und daher bislang noch immun gegen den politischen Druck waren. Sie standen – bisher – nicht zur Diskussion.

Lesen Sie den 6. Teil dieser Serie am Montag, 4. November 2013, auf finews.ch.


* David Fankhauser verfügt über weitreichende Erfahrung im internationalen Wealth Management. Er war in London, Hongkong, Frankfurt, Berlin sowie in der Schweiz tätig und hat langjährige Führungserfahrung. Dr. Christoph Kley ist Dozent für Banking & Finance sowie Projektleiter am Zentrum für Banking und Finance der ZHAW School of Management and Law. Jérôme Zaugg ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am selben Zentrum.

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