Der Direktversicherer Smile setzt auf mobile Vertriebskanäle und erhofft sich einen beträchtlichen Schub durch die digitale Revolution, wie CEO Pierangelo Campopiano im Interview mit finews.ch ankündigt.


Pierangelo Campopiano, wie lautet Ihr Fazit nach einem Jahr an der Spitze der Helvetia-Tochter Smile?

Smile hatte ein sehr erfolgreiches Jahr, aber wir sind trotzdem noch nicht am Ziel. Wir haben unser Kerngeschäft weiterentwickelt und wachsen wieder schneller. Eines meiner Ziele war es, die Firma wieder zurück zum Wachstum und zu mehr Innovation zu führen.

In welcher Hinsicht sind Sie noch nicht am Ziel?

Grundsätzlich stecken wir immer noch mitten im Umbruch. Wir haben vor 25 Jahren als Televersicherer angefangen, womit wir damals sehr innovativ waren. Der zweite Entwicklungsschritt erfolgte 2008, als aus der Coop-Versicherung smile.direct wurde.

«Für uns ist dies sehr wichtig, weil wir keine Kundenberater haben»

Dieses Jahr nun kommt der dritte, grosse Entwicklungsschritt – mit «Mobile Commerce» als neuer Wachstumstreiber. Als erstes haben wir schon mal unser Logo angepasst und nennen uns nur noch Smile.

Welche Änderungen planen Sie abgesehen vom neuen Logo?

In unserem neuen Auftritt spielen die mobilen Geräte ein grosse Rolle als Kundeninteraktions-Tool. Gemäss Statistik finden mittlerweile 70 bis 80 Prozent der Kunden via «Mobile» zu uns.  

Welche Vorteile bietet die mobile Kommunikation einer Versicherung?

Wir erhalten dadurch die Möglichkeit, mit unseren Kunden auch nach einem Geschäftsabschluss im Dialog zu bleiben. Für uns ist dies sehr wichtig, weil wir keine Kundenberater haben.

«Via mobile Geräte können wir direkt mit den Kunden kommunizieren»

Wir merken, dass wir vermehrt mit unseren Kunden interagieren müssen. Via mobile Geräte können wir direkt mit den Kunden kommunizieren und ihnen beispielsweise bei einem Grenzübertritt eine Reiseversicherung anbieten.

Welches Geschäftsmodell gilt künftig bei Smile – Telefonverkauf, Internetauftritt oder mobile Geräte?

Wir bauen unser Angebot jetzt ganz klar auf einem Mobile-First-Ansatz auf – wir glauben an die mobilen Lösungen. Früher haben Direktversicherer stark von Vergleichsplattformen gelebt. Da sind wir mittlerweile bei weit unter 50 Prozent. Der Wissensstand der Kunden steigt, und sie kommen mittlerweile direkt auf uns zu.

Im Direktmarkt haben wir heute etwa 15 Prozent, aber wir wachsen viel schneller als der Markt. Mit «Mobile First» werden wir definitiv den Turbo zünden.

«Wir müssen mutiger werden und unsere Produkte einfacher gestalten»

Andere Branchen sind hier definitiv weiter als die Versicherungen. Wir schauen uns zum Beispiel an, was Mobilbanken wie Zak, Revolut oder N26 machen. Diese sind zwar noch nicht so fest im Markt etabliert, aber sie werden von einer Welle der Tech-Euphorie getragen.

Im Gegensatz zu Versicherungen haben Banken viel häufigere Interaktionen mit den Kunden. Denken Sie nur an den Autoversicherungsmarkt: Im Schnitt hat ein Kunde alle vier Jahre einen Kaskofall! Wir sind überzeugt, dass wir die Anzahl an relevanten Touch-Points mit unseren Kunden künftig noch wesentlich steigern können.

Worauf achten Sie bei der Überarbeitung der Produkte?

Wir müssen mutiger werden und unsere Produkte einfacher gestalten. Smile war auf dem Prinzip der Einfachheit aufgebaut und dieses Prinzip müssen wir wieder verstärkt ins Zentrum unseres Handelns stellen.

Wir haben heute immer noch Produkte, für die wir eine persönliche Beratung anbieten müssen. Ein Beispiel ist die Jägerhaftpflicht-Versicherung. Diese ist hochkomplex, und wir müssen für einige wenige Kunden hochkomplizierte Prozesse aufrechterhalten. In Zukunft werden wir eine solche Versicherung nicht mehr anbieten.

Wollen Ihre Kunden denn gar keine Beratung mehr?

Natürlich braucht es Beratung, aber dafür haben wir verschiedene Tools. Wir sehen uns als führender digitaler Privatkundenversicherer. Unsere Stärken sind Einfachheit und Convenience.

«Wir sind zwar ein Insurtech, aber kein Startup»

Seit letztem Jahr haben wir mit der Sanitas eine Zusammenarbeit im Krankenversicherungs-Geschäft. Zudem lancierten wir die erste voll digitalisierte Todesfallversicherung – dies sind Angebote mit Zukunftspotenzial. Ein Krankenversicherungsprodukt nimmt etwa ein Drittel des Versicherungsbudgets von Herr und Frau Schweizer ein und ist deshalb äusserst relevant für den Kunden. Wir bieten an, was relevant ist.

Künftig werden Versicherungen doch alle online abgeschlossen?

Wir spüren den Techhype noch nicht so extrem. Im Detailhandel ist der Wandel beispielsweise schon lange vollzogen. In unserer Industrie ist es etwas anders – die Kunden wechseln ihre Versicherungen nicht so schnell. Es braucht länger, bis man die Kunden für unser Modell gewonnen hat.

Ist die Smile ein Insurtech?

Wir sind zwar ein Insurtech, aber kein Startup. Wir haben immerhin 130,000 Kunden und sind seit 25 Jahren im Geschäft. Unsere Hauptmitbewerber sind auch im Bereich Insurtech angesiedelt. Die klassischen Versicherer mit ihren umfassenden Aussendienstorganisationen hingegen sehen wir nicht als Konkurrenten, selbst wenn sie im Online-Bereich stark aufgeholt haben.

Wir grenzen uns klar ab und sehen uns als Komplementärmodell zu den klassischen Versicherern.

Mit der Helvetia haben Sie eine traditionsbewusste Versicherung als Mutterkonzern. Wie wirkt sich dies auf das Geschäft der Smile aus?

Die Helvetia ist tatsächlich wichtiges Verkaufsargument für Smile. Ihre Stabilität erweckt auch bei unseren Kunden Vertrauen, insbesondere wenn es ums Thema Schadenfälle geht.

«Wir möchten nächstes Jahr 100 Million Franken an Prämienvolumen erreichen»

Dank der Services der Helvetia können wir uns zudem voll auf den Markt fokussieren, weil sie gewisse Dienstleistungen, wie Human Resources und Legal & Regulatory Affairs, in unserem Auftrag übernimmt.

Und warum hat die Helvetia wiederum Smile im Portfolio?

Wir sehen uns als einen der Treiber der Strategie «Helvetia 2020». Wir sind in der Unternehmensentwicklung angegliedert und helfen unserem Mutterkonzern bei der Erweiterung von Geschäftsfeldern und der Erschliessung neuer Zielgruppen. Und jetzt kommt dann der nächste Entwicklungsschritt, mit unserem neuen mobilen Auftritt.

Sie haben einleitend gesagt, Sie müssten die Firma Smile zurück zum Wachstum führen. Warum zurück, wachsen Sie gar nicht?

Die Prämien haben in den vergangenen Jahren jeweils etwa um 7 Prozent zugelegt, aber mit einer abnehmenden Tendenz. Man merkt schon, dass wir unseren Internetauftritt seit 2012 nicht mehr angepasst haben.

Welche Ziele für das gesamte Prämienvolumen verfolgen Sie?

Unser Ziel ist es, beim Prämienvolumen zweistellig zu wachsen und wir möchten nächstes Jahr 100 Million Franken an Prämienvolumen erreichen. Seit kurzem bearbeiten wir den Brokerkanal, der für unsere Online-Lösungen sehr empfänglich ist. So können wir neue Ertragsquellen erschliessen und die Abhängigkeit von den Vergleichsplattformen stark reduzieren.

Wie sieht es bei der Profitabilität aus?

Letztes Jahr ist der Profit um knapp 4 Prozent gewachsen. Unsere Combined Ratio liegt bei 85 Prozent. Wir verfügen über ein skalierbares Geschäftsmodell, sind sehr profitabel und liefern einen soliden Gewinnbeitrag ab.  


Pierangelo Campopiano übernahm das Amt des Geschäftsführers bei Smile Anfang April 2018. Zur Helvetia-Gruppe und deren Tochter stiess er nach zwölf Jahren bei der Zurich Group, wo er unter anderem zwei Jahre als Leiter Strategic Marketing und Distribution Services der Farmers Insurance in den USA agierte. Vor seiner Zeit bei der Zurich arbeitete er fünf Jahre als Relationship Manager im Firmenkundengeschäft der Zürcher Kantonalbank. Er durchlief von 2016 bis 2017 ein Advanced Leadership Development Programm an der Anderson School of Management der UCLA.

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