Bis vor einigen Jahren hielt man bei Vontobel noch wenig von Expansionsplänen in Asien. Inzwischen hat das Top-Management seine Meinung geändert. Die neuen Ambitionen sind kühn. Doch kommen sie nicht zu spät?

Asian Family © Shutterstock

Wer sich früher beim Top-Management der Bank Vontobel nach einer Asien-Strategie erkundigte, erntete ein mildes Lächeln. Asien, das stand nicht auf der Prioritätenliste des Zürcher Finanzinstituts. Das überliess man lieber der Konkurrenz und wies auf die hohen Kosten und Risiken hin, die eine solche Expansion mit sich bringt.

Doch nun hat ein Meinungsumschwung stattgefunden. Eine Kooperation mit der in Melbourne ansässigen ANZ-Gruppe (Australia and New Zealand Banking Group) sowie ein neu engagierter Private Banker in Hongkong und die in der Schweiz bereits bewährte Online-Plattform für Strukturierte Produkte sollen neue Ertragsströme aus Fernost generieren. Doch alles der Reihe nach.

Mehr als 4 Milliarden von ANZ

Eigentlich ist Vontobel bereits seit 2008 in Hongkong mit einer Asset-Management-Gesellschaft vertreten. Doch richtig los ging es in diesem Geschäftsbereich erst in diesem Jahr, nachdem das Schweizer Institut Ende 2013 mit der ANZ-Bank eine Kooperation vereinbart hatte, wie auch finews.ch berichtete.

Ulrich Behm 502

Seither verwaltet Vontobel im Auftrag von ANZ bereits mehr als 4 Milliarden Franken an Kundengeldern aus Down-Under, und selber hat man mittlerweile an die 5 Milliarden Franken an institutionellen Geldern akquiriert.

Je zu einem Drittel stammen diese Vermögen von Vorsorgeinstituten aus Japan, Australien und anderen asiatischen Märkten (Hongkong, Taiwan), wie Ulrich Behm (Bild oben), Asien-CEO von Vontobel Asset Management diese Woche gegenüber finews.ch erklärte.

Star-Manager in New York

Investiert ist dieses Geld vorwiegend in die Vontobel-Fonds für globale Aktien sowie für Schwellenländer-Aktien, die wiederum der Star-Manager Rajiv Jain von New York aus verantwortet.

Insgesamt verwaltet Vontobel 76 Milliarden Franken im Asset Management. Der asiatische Anteil macht – zusammen mit dem ANZ-Geld – nun gut zehn Prozent aus. Dabei soll es nicht bleiben, wie Behm weiter ausführte.

Allerdings setzt dieses Geschäft einen langen Atem voraus. Denn Mandate zwischen 100 und 200 US-Dollar Franken, wie sie in Asien häufig sind, werden oftmals über Berater (Consultants) vergeben, was zum Teil langwierige Verhandlungen bedingt.

Grosse Ambitionen im Private Banking

Für Vontobel soll das Asset Management allerdings auch als Türöffner dienen, und zwar für die beiden anderen Geschäftsbereiche (Private Banking, Investmentbanking), die Vontobel in Asien nun ebenfalls zielstrebig ausbauen will. Das Private Banking fristete (in Asien) bislang eher ein Mauerblümchendasein.

Alex Fung 500

Dies änderte sich erst im vergangenen Frühjahr, als Vontobel den in der Region weitum bekannten Private Banker Alex Fung (Bild) engagieren konnte. Der gebürtige Hongkonger ist seit rund 30 Jahren im Geschäft und verantwortete zuletzt das Private-Banking-Geschäft der Société Générale in Asien, wie finews.ch berichtete.

Als dieses aber unlängst an die DBS Bank in Singapur veräussert wurde, sah Fung in dieser Konstellation persönlich keine Zukunft mehr. So kam er mit Vontobel in Kontakt und wechselte mit nicht weniger als sieben Mitarbeitern vor drei Monaten zum Schweizer Institut, wie auch finews.ch berichtete.

Mittelfristig 3 Milliarden Franken im Visier

Zwar befassen sich in Zürich bereits vier Private Banker mit asiatischen Kunden, doch in Fernost selber war die Präsenz bislang eher unterschwellig. Mit Fung soll sich das jetzt ändern.

Bis in einem Jahr will er mit seinem derzeit 15-Personen-Team in Hongkong mindestens eine Milliarde Franken an Kundengeldern akquiriert haben – dabei visiert er zunächst Vermögen an, die er zuvor schon bei der Société Générale betreute. Dank seinem weit verzweigten Beziehungsnetz hofft er jedoch, auch noch andere Depots gewinnen zu kommen, um in einigen Jahren auf 3 Milliarden Franken zu kommen, wie er gegenüber finews.ch erklärte.

Buchungsplattform bleibt in der Schweiz

Um die Kosten bei diesem Vorhaben unter Kontrolle zu halten, betreibt Vontobel – im Gegensatz zu den meisten anderen Schweizer Banken in Asien – (noch) keine Buchungsplattform vor Ort. Das Geld wird – im klassischen Offshore- oder heute auch Crossborder-Verfahren in der Schweiz gebucht. Nach dem Urteil Fungs dürfte sich eine Vontobel-eigene Buchungsplattform in Asien erst ab etwa 4 Milliarden Franken lohnen.

Ob die Bank mit ihrem Vorhaben Erfolg haben wird, lässt sich noch nicht abschätzen. Tatsache ist aber, dass die Zürcher Bank einen anderen Weg geht als die Konkurrenz aus der Schweiz, die grösstenteils aber auch (noch) nichts verdient. So erweist sich der asiatische Markt, der als Wealth-Management-Eldorado gepriesen wird, für viele Institute in erster Linie einmal als Investitions-Pool mit ungewissen Verdienstmöglichkeiten.

Deritrade bald auch in Asien

Vorsicht dominiert denn auch die Asien-Expansion Vontobels im Investmentbanking, wobei der Begriff Investmentbanking vielleicht etwas zu weit gefasst ist, denn primär geht es dabei um den Vertrieb von Strukturierten Produkten über die Vontobel-Plattform Deritrade.

Gerhard Meier 501

Dieser Geschäftsbereich, der in der Schweiz bereits ein wichtiges Standbein ist und in Zusammenarbeit mit verschiedenen namhaften Partnern (UBS, Deutsche Bank, Morgan Stanley und Société Générale) funktioniert, soll im Verlauf der nächsten sechs bis zwölf Monate auch in Asien etabliert werden, wie Vontobels Deritrade-Chef Gerhard Meier (Bild) erklärte.

Konkurrenz schläft nicht

Dabei übernimmt Vontobel gemäss eigenen Angaben eine Vorreiterrolle in Asien ein, da es bislang kein System gibt, das die Angebote von verschiedenen Banken auf einer Plattform – im Jargon auch Multi-Issuer-Platform genannt – vereinigt. Stattdessen erfolgt die Preisfindung wie etwa in Hongkong über ein halbelektronisches und personalintensives Matching-Modell, das über kurz oder lang überholt sein dürfte.

Vor diesem Hintergrund rechnet man sich bei Vontobel einige Chancen aus, in diese Bresche springen zu können und gute Erträge zu erzielen, zumal in Asien Strukturierte Produkte bereits heute einen doppelt so hohen Anteil in den Kunden-Portefeuilles haben wie in der Schweiz.

Allerdings schläft die Konkurrenz nicht. Bereits sind die Grossbanken Goldman Sachs, HSBC, Barclays, J.P. Morgan, Société Générale und BNP an der Entwicklung eines vergleichbaren Systems, wie in der Branche zu hören ist.

Zu spät, zu klein?

Die Asien-Initiative, die Vontobel nun aufgeleist hat, kommt tatsächlich etwas spät im Vergleich zu den Expansionsstrategien anderer Banken. Sie ist aber insofern interessant, als dass sie sich mit einem begrenzten Risiko durchaus realisieren lässt. Allerdings bleiben so wohl auch die Erträge limitiert.

Darüber hinaus stellt sich die Frage, ob sich auf so kleiner Flamme im asiatischen Mega-Markt etwas bewegen oder im übertragenen Sinne ein schmackhaftes Süpplein kochen lässt. Die einzigen, in Asien bisher erfolgreichen Schweizer Finanzinstitute haben stets das Gegenteil gemacht und mit grosser Kelle angerichtet.    

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