Die Banken haben die Kunden – noch. Die Fintechs gehen hingegen mit der wendigeren IT ins Rennen. Vier Fragen, die sich Banker zum Wettlauf jetzt stellen müssen.

Eine erste Fintech-Welle haben die etablierten Banken souverän abgefangen. Auch in der Schweiz hat sich gezeigt, dass die cleversten Apps und Innovationen nicht viel nützen, wenn die Kundenbasis fehlt. Erfolgreich sind demnach vor allem jene Startups, die sich rechtzeitig an einen Bankenpartner anlehnten.

«Die Disruption ist abgesagt», urteilte finews.ch vor zwei Jahren. Indes, der Befund gilt auf Zeit. Die aufstrebende Fintechbranche ist seither stark gewachsen. Allein im letzten Halbjahr zog sie weltweit Finanzierungen von 58 Milliarden Dollar an. In Deutschland überholte das Fintech Wirecard die Deutsche Bank bei der Börsenkapitalisierung.

Fintechs nur halb so teuer

Wenn sich künftig Fintechriesen und Grossbanken gegenüberstehen, erreicht der Wettlauf um Kundschaft eine ganz neue Intensität. Die Neuankömmlinge können dabei wirksam den Trumpf ausspielen, den sie schon von Anfang an mit sich herumgetragen haben: Ihre IT ist frei von in die Jahre gekommenen «legacy»-Systemen.

In einer aktuellen Studie rechnen die Analysten der US-Grossbank Morgan Stanley nun vor, dass die Fintechs dadurch ihre Dienste 50 Prozent billiger anbieten können als etablierte Geldinstitute.

«Wir glauben, dass die Banken sich rasch selber innovieren und disruptieren müssen», warnt der Report, der den martialischen Titel «Ruf zu den Waffen» trägt. «Sonst isst jemand anders die Mahlzeit.» Insbesondere europäische Banken seien gegenüber der neuen Konkurrenz verwundbar, weil sie durch jahrelange Negativzinsen geschwächt worden seien. Ihr Überleben, so die Experten weiter, hänge im Wesentlichen von vier Punkten ab. Das sind sie:

1. Cobol ins Museum stellen

Ein Innovationssprung wird umso günstiger, je moderner und wenig verzettelt die IT ist. Entsprechend gilt es, möglichst viele Applikationen auf eine Plattform zur bringen und diese dann auf dem neuesten Stand zu bringen. Das ist kostspielig: Die Erneuerung einer Kernbanken-IT schlägt bei einer Grossbank im Schnitt mit bis zu 1 Milliarde Dollar zu Buche.

Entsprechend entscheiden sich viele Häuser für den günstigeren Mittelweg: Nach vorne präsentieren sie eine modernes Kunden-Interface. Dieses wird durch eine Zwischenstufe mit der alten Kernbanken-IT verbunden, die oft noch musealen Programmiersprachen wie Cobol folgt.

Fraglich ist allerdings, wie schnell dieses «Sandwich» auf die technische Innovation der nächsten zehn Jahre und auf die veränderten Kundenwünsche zu reagieren vermag.

2. Sprung nach vorn dank Fusion

Bei Fusionen und Übernahmen (M&A) von Banken spielt die Integration der IT-Lösung oft eine gewichtige Rolle – prominent in der Schweiz zu sehen war dies 2016 beim Zusammenschluss zwischen der Tessiner BSI mit der Zürcher EFG International. Ein solcher Deal bietet im besten Fall die Chance, an eine moderne Plattform und neue Volumen zu kommen. Im schlechtesten Fall droht ein noch grösseres IT-Flickwerk.

Eine Alternative gerade für kleinere Banken besteht in der Auslagerung des Backoffice an spezialisierte Dritte. Geht es jedoch um die Innovation im Banking, befindet sich das Institut in der Hand jenes Drittanbieters – und kleinere Kunden können nur begrenzt Druck machen, damit der Spezialist sein Innovationstempo erhöht.

3. Die Kunden digital bei der Hand nehmen

Technologie-Riesen wie Amazon, Google & Co verstehen es vortrefflich, Kundenaktivitäten auszuwerten und der Klientel massgeschneiderte Angebote und Empfehlungen zu unterbreiten. Für viele etablierte Banken ist genau das noch höchst schwierig. Laut Morgan Stanley sind nur 49 Prozent der untersuchten Institute in der Lage, die ganze «customer view» digital zu überblicken und daraus Geschäftsideen abzuleiten. Bereits bestehende Angebote in diese Richtung sind Budgetplaner, Robo-Advisor und Buchhaltungs-Dienste.

4. In die eigene DNA eingreifen

Eine Fintech-DNA zu entwickeln ist für Finanzmultis zugegebenermassen alles andere als einfach. Vorerst lässt sich dem Problem begegnen, indem Innovationsprojekte als Schnellboote aus dem Konzern ausgegliedert werden. Nicht nur verkürzt dies die Lancierungszeit neuer Produkte, sondern verringert auch die Schmerzen bei einem Fehlschlag.

In der Angst vor dem Versagen wittern die Morgan-Stanley-Analysten sowieso das grösste Hindernis auf dem Weg zur Fintech-DNA. Projekte schnell zu begraben, wenn sie nicht wie erwünscht funktionieren, mag mit Blick auf den nächsten Quartalsausweis als sinnvoll erscheinen. Auf die lange Sicht, mahnen die Analysten aber, schmälere dies die Innovationskraft eines Konzerns. Und das könne später mit noch viel grösseren Verlusten für die Aktionäre enden.

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
  • Ja, es gab keine andere, wirtschaftlich sinnvolle Alternative.
    26.62%
  • Nein, man hätte die Credit Suisse abwickeln sollen.
    18.52%
  • Nein, der Bund hätte die Credit Suisse übernehmen sollen.
    28.29%
  • Man hätte auch ausländische Banken als Käufer zulassen sollen.
    9.14%
  • Man hätte eine Lösung mit Schweizer Investoren suchen sollen.
    17.43%
pixel