Unter welchen Voraussetzungen könnte eine Fusion der beiden Schweizer Grossbanken Sinn machen? Der Schweizer Finanzprofessor Teodoro Cocca schreibt ab sofort regelmässig für finews.ch. Hier ist sein erster Beitrag.

Teodoro D. Cocca ist Bankenprofessor an der Johannes-Kepler-Universität in Linz und Adjunct Professor am Swiss Finance Institute.

Die Börse spricht eine unmissverständliche Sprache: Aktien grosser Universalbanken stehen derzeit alles andere als in der Gunst der Anleger. Nur die Automobilbranche weist eine unattraktivere Bewertung auf als europäische Bankaktien. Das spricht Bände über die wenig glorreichen Zukunftsaussichten.

Der gescheiterte Zusammenschluss von Deutsche Bank und Commerzbank, wie auch die Spekulationen rund um andere Bankengruppen, deuten auf eine bevorstehende Konsolidierungswelle im europäischen Banking hin. Diese wird auch vor den beiden Schweizer Grossbanken UBS und Credit Suisse (CS) nicht halt machen, die an der Börse erst noch sehr tief bewertet sind.

Fusionen bringen wenig Mehrwert

Hatten Anleger in der Vergangenheit etwas davon, wenn Banken fusionierten? Aus der bisherigen Forschung lässt sich ableiten, dass Bankenfusionen im selben Land zum Teil Wertsteigerungen erzielten. Unter gewissen Umständen sind auch Transaktionen über europäische Grenzen hinweg wertstiftend.

Transatlantische Zusammenschlüsse hingegen sind kritischer zu bewerten. Das zeigen auch die Erfahrungen der Schweizer Grossbanken in dieser Hinsicht. Durch Übernahmen entstandene Megabanken werden allenfalls Skalenvorteile in der Produktion erreichen, aber gleichzeitig mit Skalennachteilen bei der Lenkung des komplexen Gebildes konfrontiert sein. Ersteres überschätzen viele Fachleute, letzteres unterschätzen sie.

Kultureller Fit eher gegeben

Ein reizvolles Gedankenspiel ist im Kontext der aktuellen Konsolidierungswelle ein Zusammenschluss von UBS und CS. Eine solche «United Bank of Switzerland» hätte im Sinn der Integrations-Wahrscheinlichkeit nicht schlechte Erfolgschancen, da der kulturelle Fit eher gegeben wäre, als bei jeder anderen Kombination mit einer ausländischen Bank.

Wenn in der Vergangenheit grössere Investoren weitreichende Eingriffe in die Unternehmensstrukturen der beiden Grossbanken forderten, dann ging es dabei vor allem um die Abspaltung einzelner Geschäftseinheiten. Ein kompletter Zusammenschluss hingegen dürfte zweifelsohne auf einen erheblichen regulatorischen Widerstand stossen.

Schweiz-Geschäft abspalten

Zumindest eine der beiden Grossbanken müsste das Schweiz-Geschäft abspalten, um nicht von den Wettbewerbsbehörden wegen Marktbeherrschung gebremst zu werden. Zudem würde eine fusionierte Grossbank die Too-big-to-fail-Problematik in der Schweiz massiv verschärfen. Das sind berechtigte Argumente. Weil regulatorische Gründe gegen einen solchen Zusammenschluss sprechen, heisst dies allerdings noch lange nicht, dass ein Zusammenschluss strategisch wenig Sinn machen würde.

Im Zentrum der strategischen Beurteilung sollten primär Synergiepotentiale auf der Kosten- und/oder Ertragsseite stehen. Eine betriebswirtschaftliche Logik für einen Zusammenschluss der beiden Investmentbanking- und Asset Management-Einheiten zur Schöpfung von Kostensynergien und den Private-Banking-Einheiten um Wachstumschancen zu generieren, ist nicht abzusprechen.

Swiss Powerhouse

Entstehen würde ein auf Vermögensverwaltung (der Kernkompetenz beider Häuser) fokussiertes Swiss Powerhouse, mit einer sehr starken Präsenz in den grössten Private-Banking-Märkten und punktuellen Investment-Banking-Dienstleistungen. Als unternehmerische Vision würde diesem Ansatz einiges abzugewinnen sein, selbst wenn eine Umsetzung viele Hürden hätte.

Ein zentraler Aspekt wäre der Eigenmittelbedarf der kombinierten Einheit. Dabei ist der durch die strengeren Eigenmittel-Bestimmungen ungebrochene Kapitalbedarf des Investmentbanking zu beachten, wofür die kapitalmässige Quersubventionierung durch das Vermögensverwaltungsgeschäft ein gewichtiger Vorteil für das Funding wäre. Eine Fusion könnte folglich Vorteile bringen, aber nur wenn die beiden Banken in dieser Hinsicht ihre Hausaufgaben erledigt haben.

Eine Herkulesaufgabe

Die eigentliche Herausforderung dieses Gedankenspiels liegt aber in der komplexen operativen und technischen Verschmelzung der beiden Banken. Einfach gesagt müsste man sich für eine der beiden Plattformen entscheiden und die ganzen Produktions- und Vertriebsprozesse «umhängen». Eine Herkulesaufgabe. Je integrierter die Geschäftsmodelle sind, desto eher ist deshalb eine Akquisition auf der Vertriebsseite (Private Banking) vorzuziehen, um mehr Volumen über die vorhandene technische Plattform abwickeln zu können.

Dies könnte allerdings am einfachsten durch einen Zukauf eines etwas kleineren Schweizer Konkurrenten geschehen. Ob dies allerdings den Quantensprung darstellen würde, der notwendig ist, um in der Liga der Megabanken zu spielen, ist zu bezweifeln.

Ein Mammutprojekt

Sollten die beiden Schweizer Grossbanken tatsächlich einen «Big Deal» verfolgen, wäre aus strategischer Sicht die «United Bank of Switzerland» ein Mammutprojekt aber aus verschiedenen Gesichtspunkten zumindest sinnvoller als ein Zusammengehen mit einer ausländischen Bank.


Teodoro D. Cocca ist seit 2006 Professor für Asset und Wealth Management an der Johannes Kepler Universität Linz. Davor war er einige Jahre bei der Citibank sowohl im Investment als auch im Private Banking tätig, forschte an der Stern School of Business in New York und lehrte am Swiss Banking Institute in Zürich. Zudem ist der Schweizer mit italienischen Wurzeln assoziierter Professor für Private Banking am Swiss Finance Institute (SFI) in Zürich und beratend für Finanzunternehmen und Behörden im In- und Ausland tätig. Seit April 2011 ist er Mitglied des Verwaltungsrats der VP Bank in Vaduz und leitet dort den Strategie- und Digitalisierungsausschuss. Dieser Tage erscheint sein neues Buch: «Digitalisierung im Private Banking» im Frankfurt School Verlag.

 

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