Die Credit Suisse hat in einem präzedenzlosen Vorgehen rasch und kompromisslos ein Personal- und Reputationsproblem gelöst, was den Weg zum dringend nötigen Erfolg ebnen könnte. Wie es dazu kam.

Zum ersten Mal seit langem machte sich am (heutigen) Montagmorgen so etwas wie Euphorie breit in den Büros der Credit Suisse (CS). «Nun haben wir endlich wieder zwei Schweizer an der Spitze», lautete das Fazit vieler Beschäftigten. Damit meinten sie Thomas Gottstein als CEO und Axel Lehmann als soeben neu ernannten Präsidenten des CS-Verwaltungsrats.

Diese Feststellung als Fremdenfeindlichkeit zu deuten, greift eindeutig zu kurz. Vielmehr illustriert sie den tiefen Frust, der sich in vielen Mitarbeitenden über die vergangenen paar Jahre angestaut hatte, zurückzuführen auf die diversen Extravaganzen, die sich sowohl der frühere CEO Tidjane Thiam als auch der bisherige Präsident António Horta-Osório erlaubt hatten – und die wenig bis gar nichts mit schweizerischem Selbstverständnis oder zumindest mit dem schweizerischen Selbstverständnis von «gewöhnlichen» Managern zu tun hat.

Präzedenzlose Zäsur

Dass es diesmal zu einer radikalen und in der Schweizer Bankengeschichte präzedenzlosen Zäsur bei der CS kommen würde, zeichnete sich bereits am Freitagabend ab, als die relevanten Kaderleute nach 20 Uhr aufgefordert wurden, sich am Wochenende bereit zu halten. Dem war eine interne Untersuchung eines Verwaltungsrats-Ausschusses vorausgegangen, wie finews.ch exklusiv berichtet hatte, und die darauf abzielte, die Verstösse Horta-Osórios im Zusammenhang mit den Quarantäne-Vorschriften abzuklären.

Federführend waren in diesem Komitee CS-Vizepräsident Severin Schwan sowie die Verwaltungsräte Richard Meddings und Christan Gellerstad. Im Verlauf des Wochenendes kam man nicht nur rasch zum Schluss, dass ein eindeutiges Fehlverhalten Horta-Osórios vorlag, sondern dass es vor allem kein «Weiter» in dieser Konstellation gab.

Privatjet kam nicht gut an

Die Glaubwürdigkeit des Präsidenten, der die CS zu neuem Erfolg führen sollte, war nicht mehr gegeben. Besonders sauer stiess dem Verwaltungsrat neben der Missachtung der Quarantäne-Regeln Horta-Osórios rege Verwendung von Privatjets für seine (Geschäfts-)Reisen, wie intern zu vernehmen war.

So stellte der Verwaltungsrat in seinem entscheidenden Board-Meeting am Sonntag seinen eigenen Präsidenten vor die Wahl: Entweder er tritt aus eigenen Stücken ab, oder aber er wird suspendiert, ein Nachfolger unmittelbar ernannt und an der Generalversammlung im kommenden April offiziell abgewählt.

Geordneter Ablauf

Es liegt auf der Hand, dass sich Horta-Osório für die erste Variante entschied, um die Affäre möglichst rasch zu einem Abschluss zu bringen und gleichzeitig die bereits ins Schleppen geratene Reorganisation nicht zusätzlich zu beeinträchtigen. «Schliesslich war es ein geordneter Ablauf», sagt eine mit der Sache vertraute Person.

Noch am Sonntagabend zog die CS in Betracht, am Montag die Medien in einem Conference Call zusätzlich zu informieren. Sie kam jedoch davon wieder ab, weil sie die Angelegenheit möglichst rasch ad acta legen möchte. So bleibt ein trockenes Communiqué übrig, das die Arbeit Horta-Osórios in knappen Sätzen würdigt – mehr nicht. Ein denkbar schlechtes Zeugnis für einen zuvor dermassen hoch gehandelten Manager, der in Grossbritannien sogar zum Ritter geschlagen wurde.

Der lachende Dritte

Als lachender Dritter steht nun CEO Gottstein da. Wenige Monate nach Horta-Osórios Amtsantritt war er massiv unter Druck geraten, nachdem die britische Zeitung «Financial Times» (Artikel hinter Bezahlschranke) seine Person und Arbeit herabgetan hatte. Offenbar wollte jemand (in London) dem CS-Präsidenten noch zusätzlichen Rückenwind verschaffen, was sich jedoch als kontraproduktiv erwies.

Zwar mimten Gottstein und Horta-Osório in einem Interview im «Sonntagsblick» noch trautes Einvernehmen, doch die Bande zwischen den beiden Managern war schon längst entzwei. «Es stimmt, dass Horta-Osório Thomas Gottstein in operativen Belangen reingeredet hat», sagt ein mit der Sache vertrauter CS-Kadermann. Darum sei es immer schwieriger für Gottstein geworden, mit Horta-Osórios zusammenzuarbeiten. «Für Thomas Gottstein ist die Demission Horta-Osórios respektive die Ernennung Lehmanns ein willkommener Schritt», stellt der CS-Kadermann fest.

Alte Bekannte

Gottstein und Lehmann kennen sich gut, waren sie doch eine Zeit lang bei den beiden Schweizer Grossbanken in verwandten Funktionen tätig: Gottstein als CS-Schweiz-Chef von 2016 bis 2020; Lehmann als UBS-Schweiz-Chef von 2018 bis 2021. Ausserdem dürfte das Kulturverständnis zwischen dem Zürcher Gottstein und dem Berner Lehmann ähnlicher sein als in der Konstellation zuvor.

Insofern kann die CS das Wort «Suisse» in ihrem Markennamen wieder mit etwas besserem Gewissen tragen als auch schon.

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