Die Schweizer unabhängigen Vermögensverwalter werden in den kommenden Jahren Hunderte neue Kundenberater benötigen, besagt eine neue Studie. Das macht die Beziehung der Branche zu den Banken nochmals komplizierter.

Derzeit sind es die Privatbanken, die mit der massenhaften Rekrutierung von Kundenberatern, zumal von Ehemaligen der Credit Suisse (CS), von sich reden machen. Doch das könnte sich künftig ändern. Wie die am Freitag publizierte Branchenstudie «Strategische Weichenstellungen» zum Schweizer Markt der unabhängigen Vermögensverwalter (EAM) aufzeigt, werden sich auch die Finanz-KMU vermehrt um die besten Talente der Industrie schlagen.

Die Untersuchung wurde von der Beratungsfirma Advea und der Holdinggesellschaft Cinerius durchgeführt. Letztere ist sowohl in der Schweizer wie auch in Deutschland als Konsolidierin von unabhängigen Vermögensverwaltern zugange. An der Studie teilgenommen haben Schweizer EAM verschiedener Grösse, die über eine Lizenz der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (Finma) verfügen. Es wurden dazu auch Vertiefungsgespräche mit mehr als 50 Branchenakteuren geführt, die die zusammengenommen 48 Milliarden Franken an Vermögen verwalten.

Es droht ein «War for Relationship Managers»

Das Mittelfrist-Szenario gemäss der Studie: In den kommenden drei Jahren steigt der Bedarf an neuen Kundenberatern für EAM auf über 1'000 Kundenberater. Und diese wollen die Vermögensverwalter mehrheitlich von Banken abwerben. In der Folge komme es zu einem «War for Relationship Managers» zwischen EAM und den Banken, erwarten die Studienautoren.

 

Erwartetes Kundenberater-Wachstum bis 2026 (Grafik: Cinerius) 

Die befragten EAM bereichten dabei durchwegs von wachsenden Personalbeständen; jedes dritte befragte Unternehmen will ausserdem in zwei Jahren bis zu zwei neue Frontleute eingestellt haben (siehe Grafik oben). Dies widerspiegelt auch, dass die unabhängigen Vermögensverwalter den Wandel der Bankenbranche bereits leicht kompensiert haben.

Privatbanken müssen Federn lassen

Die Studienteilnehmenden erwarten, dass die EAM-Marktanteile auf Kosten grosser und mittlerer Privatbanken wachsen werden (siehe Grafik unten). So geht die Hälfte der Umfrageteilnehmenden von einem Marktanteilsverlust solcher Geldhäuser aus, welche einerseits als Depotbanken wichtig, anderseits auch die primären Wettbewerber von EAM bei der Beratung einer wohlhabenden Kundschaft sind. Insbesondere die grossen EAM, welche über 1 Milliarden Franken an verwalteten Vermögen aufweise, wollen mittleren und grossen Privatbanken Kundenberater abwerben.

Dazu passt, dass 71 Prozent der befragten EAM für sich selber bis 2025 sehr selbstbewusst einen wachsenden Marktanteil erwarten. Dies auf Kosten von kleinen, mittleren und grossen Privatbanken. 17 Prozent der Teilnehmenden rechnen mit einer stabilen Lage, und lediglich 12 Prozent mit einem schrumpfenden Geschäft, so der Report.

 

Einschätzung der Entwicklung der Marktanteile bis 2025 (Grafik: Cinerius) 

Auch EAM dürfen nicht stillstehen

Die Chancen im Wettbewerb um Frontpersonal stehten dabei für die EAM nicht schlecht, folgt man dem Report. Laut den Befragten begünstigen etwa die fehlende Flexibilität und die veraltete Produkt- und Preispolitik der Banken den Wechsel in die unabhängige Vermögensverwaltung. Darüber hinaus geben die Umfrageteilnehmenden an, dass EAM einen besser auf die Kunden fokussieren würden und de facto unabhängig seien, was zu einer persönlichen Nähe zur Klientel führen würde.

Der zunehmende Wettbewerb zwischen EAM und Banken bewerten die Studienautoren als positiv. Der Wandel sei wichtig für den Erfolg der Branche. Jedoch müssten sich unabhängige Vermögensverwalter weiterhin um attraktive Arbeitsbedingungen und ein unternehmerisches Umfeld bemühen, um Kundenberater von Banken anzulocken.