Risikomanagement: Banken sind am Anschlag

Die Risikomanager der Banken haben derzeit alle Hände voll zu tun. Geopolitik, Zölle oder auch eine zunehmende Regulierung machen ihnen die Arbeit nicht leichter.

Wenn es darum geht, Ausfallrisiken in den eigenen Kreditportfolios zu erkennen, gab es für Banken sicher schon einfachere Zeiten als derzeit. Laut einer Umfrage unter Risikomanagern werden derzeit in gleich mehreren Bereichen steigende Bedrohungen gesehen.

Die Schweizer Chief Risk Officers (CRO) seien durch geopolitische Unsicherheit, Zölle und Regulierung zunehmend gefordert, schreibt das Beratungsunternehmen AlixPartners in der am Freitag veröffentlichen «CRO-Studie»

Die Ergebnisse beruhen auf der Befragung von Risikomanagern von Grossbanken, Spezialinstituten und Digitalbanken im DACH-Raum (Deutschland, Schweiz und Österreich).

Laut der Umfrage haben bereits 88 Prozent der befragten CROs ihre bestehenden Frühwarnsysteme zur Erkennung von Ausfallrisiken angepasst. Weitere 67 Prozent sehen geopolitische und wirtschaftliche Unsicherheiten als Hauptbelastungsfaktoren für ihre Kreditbestände. Hinzu kommen Handelskonflikte mit wichtigen Partnerländern wie den USA, welche die Stabilität der Kreditportfolios zusätzlich beeinträchtigen würden.

Operative Herausforderungen

Parallel dazu würden Sanktions- und Handelsregime den Alltag der CROs erschweren. 45 Prozent der Befragten nennen demnach die Geschwindigkeit regulatorischer Änderungen im Sanktionsumfeld als operative Herausforderung.

Schweizer CROs seien durch die Sanktionskomplexität und Exportabhängigkeit besonders gefordert, wie es weiter heisst.

Vor diesem Hintergrund müssten die CROs in der Schweiz ihr Risikomanagement neu kalibrieren. «Die Exportabhängigkeit gegenüber den USA, die Rolle der Schweiz als Drittstaat im Sanktionskontext und die zunehmende Komplexität der entsprechenden Vorschriften erfordern ein agiles Risikomanagement», sagt Veit Buetterlin-Goldberg, bei AlixPartners Co-Lead DACH. «Die klassischen Frühwarnsysteme der Banken sind unter Dauerstress und müssen erweitert werden.»

Grosses Potenzial gebe es dabei im Bereich von Automatisierung und Künstlicher Intelligenz. Gleichzeitig würden viele Institute vor der hochkomplexen Herausforderung stehen, die regulatorischen Anforderungen und die digitale Transformation in Einklang zu bringen.

Auseinanderdriftende Prioritäten

«Generell stellen die regulatorischen Entwicklungen in der EU, den USA und der Schweiz aufgrund auseinanderdriftender Prioritäten eine grosse Herausforderung für international tätige Institute dar», betont Ralph Kreis, Partner und Managing Director im Zürcher Büro von AlixPartners. «Diese Entwicklungen führen zu höherer Komplexität, potenziellen Zielkonflikten zwischen Ländergesellschaften und damit auch zu höheren Kosten für das Gesamtinstitut.» Diese Kosten müssten durch Einsparungen kompensiert werden, damit die Wettbewerbsfähigkeit weiterhin gewährleistet bleibe.

Zudem zwinge der Fachkräftemangel zum Umdenken. 50 Prozent der CROs planen ihr Personal auszubauen, insbesondere in analytischen und technologiebezogenen Funktionen. Gleichzeitig würden 27 Prozent eine Verlagerung von CRO-Funktionen in kostengünstigere Regionen erwägen. Besonders gefragt sei Know-how in Compliance-Risikoanalyse und Risk Management.

Die IT- und Regulierungskosten würden die Budgets stark belasten. 73 Prozent geben an, dass IT-Kosten – etwa für Digitalisierung, Umsetzung neuer Regulatorik oder den Ausbau von Dateninfrastruktur und Cybersecurity – aktuell einen der grössten Budgetposten darstellen.

KI in weiteren Einsatzgebieten nutzen

Alle Befragten sehen KI als relevant für die künftige Ausrichtung des Risikomanagements. Doch nur 28 würden aktuell entsprechende Anwendungen systematisch nutzen. Das beziehe sich vor allem auf Pilotprojekten für Monitoring, Modellierung und Compliance.

Als künftige Einsatzgebiete werden standardisierte, ressourcenintensive Bereiche wie Prognosen, Transaktionsüberwachung, Reporting und Onboarding gesehen. «Die Befragten betonen dabei das enorme Potenzial für Automatisierung und Standardisierung bei Kreditprozessen, mit dem Ziel, von einer Einzelfallbetrachtung hin zu einer Portfolio-Perspektive gelangen», schreiben die Autoren.

«KI bietet Banken im Risk-Bereich perspektivisch erhebliches Optimierungspotenzial bei Effizienz und Kosten, unter anderem durch Automatisierung und Standardisierung», sagt Partner & Managing Director Stefan Duderstadt. «Besonders bei Kreditprozessen, der Transaktionsüberwachung und der Betrugsprävention sehen wir in der Schweiz wachsenden Handlungsbedarf.»

Durch die Zusammenarbeit mit spezialisierten Anbietern könnte die Integration praxistauglicher Lösungen beschleunigt und typische Praxisfehler vermieden werden, schreiben die Unternehmensberater.

AlixPartners wurde 1981 von Jay Alix gegründet und hat seinen Hauptsitz in New York. An weltweit 26 Standorten arbeiten 3'500 Mitarbeitende. In Zürich ist das Unternehmen seit mehr als zehn Jahren aktiv.