Eine Annahme der Vollgeld-Initiative würde die Schweiz in ein noch nie erprobtes Konzept und damit in ein historisch einmaliges und mit erheblichen Unsicherheiten behaftetes Experiment zwingen, findet Daniel Kalt.

Von Daniel Kalt, Chefökonom und Regional Chief Investment Officer Schweiz der UBS. Er hat den Artikel auf Linkedin publiziert.

Am 10. Juni wird das Schweizer Stimmvolk über die Vollgeld-Initiative befinden. Die Initianten versprechen viel, sogar sehr viel, doch der Preis dafür wäre hoch. Um Banken gegen einen Bank-Run abzusichern und um neue Einnahmequellen für den Staat zu erschliessen, wollen sie unser Geldwesen total umbauen.

Der Übergang zum Vollgeld-Regime wäre mit enormen Unsicherheiten verbunden, denn es ist völlig ungewiss, ob das in der Praxis noch nie erprobte System überhaupt funktioniert. Ausserdem würden mit der Einführung von Vollgeld den Privathaushalten wie auch den Schweizer KMU enorme Nachteile aufgebürdet.

Was ist genau unter Vollgeld zu verstehen?

Im Wesentlichen geht es darum, dass sowohl Privatpersonen wie auch Unternehmen ihre auf Sicht fälligen und somit jederzeit abrufbaren liquiden Bankeinlagen nicht mehr bei einer Bank ihrer Wahl auf der Bilanz halten dürften. Banken müssten in einem Vollgeld-System die Transaktions- und Lohnkonten ihrer Kunden ausserhalb der Bankbilanz führen, ähnlich einem Wertschriftendepot.

Auf Franken lautende Sichteinlagen und damit im Prinzip alle liquiden Zahlungsmittel würden wie Münzen und Noten vollumfänglich nur noch durch die Schweizerische Nationalbank (SNB) herausgegeben, daher der Name «Vollgeld».

Refinanzierungsgelder brechen weg

Die bisherigen Sichtgelder würden den Banken in ihrem klassischen Bilanzgeschäft als Refinanzierungsquelle zur Finanzierung von Hypothekar- oder KMU-Krediten entzogen. Welche enormen Summen an Refinanzierungsgeldern den Banken wegbrechen würden, zeigt ein Blick in die Bankenstatistik der SNB. Von den heute rund 1'000 Milliarden Franken durch die Banken gewährten Hypothekarkredite sowie den 125 Milliarden Franken Firmenkredite sind rund 550 Milliarden Franken durch Sichteinlagen auf der Passivseite der Banken finanziert.

Beim Übergang in das neue Vollgeldregime ist zwar vorgesehen, dass die SNB den Banken mit einem Überbrückungskredit die Löcher auf der Passivseite der Bilanz stopfen und so hohe gesamtwirtschaftliche Risiken auf ihre Bilanz laden soll. Dies würde allerdings nur zeitlich begrenzt zugelassen und die SNB müsste ihre Überbrückungskredite an die Banken sukzessive zurückfahren. Die Banken müssten in der Folge auf andere, teurere Finanzierungsquellen zurückgreifen.

Gewichtige Nachteile für Private und KMU

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