Offenbar haben weder Josef Ackermann noch die Zurich-Versicherung bei der Witwe von Pierre Wauthier ums Einverständnis nachgefragt, den Abschiedsbrief des verstorbenen CFO zu thematisieren. Wauthies Witwe wollte den Brief an der Abdankungsfeier zunächst vorlesen.

Nun meldet sich die Witwe des Zurich-Finanzchefs Pierre Wauthier, der vergangene Woche Selbstmord begangen hatte, zu Wort. Sie sagt gegenüber der Zeitung «Schweiz am Sonntag»: «Ich habe den ganzen Zirkus nicht an die Öffentlichkeit gebracht.»

Wer behaupte, «die Familie» sei der Auslöser für den Wirbel, «der lügt», so die Frau weiter. Sie steht im öffentlichen Rampenlicht, seit der Versicherungskonzern Zurich Insurance am vergangenen Donnerstagmorgen die Demission von Josef Ackermann (Bild) als Verwaltungsratspräsident bekanntgegeben hatte.

Abschiedsbrief in ausgesuchten Worten

Offenbar haben weder Josef Ackermann noch die Versicherung bei der Witwe um ein Einverständnis nachgefragt, den Abschiedsbrief zu thematisieren.

Das Schreiben umfasst gemäss «Sonntagszeitung» eine Seite, ist maschinengeschrieben und von Hand unterzeichnet. Der französisch-britische Doppelbürger hatte die englische Sprache für seine letzte Botschaft gewählt. Der Brief sei in ausgesuchten Worten formuliert, der Tonfall weder aggressiv noch gewalttätig, so ein Informant in der Zeitung. Aber Resignation und Groll hätten durchgeschimmert; dass es unmöglich sei, mit einer Person wie Josef Ackermann zusammenzuarbeiten. Auf ein anderes Thema gehe der Brief nicht ein.

Mehr Fragen als Antworten

Zunächst war der Suizid, der am Montag publik geworden war, in den Medien nur ein kleines Thema gewesen. Die Lawine kam ins Rollen, nachdem in dem «Zurich»-Communiqué vom Donnerstag Ackermann wie folgt zitiert worden war: «Ich habe Grund zur Annahme, dass die Familie meint, ich solle meinen Teil der Verantwortung hierfür tragen, ungeachtet dessen, wie unbegründet dies objektiv betrachtet auch sein mag.»

Diese Aussage warf mehr Fragen auf, als sie beantwortete. Und sie lenkte die Aufmerksamkeit auf die Familie, die offenbar prompt üble Reaktionen erhielt, wie Recherchen der «Schweiz am Sonntag» zeigen – nach dem Muster «rachsüchtige Witwe».

Die Witwe greift nun Ackermann und den Zurich-Versicherungskonzern direkt an. Diese hätten mit dem Demissionsschreiben vom Donnerstagmorgen den Suizid erst zum Thema gemacht.

«Minenfeld der Emotionen»

Wie die «Sonntagszeitung» weiter berichtet, wollte die Witwe Wauthiers den Abschiedsbrief an der Abdankungsfeier vorlesen. Doch auf ein solches «Minenfeld der Emotionen» wollte sich Ackermann gar nicht erst begeben, wie die Zeitung weiter schreibt.

So war denn an seiner letzter Verwaltungsratssitzung die Absicht, welche die Witwe gegenüber mehreren Zurich-Mitarbeitern ausgesprochen hatte, kein Thema mehr – offenbar ist sie wieder davon abgekommen, den Brief öffentlich zu machen. Weiter schreibt die «Sonntagszeitung»: Die Witwe empfinde Ackermanns Demissionierung als moralische Genugtuung, wie man bei der Zurich vernehme.

Weitere Eskalation

Die Situation droht nun noch weiter zu eskalieren. Seit seinem hastigen Rücktritt als Präsident der Zurich Versicherungsgruppe streut das Umfeld von Josef Ackermann offenbar Gerüchte, die den Konzern in ein schlechtes Licht rücken, wie die «NZZ am Sonntag» berichtet.

So heisst es etwa, zwischen dem verstorbenen Finanzchef Wauthier und Verwaltungsratspräsident Ackermann habe es «unterschiedliche Vorstellungen» über die buchhalterische Praxis gegeben. Ackermann habe es nicht zulassen können, «dass die Dinge besser dargestellt werden, als sie sind».

Konzernchef gibt Gegensteuer

Konzernchef Martin Senn setzt sich nun vehement gegen die Darstellung zur Wehr, die Zurich habe Zahlen geschönt. «Die Halbjahreszahlen, welche ja im Übrigen vom Verwaltungsrat genehmigt werden, sind korrekt ausgewiesen worden», so Senn gegenüber der «NZZ am Sonntag». Die Zurich sei gut aufgestellt, habe eine starke Bilanz und generiere hohe Cashflows.

Er habe «keinerlei Hinweise» für Diskussionen zwischen Wauthier und Ex-Präsident Ackermann.

Wolke über dem Unternehmen

Weiter räumt Senn ein, dass die Reputation des Versicherers durch die jüngsten Ereignisse gelitten habe. «Ich arbeite jetzt daran, dass wir diese Wolke, die sich über das Unternehmen gelegt hat, wieder wegblasen können», so der Konzernchef.

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