UBS-Präsident Axel Weber schien das Steuer der Schweizer Grossbank fest im Griff zu haben. Doch seine glücklose Nachfolgeregelung mit Ralph Hamers an der Spitze der Bank droht sein ganzes Vermächtnis in Frage zu stellen. 

So hat sich Axel Weber seine letzten 14 Monate an der Spitze der UBS kaum vorgestellt. Der Verwaltungsratspräsident der grössten Schweizer Bank wollte seine zehnjährige Amtszeit 2022 auf dem Höhepunkt beenden – und zwar wenn dann zumal mit Ralph Hamers (Bild unten) einer der talentiertesten Bankinnovatoren Europas fest im Sattel sitzt und die einst träge UBS bereits ein gutes Stück verschlankt und modernisiert hat. Doch daraus wird vermutlich nichts.

Stattdessen muss Weber nun über einen Plan B nachdenken, den er zusammen mit seinen Verwaltungsratskolleginnen und -kollegen relativ rasch entwickeln sollte. Denn je länger er wartet, desto prekärer könnte die Situation werden und der UBS einen riesigen Reputationsschaden verursachen.

Kaum mehr tragbar

Konkret muss sich das Aufsichtsgremium der Bank die kapitale Frage stellen, wie lange sie ihren CEO, Hamers, noch stützen will, dem in Holland eine bis zu 18-monatige Strafuntersuchung wegen eines Geldwäschereifalls bei seiner früheren Arbeitgeberin, der ING-Bank droht. Unter diesen Prämissen wäre der Manager als UBS-Chef kaum mehr tragbar. 

Die Wahrscheinlichkeit, dass die Verantwortlichen der Schweizer Grossbanken die Sache einfach «aussitzen» können, schwindet buchstäblich von Tag zu Tag, wie Personen erklären, die mit der Angelegenheit vertraut sind. Darum arbeite der Verwaltungsrat bereits an einem Plan mit einem Zeithorizont von sechs Monaten. Innert dieser Frist müsse die «extrem unvorteilhafte Situation» gelöst sein, heisst es weiter. Die UBS wollte sich auf Anfrage von finews.ch dazu nicht äussern.

Radikale Digitalisierung

Ralph Hamers 5011 copy

Schwieriger könnte die Ausgangslage kaum sein. Denn einerseits ist die UBS dringend auf einen Manager angewiesen, der die ganze Bank einer radikalen Digitalisierung unterzieht, und andererseits kann sie sich keinen operativen Chef leisten, der durch einen Rechtsfall im Ausland vom Tagesgeschäft absorbiert wird.

Bislang wollte es der UBS-Verwaltungsrat Hamers selber überlassen, in dieser Angelegenheit Klarheit zu schaffen. «Er gilt sozusagen als Dosenöffner dafür, was als Nächstes geschehen soll», heisst es aus Finanzkreisen. Doch mittlerweile fühlt man sich im Verwaltungsrat gedrängt, selber das Heft in die Hand zu nehmen – darum der Plan.  

Bittere Pille

Für UBS-Präsident Weber ist es eine bittere Pille, die er jetzt zu schlucken hat, zumal er Hamers Ernennung zu einem grossen Teil im Alleingang durchgeboxt und die übrigen Verwaltungsratsmitglieder damit brüskiert hatte. Er kennt und schätzt den Holländer vor allem vom Institute of International Finance (IIF), der einzigen globalen und entsprechend mächtigen Vereinigung von Finanzinstituten, wo sich beide regelmässig trafen.

Webers Amtszeit als UBS-Präsident erweist sich zunehmend als eine zwiespältige Erfahrung. Weder ist es ihm gelungen, die UBS strategisch zu transformieren, noch bewies er in der ganzen Nachfolgeregelung an der operativen Spitze ein glückliches Händchen. Kommunikativ verbreitete er über Monate widersprüchliche Signale ob, wann und wie der damalige CEO, Sergio Ermotti, abgelöst würde.

In Paris vor Gericht

Das wiederum führte im Verwaltungsrat selber zu einigem Unmut – genauso wie die Tatsache, dass die UBS in Frankreich nach wie vor in einen Rechtsfall wegen angeblicher Beihilfe zur Steuerhinterziehung von Kunden verwickelt ist. In sieben Wochen stehen die UBS-Verantwortlichen in Paris vor Gericht, um die Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil aus dem Jahr 2019 einzulegen.

Das Ganze könnte der Bank teuer zu stehen kommen. Im schlimmsten Fall stünde also UBS-Chef Hamers in Holland vor Gericht, während sich die UBS vor den Schranken der Justiz in Frankreich zu verantworten hätte.  

Weber ist fairerweise zugute zu halten, dass er kaum ahnen konnte, dass sich in den Niederlanden ein derartiger Sturm in Sachen Strafuntersuchung zusammenbrauen könnte. Dies, nachdem sogar Gerrit Zalm, ein ehemaliger holländischer Finanzminister, der später ins Banking wechselte, nun ebenfalls in den Fall verstrickt ist. Allerdings hat sich Weber zur Bewertung des Falls auf einen externen Bericht abgestützt, der von einer externen Executive-Search-Firma erstellt worden war, und nicht von der UBS selber, wie der «Tages-Anzeiger» (Artikel kostenpflichtig) unlängst berichtete.

Erster Auftritt

Am morgigen Dienstag wird Hamers erstmals in seiner Funktion als UBS-Chef die Ergebnisse für das vierte Quartal 2020 sowie für das vergangene Gesamtjahr präsentieren. Laut UBS-Insidern will er diese Gelegenheit nutzen, um seinen Plan für die Reorganisaton der grössten Schweizer Bank zu präsentieren.

Wie gut ihm das gelingt, wird ein wichtiges Indiz dafür sein, ob er das Zeug zum CEO der grössten Schweizer Bank hat. Allerdings dürfte die Frage nach seiner unmittelbaren beruflichen Zukunft noch stärker im Fokus stehen – und für einige Ablenkung sorgen.  

Urgestein in Warteposition

Während der UBS-Verwaltungsrat nun auf die informelle Frist bis Mitte des Jahres zusteuert, um die Situation um Hamers zu klären, hat sie auch schon interne Kandidaten als Alternativen geprüft. In Frage kommen die neue UBS-Schweiz-Chefin Sabine Keller-Busse sowie den Co-Chef im Wealth Management, Iqbal Khan.

Rein vom Know-how und der Erfahrung her wäre allerdings ein anderer UBS-Topmanager gesetzt: Tom Naratil, der andere Co-Chef im Wealth Management. Der 60-jährige Amerikaner startete seine Banker-Karriere 1983 beim US-Institut Paine Weber, das die UBS im Jahr 2000 übernahm. Seither hält er der Schweizer Grossbank die Stange.

Externe Kandidaten wie Jean-Pierre Mustier, zuletzt Chef der italienischen Unicredit, oder auch Andrea Orcel, der eine Zeit lang die UBS-Investmentbank leitete, bevor der das Unternehmen verliess, gelten als wenig wahrscheinlich. Mehr denn je müsste die UBS Stabilität signalisieren, sollte Hamers tatsächlich das Handtuch werfen.


 Mitarbeit: Peter Hody

 

Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
  • Julius Bär, weil der Kurs seit dem Signa-Debakel genügend gesunken ist.
    20.79%
  • Vontobel, weil das Unternehmen 2024 die Wende im Asset Management schaffen wird.
    8.31%
  • EFG International, weil die Bank keinerlei interne Probleme bekundet und stark wächst.
    15.49%
  • UBS, weil die Grossbank auch als Privatbank enormes Potenzial bietet.
    45.63%
  • Banque Cantonale Vaudoise, weil sie unter den Kantonalbanken ein grosses Private Banking anbietet.
    9.78%
pixel