Banking müsse viel einfacher werden, sagt Basil Heeb im Interview mit finews.ch. Der CEO der Basler Kantonalbank verrät im Gespräch auch seine gesamtschweizerischen Ambitionen, und weshalb er zum Schluss kam, das Innovationslabor der Bank zu schliessen.


Herr Heeb, bei der kürzlichen Präsentation ihrer neuen Strategie sagten Sie, dass das Banking einfacher werden soll. War es denn schwierig vorher?

Als Bankkunde erleben Sie wohl manchmal auch, wie schwierig manche Prozesse sein können, etwa bei einer Kontoeröffnung oder beim Kauf von Finanzprodukten. Im Gegensatz dazu ist beispielsweise der Onboarding-Prozess unserer Smartphone-Bank Zak viel einfacher. Genau in diese Richtung müssen wir im Banking ganz allgemein gehen.

Können Sie das genauer erklären?

Der Zugang zu Banken und Bankprodukten muss spürbar einfacher werden. Das heisst, der Selbstbedienungsgrad muss zunehmen, so dass man überall und immer auf Finanzdienstleistungen zurückgreifen kann – übers Handy etwa, das man immer bei sich hat.

Trotz dieser klaren Vorstellungen mussten Sie mit Ihrer neuen Strategie in der Branche einige Kritik vergegenwärtigen. Sie sei austauschbar und wenig innovativ war zu hören. Tatsächlich haben Sie Ihr Innovationslabor geschlossen und Ihre Pläne für den Handel mit digitalen Vermögenswerten begraben. Was bleibt da noch?

Sehr viel! Erstens wir wollen auf unseren Stärken aufbauen, das heisst auf unserer bewährten Marke, auf unserer Kapitalstärke, auf unserer breiten Kundenbasis und auf unseren sehr guten Beratungsansatz, der zu engen Kundenbeziehungen verhilft, die profitabel wachsen.

Damit unterscheiden Sie sich aber nicht unbedingt von anderen (Kantonal-)Banken.

Nachhaltigkeit spielt ebenfalls eine zentrale Rolle in unserer Strategie. Wir haben nicht mehr eine Geschäfts- und eine Nachhaltigkeitsstrategie, sondern Nachhaltigkeit ist ein integraler Bestandteil der gesamten Geschäftsstrategie. So können wir sie viel stärker in unserem Kerngeschäft verankern.

Konkret?

Indem wir zum Beispiel bis Ende der Strategieperiode 2025 in jeder Produktkategorie nachhaltige Alternativen anbieten werden. Weiter umfasst die Nachhaltigkeit unsere betriebliche Organisation und die damit verbundenen Prozesse. Die dritte wichtige Botschaft unserer neuen Strategie sind Partnerschaften, die wir vermehrt eingehen möchten, um neue Märkte schneller zu entwickeln und unser Angebot auszubauen.

«Wir wollen den Selbstbedienungsgrad radikal erhöhen»

Viertens wollen wir effizienter und produktiver werden, indem wir Prozesse vereinfachen, digitalisieren und unsere IT mit API-Schnittstellen öffnen. Aktuell implementieren wir eine neue E- und Mobile-Banking-Infrastruktur, mit derer wir den erwähnten Selbstbedienungsgrad radikal erhöhen.

Können Sie einige Partnerschaften nennen, die auf Ihrer neuen Strategie beruhen?

Für die Entwicklung Strukturierter Produkte unterhalten wir keine eigene Infrastruktur, sondern arbeiten mit der Firma Leonteq zusammen. Eine andere Partnerschaft besteht mit dem Verein «colourkey», der in Basel das Jugendsegment anspricht und Zugang zu Hunderten von Freizeitaktivitäten bietet. Wir verhandeln derzeit auch über eine Partnerschaft mit den Industriellen Werken Basel (IWB) sowie mit dem Forstrevier Frenkentäler zur Neutralisierung unserer betrieblichen CO2-Emissionen.

«Digitale Assets sind eine unglaublich spannende Technologie, die weit über Kryptowährungen hinausgeht»

Das hat zwar nicht direkt mit Banking zu tun, aber sehr viel mit nachhaltiger Verantwortung. Auch im Bereich digitaler Vermögenswerte haben wir keine eigene Infrastruktur geplant, sondern hätten auf derjenigen der Kryptobank Sygnum aufgebaut.

War das der Grund, dass Sie sich aus einem Krypto-Projekt zurückgezogen haben, das Sie zuvor höchst medienwirksam angekündigt hatten?

Nein, wir haben lediglich festgestellt, dass dieses Thema für uns nicht oberste Priorität hatte. Auch aus Kundensicht ist das nicht der Bereich, in dem wir primär wachsen oder die Kundschaft solche Produkte von uns erwartet.

Wie stehen Sie persönlich zu digitalen Vermögenswerten?

Digitale Assets sind eine unglaublich spannende Technologie, die viel Potenzial besitzt und weit über Kryptowährungen hinausgeht. Darum muss man dieses Gebiet im Auge behalten.

Das hätte Ihr Innovationslabor tun können, das Sie aber unlängst geschlossen haben. Warum?

Dieser Entscheid war Teil unserer Strategiediskussion, bei der es darum ging, wie wir die Innovation innerhalb der Bank vorantreiben können, und nicht in einer externen Organisation. Wir müssen die Innovation von innen her in allen unseren Geschäftsfeldern fördern, weil nur dies in letzter Konsequenz den Kundinnen und Kunden zugutekommt.

«Mehr als 90 Prozent der Zak-Kunden sind Neukunden für den Konzern»

Die Schliessung war keine Absage an die Innovation, sondern die Konsequenz, dass wir Innovation von innen heraus betreiben wollen.

Ihre landesweit tätige Tochtergesellschaft, die Bank Cler, gibt sich seit ihrem Start 2017 innovativ. Aber braucht es dieses Finanzinstitut wirklich?

Die Bank Cler ist eine einzigartige Opportunität – für den gesamten Konzern BKB. Dank der Bank Cler wachsen wir gesamtschweizerisch. Welche andere Kantonalbank kann das von sich behaupten?

Was zeichnet die Bank Cler aus – gegenüber der BKB?

Die Bank Cler ist viel fokussierter und konzentriert sich auf drei Geschäftsfelder: das Retail- und das Private Banking sowie auf das Immobiliengeschäft, während andere Bereiche wie das Firmenkundengeschäft, das Asset Management oder der Handel klar bei der BKB liegen. Zudem ist die Bank Cler im Auftritt moderner und frischer – und in der Werbung frecher. Die Bank Cler hat Zak und spricht damit vor allem jüngere, digital-affine Kunden an.

Um Zak ist es ruhiger geworden.

Ich bin zufrieden mit der Entwicklung. Sie geht kontinuierlich vorwärts. Zak ist ein enorm wichtiger Kanal, um Kundinnen und Kunden zu erreichen, die wir bisher nicht ansprechen konnten. Mehr als 90 Prozent der Zak-Kunden sind Neukunden für den Konzern.

«So entwickeln wir unsere Kundenbeziehungen weiter»

Wir schieben also nicht einfach Kunden von der Bank Cler oder der BKB zu Zak. Wir haben nun einen Pool von rund 45'000 Kundinnen und Kunden, die wir einerseits bedienen, denen wir aber auch zusätzliche Leistungen von der BKB oder von der Bank Cler anbieten können. So entwickeln wir unsere Kundenbeziehungen weiter.

Sind Zak-Kundinnen und -Kunden alles 18-25-jährige – oder vielleicht eher über 65?

In der Verteilung gibt es sicherlich einen hohen Anteil an 18-25-Jährige. Zudem sehen wir eine Konzentration bei den «Mittelalterlichen», die tech-affin sind. Sie schätzen die Einfachheit der App, oder ihre Kinder machen sie damit vertraut.

BKB, Cler und Zak, die Infrastruktur im Konzern ist bei allen drei Marken weitgehend die gleiche. Mit dieser Vereinheitlichung haben Sie einen Stellenabbau in Kauf genommen.

Ja, das hat zu einem leichten Stellenabbau geführt. Gleichzeitig konnten wir unsere Kompetenzen bündeln und auch unsere Investitionen, die wir nun nur noch einmal tätigen müssen. Wir brauchen nicht zweimal die Bereiche Accounting, Controlling, Legal oder Compliance. Diese Dienste haben wir zu Kompetenzzentren zusammengeführt.

Werden Sie weitere Bereiche zusammenlegen?

Nein, wir sind jetzt da, wo wir sein möchten.

Führt die Digitalisierung nicht tendenziell zu einem geringeren Bedarf an Mitarbeitenden?

Natürlich, aber gleichzeitig sind auch andere Jobprofile gefragt. Im Schweizer Banking hat sich das aber noch nicht so stark niedergeschlagen. Man hat zwar neue Kanäle eröffnet, belässt aber vorerst einmal die alten.

Wie viele Personen beschäftigt das Stammhaus BKB?

Etwa 1'000.

Der Kanton Basel-Stadt ist klein. Wo finden Sie talentierte Mitarbeitende?

Weit über die Grenzen des Kantons Basel-Stadt hinaus. Wir haben Mitarbeitende, die aus dem Raum Zürich und sogar aus der Innerschweiz nach Basel pendeln. Wir haben auch Grenzgänger aus Deutschland und Frankreich.

Die BKB hat einen kleinen Heimmarkt. Was hat das für einen Einfluss auf die Strategie?

Wachstum ist für uns nur in Geschäften möglich, die über den Heimmarkt hinausgehen. Darum engagiert sich die BKB stark im Firmenkunden-, im Immobilien- sowie im Handelsgeschäft. Und darum ist auch die Bank Cler über unseren Heimmarkt hinaus tätig – alles Wege, um zusätzliches Wachstum zu generieren.

«Im Umkreis von 100 Meter finden Sie hier die gesamte Banken-Prominenz»

Natürlich bleibt der Heimmarkt zentral, und der Leistungsauftrag schreibt auch vor, dass alles, was wir unternehmen, die Stärkung des Heimmarktes nicht gefährden darf.

Was haben Sie sich gedacht, als die Basellandschaftliche Kantonalbank (BLKB) im vergangenen Jahr mitten in Ihrem Einzugsgebiet, am Barfüsserplatz in Basel, eine Filiale mit mehr als 20 Mitarbeitenden eröffnet hat?

Es ist ein Sinnbild dafür, dass die Grenzen des wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebens in der Region Basel enorm fliessend sind. Die Filialen spielen immer noch eine grosse Rolle, aber die Konkurrenz spielt auch auf anderen Gebieten.

Basel ist generell ein hart umkämpfter Markt.

Das ist tatsächlich so. Allein im Umkreis von 100 Meter finden Sie hier die gesamte Banken-Prominenz.

Das macht es nicht einfach für Sie?

Mit unserem Fokus und unserer lokalen Verankerung haben wir eine starke Position in diesem Markt. Aber es ist so, in Basel haben die Kundinnen und Kunden eine grosse Auswahl.

Wie hoch ist Ihr Marktanteil hier in Basel?

In unseren Kerngeschäften sind wir Marktführer, sei es im Retailbanking oder im KMU-Geschäft. Im Immobiliengeschäft auch. Der Marktanteil beträgt je nach Bereich schätzungsweise zwischen 30 und 70 Prozent.

Der Raum Basel grenzt auch ans Ausland. Wie wichtig sind Auslandskunden für die BKB?

Wir haben einen sehr tiefen Anteil, dabei handelt es sich vor allem um Grenzgänger. Das Offshore-Banking ist für uns kein Wachstumsgeschäft. Wir sehen eine gewisse Nachfrage. Doch in unserer neuen Strategie gilt das Crossborder-Geschäft nicht als Wachstumstreiber.

Braucht es denn zwei Kantonalbanken im Doppelkanton Basel? Würde eine nicht ausreichen?

Das ist nicht meine Entscheidung. Die Kantonalbanken gehören – wie es der Name sagt – den Kantonen. Und solange diese ein solches Institut haben wollen, funktioniert das so.

Basel ist auch ein Standort traditionsreicher Privatbanken. Wie begegnen Sie dieser Konkurrenz, zumal Sie ja ebenfalls in der Vermögensverwaltung für wohlhabende Personen und Familien tätig sind?

Es gibt verschiedene Hebel, bei denen wir ansetzen können. Der erste ist die Beratungsleistung. Gerade im gehobenen Segment muss sie umfassend sein. Vermögensverwaltung ist sicherlich das Kernprodukt, doch darum herum gibt es zusätzliche Dienstleistungen, die zählen, wie Finanzplanung, Erbschaftsberatung, Philanthropie. Je umfangreicher die Bedürfnisse werden, desto komplexer sind sie in der Regel. Qualität und Breite solcher Dienstleistungen sind entscheidend.

«Da haben wir tatsächlich noch eine Bringschuld»

Zweitens ist auch in diesem Segment Nachhaltigkeit enorm wichtig geworden. Die Kundinnen und Kunden verlangen nach solchen Anlageprodukten. Vom Neugeld in unserem Anlagegeschäft fliessen heute bereits 75 bis 80 Prozent in nachhaltige Finanzprodukte. Drittens ist Banking – besonders im Wealth Management – ein People’s Business. Unsere Nähe zum Kunden und zur Region sind ebenfalls grosse Vorteile.

Bald geht das Jahr zu Ende. Wie werden Sie 2021 abschliessen?

Es war ein sehr gutes Jahr, das uns einige positive Überraschungen beschert hat. Anfang 2021 hätte ich nie gedacht, dass die wirtschaftliche Erholung so stark und schnell vonstatten gehen würde. Das trägt zu einem guten Resultat bei. Die Aktienmärkte haben uns Rückenwind gegeben, indem sie eine schöne Performance hinlegten. Die Effizienzmassnahmen, die wir bereits vor zwei Jahren lanciert hatten, trugen erstmals auch Früchte. Insofern sind wir beim Ertragswachstum als auch beim Kostenmanagement auf sehr gutem Weg.

Bis 2025 wollen Sie eine Eigenkapitalrendite von 6 Prozent erreichen, aktuell beträgt sie 2,8 Prozent. Warum ist sie so tief?

Die BKB ist sehr gut kapitalisiert. Das wiederum setzt einen hohen Gewinn voraus, um mit der Eigenkapitalrendite den angepeilten Wert zu erreichen. Mit unserem Ertragswachstum und dem Kostenmanagement haben wir es nun aber in der Hand, dies zu steuern. Im ersten Halbjahr 2021 erzielten wir bereits ein gutes Ergebnis. Mit der neuen Strategie sollten wir diese Entwicklung fortsetzen können.

Die Börse teilt Ihre Erwartungen noch nicht. Der Kurs des BKB-Partizipationsscheins (PS) ist nicht berauschend. Warum?

Das entscheidet der Markt. Unsere PS haben eine geringe Liquidität, so dass sie nicht sonderlich viel gehandelt werden. Ein weiterer Grund ist vielleicht auch, dass die Investoren vorerst noch abwarten, um zu sehen, ob unsere Ansage auch wirklich nachhaltig ist. Da haben wir tatsächlich noch eine Bringschuld.

«Das Tempo der Konsolidierung in der Branche wird von der weiteren Zinsentwicklung abhängen»

Die Motivation, unseren PS zu halten, liegt auch darin, dass er eine attraktive Dividendenrendite bietet. Es ist kein Titel, in dem viel kurzfristige Fantasie steckt, aber einer, der sehr ertrags- und dividendenstark ist.

Wie wird die Bankenwelt in fünf oder zehn Jahren aussehen?

Es wird weiterhin um Menschen und viel Emotionalität gehen. Ändern wird sich die Art und Weise, wie man Finanzgeschäfte tätigt. Die Banken werden nicht mehr die ganze Wertschöpfungskette selbst anbieten, sondern sich vermehrt mit Partnern zusammentun. Alltagsrelevante Geschäfte werden nach dem Motto «anytime and anywhere» möglich sein.

Das Tempo der Konsolidierung in der Branche wird von der weiteren Zinsentwicklung abhängen. Insgesamt glaube ich nicht, dass das Banking obsolet oder total disruptiert wird. Wie gesagt: It’s a people’s business.


Basil Heeb ist seit April 2019 CEO und Vorsitzender der Konzernleitung der Basler Kantonalbank (BKB) und seit Ende Juni 2019 auch Präsident des Verwaltungsrats der Bank Cler. Er studierte Naturwissenschaften an der ETH Zürich und promovierte 1993, bevor er seine berufliche Laufbahn als Strategieberater bei McKinsey startete; 2008 wechselte er in die Finanzbranche, wo er ab 2009 Leitungsfunktionen bei der Ostschweizer Privatbank Wegelin übernahm; nach deren Übernahme durch die Notenstein La Roche Privatbank avancierte er zum Finanzchef. Nach einem Abstecher zur Swissquant Group in Zürich übernahm er seine heutige Funktion.

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