Wie sich die Notenbank-Erwartungen verändert haben
Im Vergleich zum Vorjahr haben sich die wirtschaftlichen Realitäten deutlich geändert. In der aktuellen Umfrage der UBS lässt sich klar ablesen, wie tiefgreifend das auch die Einstellungen und Erwartungen der Asset Manager der Notenbanken verändert hat.
Die UBS befragt alljährlich die Notenbanken zu ihrer Einschätzung des wirtschaftlichen Umfelds. Daraus lassen sich Rückschlüsse auf Veränderungen in der Anlage-, Währungs- und Reservepolitik ableiten.
Ein zentraler Faktor bei der Befragung war die zweite Präsidentschaft von Donald Trump. Seine Zollpolitik und seine «MAGA»-Pläne, um der US-Wirtschaft einen Boost zu verleihen, stossen dabei auf grosse Skepsis.
Pessimistischer als Mitte 2024
Der Pessimismus in Bezug auf die Wirtschaftsaussichten hat auffallend zugenommen, schreibt die Grossbank zu den Ergebnissen des «Annual Reserve Manager Survey». So erwarten jeweils fast 40 Prozent der Befragten in den kommenden fünf Jahren eine Stagflation, also eine Phase mit geringem Wirtschaftswachstum und hoher Inflation, oder eine Soft Landing mit einer Rückkehr zu moderatem Wachstum und moderater Inflation. Im vergangenen Jahr hatten Letzteres noch rund 66 Prozent der Notenbank-Manager erwartet und eine Stagflation nur 18 Prozent.
Auch mit Blick auf Inflation und Zinsen hat sich das Bild eingetrübt. 40 Prozent erwarten, dass sich die Teuerung des Verbraucherpreisindexes in den USA in einem Jahr zwischen 3 und 4 Prozent bewegen wird, 54 Prozent rechnen mit 2 bis 3 Prozent. Über 80 Prozent erwarten, dass die Leitzinsen der Fed in einem Jahr in der Spanne zwischen 3 und 4 Prozent liegen werden.
Eskalation im Handelskonflikt eine der Hauptsorgen
Auch bei den Problemfeldern hat es eine klare Verschiebung gegebenen. In den Fokus ist eine Eskalation der Handelskonflikte als ein Hauptrisiko gerückt. Mit einem Antwortanteil von 74 Prozent ist es das am meisten genannte Problemfeld und hat die globale Geopolitik mit der Eskalation von militärischen Konflikten (Ukraine/Naher Osten) mit 51 Prozent der Nennungen auf den zweiten Platz verwiesen.
Auch das Risiko einer globalen Rezession wird mit 31 Prozent Nennungen klar höher gesehen (Vorjahr 13 Prozent).
Geringes Vertrauen in die MAGA-Strategie
Das Vertrauen in die MAGA-Politik des US-Präsidenten zur Ankurbelung des Wirtschaftswachstums ist gering. Darunter werden sowohl die Zollpolitik, Deregulierung, Steuersenkungen, tiefere Energiepreise und die Einsparungen bei den Behörden (DOGE) subsumiert. 86 Prozent der Befragten erwarten, dass diese Politik scheitern wird und Trump es nicht schaffen wird, der Wirtschaft nachhaltig Schwung zu verleihen.
Federal Reserve in Washington DC. (Bild: Shutterstock)
Dagegen werden verschiedene Aspekte genannt, warum die Politik der neuen Administration eine Gefährdung der Sonderstellung der USA und des Dollar als Investitionsziel darstellen könnten. Dabei sind zum Beispiel 65 Prozent der Notenbank-Manager der Ansicht, dass die Unabhängigkeit der Fed gefährdet ist. 47 Prozent rechnen mit einer Verschlechterung der Rechtsstaatlichkeit. Das könnte ein Ausmass erreichen, das die Vermögensallokation erheblich beeinflussen würde. 29 Prozent sehen zudem ein Risiko für die Offenheit der US-Kapitalmärkte.
Eine Verschlechterung der Qualität der US-Wirtschaftsdaten wird von 47 Prozent erwartet. Ausserdem gaben fast 50 Prozent an, dass eine Umstrukturierung der US-Schulden ein mögliches Szenario für die Zukunft sei.
Zölle auf verkraftbarem Niveau
Beim Blick auf die Zollpolitik sind die Umfrageteilnehmer verhalten optimistisch. Die Auswirkungen auf den Handel und die internationalen Bündnisse dürften relativ gering sein. Es wird damit gerechnet, dass die Zölle nach Verhandlungen auf einem für die Weltwirtschaft verkraftbaren Niveau zu liegen kommen. Eine überwältigende Mehrheit von 91 Prozent erwartet, dass die Handelsbeziehungen zwischen den USA und China fortgesetzt werden.
In puncto Vermögensallokation sehen die Verwalter der Notenbankreserven weiterhin gute Argumente für Diversifikation. Der Trend scheine aber seinen Höhepunkt erreicht zu haben, schreiben die Studienautoren.
Gold ist nach wie vor sehr gefragt und dürfte in den nächsten fünf Jahren die höchsten risikoadjustierten Renditen liefern. Schwellenländeranleihen, Unternehmensanleihen und insbesondere «grüne« Anleihen wurden ebenfalls häufig als Anlagen genannt, die die Zentralbanken im nächsten Jahr hinzufügen möchten. Gleichzeitig verlangsamt sich der Trend zu einer stärkeren Allokation in Aktien.
Der Dollar ist nicht mehr das alleinige Mass der Dinge. (Bild: Pixabay)
Dollar bleibt vorerst globale Reservewährung
Fast 80 Prozent der Befragten gehen davon aus, dass der Dollar in den kommenden Jahren die globale Reservewährung bleiben wird. Es gebe aber deutliche Anzeichen für eine Diversifizierung in andere Währungen. Davon dürfte vor allem der Euro profitieren. Die Stimmung gegenüber dem Renminbi scheint sich leicht zu verbessern.
Als eine der Anlageklassen, die am meisten vom aktuellen geopolitischen Umfeld profitieren dürften, werden auch digitale Vermögenswerte genannt, einschliesslich Kryptowährungen und Stablecoins.