Was haben Bund und Behörden nicht alles getan, um der UBS die Zwangsübernahme der Credit Suisse zu versüssen. Wie jetzt ersichtlich wird, muss die entstehende Megabank ihre Bilanz auch erst Ende 2029 voll absichern, wie finews.ch erfahren hat. Angesichts der politischen Diskussion birgt dies Zündstoff.

Eine Lupe und einige Geduld ist vonnöten, um die einschlägige Passage zu finden. Sie findet sich auf Seite 19 des Formulars, welches die UBS am gestrigen Dienstag zum Stand der Übernahme der Credit Suisse bei der amerikanischen Börsenaufsicht SEC eingereicht hat. Dort ist nachzulesen:

«Im Zusammenhang mit dem Zusammenschluss und nach Gesprächen mit der UBS hat die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (Finma) bestätigt, dass Erhöhungen des aufsichtsrechtlichen Kapitalzuschlags für die UBS Gruppe auf der Grundlage des Marktanteils in der Schweiz und des Gesamtengagements im Allgemeinen ab Ende 2025 schrittweise eingeführt werden, wobei der Einführungspfad auf der Grundlage eines von der UBS zu entwickelnden Integrationsplans festzulegen ist.»

Eindrücklicher Blankoscheck

Weiter darf die UBS «vorübergehend» bestimmte Kapital- und Liquiditätsregelungen, die zuvor der CS gewährt wurden, weiterhin anwenden. Ebenfalls dürfen die beiden Grossbanken bis dahin vorübergehend ihre jeweiligen bestehenden Regeln und Modelle zur Berechnung der risikogewichteten Aktiven weiter anwenden, hält das Institut im Formular fest.

Damit wird erstmals detailliert erklärt, was die Aufsichtsbehörde anlässlich der Übernahme der CS am 19. März kurz in ihrer Medienmitteilung festhielt. Damals hiess es: «Die Übernahme führt zu einer grösseren Bank. Die bestehende Regulierung sieht dafür höhere Kapitalpolster vor. Die Finma wird für deren Aufbau angemessene Übergangsfristen gewähren.»

Kurz gesagt: um das Gelingen der Übernahme nicht zu gefährden, wurde der kombinierten UBS-CS zusätzlich ein Moratorium zu den Eigenmittelvorschriften bis Anfang 2026 gewährt – und nach Ablauf der Frist wird die Schraube nur schrittweise angezogen. Zudem darf die Grossbank bis im Juni 2027 buchhalterische Anpassungen vornehmen, um Wertverluste auf übernommen CS-Bilanzposten zu kompensieren.

Ein eindrücklicher Blankoscheck, der mit Sicherheit noch zu reden geben wird.

Progressive Erhöhung vorgeschrieben

Denn eigentlich sieht die im Gesetz verankerte Eigenmittelverordnung vor, dass Banken bei zunehmender Grösse auch progressiv mehr Eigenkapital halten müssen. Bisher galt für die UBS und die CS gleichermassen eine Mindestquote für hartes Eigenkapital (CET1) von 10 Prozent. Für eine grössere Bank mit einer längeren Bilanz müsste dieser Wert höher liegen, folgt man dem Buchstaben des Gesetzes. Aber eben, dieser Passus ist bis Ende 2025 ausgesetzt.

«Wir können wie bereits angekündigt bestätigen, dass für die UBS nach einer angemessenen Übergangszeit die aufgrund der progressiven Komponente höheren Too-Big-To-Fail-Kapitalanforderungen vollständig gelten werden», sagt ein Sprecher der Finma auf Anfrage.

Der dafür nötige Kapitalaufbau werde ab Ende 2025 schrittweise geschehen und bis spätestens Anfang 2030 abgeschlossen sein, heisst es weiter. Die Übergangszeit sei nötig, um den geplanten Risikoabbau geordnet zu ermöglichen.

Fixierung auf das Risiko Investmentbank

Dass die UBS nach dem geplanten Abschluss der CS-Übernahme kleiner sein wird als heute, ist sehr unwahrscheinlich. Bankchef Sergio Ermotti hat kürzlich sinngemäss erklärt, dass die Schweiz noch grössere Banken brauche, um international als «richtiger» Finanzplatz mithalten zu können.

Zwar soll der Anteil des Investmentbanking an den risikogewichteten Aktiven der neuen UBS von derzeit rund 30 auf 25 Prozent gesenkt werden. Doch damit wird im Wesentlichen nur das Investmentbank-Risiko – relativ gesehen – kleiner. Die CS aber ist an einem «Bank Run» von Milliardären im Private Banking gescheitert.

Das Eigenkapital- und Liquditätsmoratorium steht quer zur Debatte, die derzeit das Parlament und damit den Gesetzgeber umtreibt. Rechts wie Links in den Räten werden «Nie mehr Staatsrettung» und massiv höhere Eigenkapitalpolster von mindestens 20 Prozent gefordert. In einem neuen Papier forderten die Sozialdemokraten gar, dass die Bilanzsumme einer Bank 50 Prozent des Schweizer BIP nicht überschreiten darf. Der Nationalrat hat sich am Mittwoch einstimmig für die Gründung einer Parlamentarische Untersuchungskommission (PUK) zu den Ereignissen, die zur CS-Rettung führten, ausgesprochen.

Nicht zu vergessen ist, dass das Parlament dem Bundesrat im vergangenen April die Zustimmung für die CS-Rettungsaktion verweigert hat.

Auch Gesetzgebung dauert

Realistischerweise ist zuzugestehen, dass der Gesetzgebungsprozess zu neuen Eigenmittelvorschriften wohl länger dauern wird als bis Ende 2025. Dennoch wird den von der zweiten Grossbankenrettung innert 15 Jahren aufgeschreckten Parlamentariern sicher nicht schmecken, dass sich die neue «Monsterbank» maximal bis Ende 2029 Zeit lassen darf, um ihre Bilanz voll abzusichern.

Dies umso mehr, als die der UBS für die Übernahme gewährten Polster schon umfangreich sind. Der Bund hat sich bei diesem Rettungspaket zu Garantien für total 109 Milliarden Franken verpflichtet, 100 Milliarden gegenüber der Nationalbank und 9 Milliarden gegenüber der UBS für etwaige Verluste aus dem Verkauf von schwierig einzuschätzenden Wertpapieren im CS-Portfolio. Letztere Garantie und die darüber hinausgehende Aufteilung von Verlusten und Gewinnen wird am heutigen Mittwoch fertig ausgehandelt.

Enormes Risiko?

Die Schweizerische Nationalbank (SNB) wiederum hat für die Rettung der CS drei Liquiditätshilfen gewährt, die sich auf maximal 250 Milliarden Franken summieren. Die sogenannten Emergency Liquidity Assistance Plus Darlehen (ELA+) über insgesamt 100 Milliarden Franken vergibt die SNB auf eigenes Risiko. Weitere 100 Milliarden Franken werden vom Bund garantiert. Kurz vor der Übernahme gewährte die Nationalbank zudem ein zinsloses Darlehen über 50 Milliarden Franken.

Auch der von der Finma verfügte Abschreiber auf CS-Pflichtwandelanleihen im Umfang von 15,8 Milliarden Franken und der Schnäppchenpreis von 3 Milliarden Franken für die Grossbank wirken letztlich als Polster, um die Risiken der UBS im Deal zu minimieren. Das Diktum des UBS-Präsidenten Colm Kelleher, die Übernahme der CS bedeute ein «enormes Risiko» für seine Bank, kann künftig wirklich nur noch in Anführungszeichen verstanden werden.

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
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