Mit der UBS erhält die grösste Bank des Landes im Heimmarkt eine Chefin – ein klares Zeichen, dass die Diversitäts-Debatte auch im Swiss Banking ankommt. Doch die Provinz bewegt sich in einer ganz anderen Welt, wie neue Daten zeigen.

Die Personalie kommt nicht ganz unerwartet, aber aufsehenerregend ist sie auf jeden Fall: Sabine Keller-Busse (Bild unten) wird im Februar 2021 CEO der UBS Schweiz und damit die erste Chefin einer Grossbank im Heimmarkt überhaupt.

Damit schwappt die Bewegung, die derzeit in Sachen Diversität weltweit in Gange ist, aufs Swiss Banking über. Dieser Tage reichte Adena Friedman, Chefin der amerikanischen Technologie-Börse Nasdaq, bei der US-Börsenaufsicht SEC einen radikalen Vorschlag ein: Wer als gelisteter Konzern nicht für Diversität im Verwaltungsrat sorgt, wird dekotiert.

So ultimativ nach Quoten wie Friedman rufen inzwischen auch grosse Finanzkonzerne wie die amerikanische Investmentbank Goldman Sachs oder der weltgrösste Vermögensverwalter Blackrock. Sie machen «Diversity» an der Unternehmensspitze zur Bedingung für die Zuteilung von verwalteten Kundengeldern.

sabine keller busse 500

Grossbanken als Vorreiter

International agierende Banken wie die UBS und auch die Credit Suisse (CS) haben den Trend erkannt und die Förderung von Frauenkarrieren institutionalisiert. Von UBS Präsident Axel Weber ist bekannt, dass er die oberen Führungsetagen der grössten Schweizer Bank mit einem Drittel Frauen besetzen will.

Während Webers Quote in gewissen Divisionen umgesetzt ist, sind trotz der Ernennung von Keller-Busse derzeit nur zwei von 13 UBS-Konzernleitungs-Mitgliedern weiblich. Im Verwaltungsrat kommen immerhin vier Frauen auf sieben Männer. Bei der CS beträgt das Verhältnis im Management und Verwaltungsrat 9:3 und 10:3 zugunsten der Männer.

Und bei beiden Häusern sind sowohl der CEO wie auch der Präsident männlich.

Das weiblichste Aufsichtsgremium

Das ist in Sachen Diversität noch immer nicht berauschend. Doch im Schweizer Retailbanking, wo es weniger Hierarchiestufen gibt und diese eigentlich durchlässiger sein müssten, sieht das Bild noch schlechter aus. Dies zeigen die Erkenntnisse der aktuellen Retail-Banking-Studie der Hochschule Luzern (HSLU), die dazu die Entwicklung in der Banking-Provinz bis im letzten Juni untersuchte.

Unter den 530 Verwaltungsräten der von der HSLU analysierten 74 Retailbanken sind 130 Frauen (Vorjahr 112), was einem Anteil von 25 Prozent entspricht. Dies gegenüber 16 Prozent im Jahr 2014.

Besonders tief ist die Frauenquote in den Gremien der Regionalbanken und Sparkassen der RBA-Gruppe (siehe Grafik unten). Lediglich zehn der untersuchten Verwaltungsräte werden dabei von Frauen präsidiert. Das sind etwa Antoinette Hunziker-Ebneter (Bild unten) von der Berner Kantonalbank, Karin Zahnd Cadoux von der WIR Bank oder Maryann Rohner von der Bank Sparhafen Zürich.

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(Quelle: HSLU)

Natürlich gibt es Ausnahmen. Die Alternative Bank in Olten verfügt sowohl prozentual mit 60 Prozent wie auch in absoluten Zahlen über das weiblichste Aufsichtsgremium. Es folgen die Bank Cler mit 57 Prozent Frauenanteil und die Regionalbank Valiant mit 50 Prozent.

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31 Jahre im Amt

Mehr könnten hinzukommen, war doch jedes dritte in den letzten sechs Jahren gewählte Verwaltungsrats-Mitglied weiblich. Allerdings halten sich in den Gremien alte (weisse) Männer ausdauernd an der Macht.

Vor allem in der Gruppe der Regionalbanken und Sparkassen kommen sehr lange Amtsdauern vor; mit 31 Dienstjahren ist Philippe Petitpierre von der Caisse d’Epargne Riviera in Vevey VD das amtsälteste Verwaltungsratsmitglied aller Schweizer Retailbanken. 23 seiner Amtskollegen bei anderen Retailbanken können 20 Jahre und mehr im VR vorweisen. Insgesamt liegt der Altersschnitt der Verwaltungsräte bei 56 Jahren.

Die Studienautoren weisen wohl zu Recht darauf hin, dass die Suche nach Verwaltungsrätinnen keine einfache Sache ist, qualifiziert doch das Geschlecht alleine noch längst nicht für das Amt.

Im Gegenteil: Die Ansprüche an die Kandidaten sind in den letzten Jahren deutlich gestiegen, auch auf Anweisung des Regulators hin. Somit macht sich schmerzlich bemerkbar, dass der Nachwuchs rar ist, oder, wie es die Studie formuliert, bei den infrage kommenden Branchen «bei Führungskräften der Anteil Frauen generell eher niedrig ist».

Nur zwei weibliche CEO

Denn das ist die zweite Krux in der Frauenfrage der Schweizer Retailbanken: Es gibt viel zu wenig Managerinnen, die später in den Verwaltungsrat aufsteigen könnten. Der Frauenanteil in den Geschäftsleitungen der Retailbanken liegt mit 9 Prozent deutlich tiefer als in den Aufsichtsgremien (siehe Grafik unten); nur zwei der 74 untersuchten Institute haben einen weiblichen CEO. Bei der Bank Cler ist dies Mariateresa Vacalli und bei der Hypothekarbank Lenzburg Marianne Wildi (Bild unten).

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(Quelle: HSLU)

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Um eine nachhaltige Wende zu erwirken, müsste wohl tiefer unten angesetzt werden: Auch im Banking ist der «Gap» zwischen Kader und Management für Frauen nur schwer zu überwinden – es sei denn, die Institute zeigten sich etwa willens, Kaderfrauen und Managerinnen auch auf Teilzeit operative Schlüsselaufgaben zu anzuvertrauen.

Wie finews.ch berichtete, tut die Alternative Bank genau dies – das Retail-Institut mit den meisten Frauen im Verwaltungsrat, aber ohne CEO.