Ein Burnout ist eine höchst persönliche gesundheitliche Krise, heisst es. Doch dieses Denken sollte überholt werden. Burnouts haben ihren Ursprung in der Unternehmenskultur.

Wer ein Burnout erleidet, ist Opfer mangelnder Selbstkontrolle über die eigene Einstellung zu Arbeit und Pflichten. Überarbeitung gilt als Hauptgrund, mangelnde Erholungszeiten und persönliche Ressourcen auch. In manchen Fällen kommt auch eine psychische oder physische Prädisposition hinzu.

Diese traditionelle Wahrnehmung eines Burnouts auferlegt dem Individuum, das ihn erleidet, zusätzlichen Stress, schreibt Leah Weiss von der Stanford Business School. Denn so überlässt man dem Individuum die Verantwortung, sich aus dem Burnout wieder «herauszuarbeiten».

Wie eine Gurke zur Sauren Gurke wird

Weiss zitiert aus einer Studie der University of California, welche diese Betrachtung als unvollständig bezeichnet. Ein wichtiger Auslöser für ein Burnout liegt in der Arbeits- und Unternehmenskultur. Co-Autorin Christina Maslach sagte dazu: «Stellen Sie sich die Persönlichkeit einer Gurke vor, die sich plötzlich als Saure Gurke wahrnimmt, ohne dabei die Essigfässer in Betracht zu ziehen, in welche sie gelegt worden ist.»

Burnouts verursachen demnach in den Unternehmen Kosten, Weiss schätzt jährlich 120 bis 190 Milliarden Dollar, die vermieden werden könnten. Das verlangt von Unternehmen, einen Burnout zu erkennen, bevor er akut wird, oder «Workoholics» in der Organisation und die Gründe dafür zu erkennen.

Person, Team, Organisation

Diese können durchaus in der Persönlichkeitsstruktur liegen, beispielsweise bei einem Hang zum Perfektionismus. Auslöser oder Katalysatoren können auch persönliche Situationen sein, die übermässigen Stress mit sich bringen.

Burnout-Ursachen können aber auch im Team liegen: wie ein Team aufgebaut ist, welche Grösse es hat, wie kommuniziert und zusammengearbeitet wird, auch, welche Art von Fehlerkultur im Team herrscht.

Dann gibt es die Organisationsebene oder Unternehmenskultur, in welcher Ursachen für einen Burnout liegen können.

Wellness bringt nichts

Viele Unternehmen haben darauf mit einer Art von Arbeitsplatz-Wellness reagiert: Es gibt Fitness-Studios, Yoga-Klassen, Ruheräume, Meditationsstunden. Allein – Wellness nützt nichts. Eine Studie der Harvard Medical School von 2019 zeigte auf, dass all die Wellness-Programme in den Unternehmen keinerlei Einfluss auf die Gesundheit, die Schlafqualität oder auch Essensgewohnheiten ihrer Mitarbeitenden haben und auch nicht das Leistungsvermögen steigern oder die Fluktuation vermindern.

Wenn also Wellness und Meditation einen Burnout nicht verhindern, was dann?

Weiss sagt es klar: Eingriffe in der Organisation und in der Unternehmenskultur können es. Hier sind ihre Empfehlungen:

1. Das Verhalten der Manager prüfen

Es ist hinlänglich erwiesen, dass drei von vier Abgängen in Firmen ihre Ursache in einer schlechten Beziehung zum Chef haben. Das liegt unter anderem an der kurzfristigen Incentivierung der Manager, die auf Quartals-Ergebnisse hinarbeiten und nicht wissen, was es heisst, eine nachhaltige Performance-Kultur zu pflegen.

2. Fairness und Transparenz

Sogar Affen reagieren positiv auf Fairness. Wenn Boni oder Beförderungen unfair und intransparent vergeben werden, fördert dies die Burnout-Problematik. Manager sollten verstehen, dass es ihr Führungsstil ist, der das Team in Richtung Burnout treibt – oder aber einen Spirit fördert, der gut für Wohlbefinden und Gesundheit ist.

3. Es braucht sogenannte «Health Intrapreneure»

«Health Intrapreneure» sind Leute, die es verstehen, ein angenehmes Arbeitsumfeld zu schaffen und wissen, welchen Einfluss dies auf die Gesundheit der Mitarbeitenden hat. Sie sind eine strategische Komponente, um das Unternehmen voran zu bringen.

Die Voraussetzung ist natürlich eine Unternehmenskultur, die solche Spezialisten zulässt und ihnen Raum gibt, Veränderungen einzuleiten.

4. Die Widerstandskraft im Team

«Team Resilience» oder Widerstandskraft und Robustheit im Team baut auf vier Pfeilern auf. Der erste Pfeiler besteht im Bewusstsein eines Teammitglieds über eigene Bedürfnisse, Anreize und über Zweck und Sinnhaftigkeit der eigenen Arbeit.

Der zweite Pfeiler ist Autonomie. In einem guten Team halten sich autonomes Arbeiten der einzelnen Mitglieder mit Kooperation und Zuarbeiten die Waage. Der dritte Pfeiler ist die Arbeitsstruktur: Aufgaben müssen gerecht verteilt und mit einem realistischen Zeitbudget versehen werden. Pausen und Auszeiten gehören dazu und sollten vom Team-Leiter gar empfohlen werden.

Der vierte und letzte «Team Resilience»-Pfeiler ist das Gemeinschaftsgefühl. Um sich vor Burnout zu schützen, müssen sich die Teammitglieder aufgehoben fühlen. Im Team sollte ein Geist der Kooperation, der Loyalität und der Toleranz herrschen, um ein Gefühl der Sicherheit zu vermitteln.