Die Mega-Fusion der beiden Vermögensverwaltungs-Einheiten hätte der Aktie der UBS eigentlich auf die Sprünge helfen sollen. Stattdessen lässt der strategische Entscheid bis heute mehr Fragen offen als er beantwortet. 

Eineinhalb Jahre nachdem das amerikanische Broker-Geschäft der UBS mit der Vermögensverwaltung für die restliche Welt verschmolzen wurde, macht sich bei einigen Investoren der Schweizer Grossbank Enttäuschung breit: Sie hatten sich mehr von der Mega-Einheit mit 2,3 Billionen Dollar Kundenvermögen versprochen. 

Während der Schweizer Aktienmarkt in Richtung Allzeithoch klettert, dümpelt der Aktienpreis der UBS. Als Folge davon stellen Bankanalysten vermehrt kritische Fragen zum Wealth Management, welches – vor Abzug der geteilten Kosten für den Überbau der Bank – die Hälfte des Vorsteuergewinns liefert. 

Mit der Fusion der vorher separat geführten Einheiten zum Global Wealth Management installierte UBS-CEO Sergio Ermotti auch eine Doppelspitze. Der bisherige Amerika-Chef Tom Naratil teilt sich die Leitung mit Martin Blessing

«Ist dieses Geschäftsmodell das richtige um die Rendite zu optimieren und könnte sich das Potenzial der Gruppe noch weiter verschlechtern?», fragte ein Team von Barclays-Analysten unter der Führung von Amit Goel im Mai. Diese Fragen kommen trotz des grossen Beitrags der Vermögensverwaltung zum Gesamtresultat der Bank – nicht zuletzt dank des effizienten Schweizer Geschäftes waren es im ersten Quartal 863 Millionen Dollar. 

Kein Plan

Demgegenüber steht allerdings ein Kosten-Ertrags-Verhältnis von 80,5 Prozent, ein Zeichen für die Unbeweglichkeit des Banking-Supertankers (das Ziel von Naratil und Blessing ist ein Verhältnis von weniger als 75 Prozent). Zudem haben mehrere Managing Director die Bank verlassen oder planen das.

Unter diesen sind die Chefjuristin der Einheit, Maria Leistner, der Schweizer Chef der Vermögensplanung, Andreas Raquet sowie Oliver Banz, seit nicht einmal zwei Jahren die rechte Hand von Joe Stadler, dem Verantwortlichen für die Betreuung der reichsten Kunden. Von den drei Spitzenkräften wollte niemand gegenüber finews.ch Stellung nehmen. 

Andere Banker aus der UBS-Vermögensverwaltung äussern derweil Frustration über die scheinbar fehlende Strategie: «Der einzige Plan ist, die Kosten zu drücken», sagte ein hochrangiger Manager, der die Bank kürzlich verlassen hat. «Es herrscht ein Gefühl der Entwurzelung», formulierte es ein zweiter.

Einer, der noch an Bord ist, gestand die zentrale Rolle der Kostensenkungen zwar ein, verwies aber auf die Investitionen der Bank in das Geschäft mit den wohlhabendsten Kunden – sogenannten ultra-high net-worth individuals (UHNWI) mit mindestens 50 Millionen Dollar Vermögen – und sagte, die Bank habe zum Beispiel auch in Asien und Lateinamerika in Wachstum investiert. Die UBS wollte für diesen Artikel keinen Kommentar abgeben. 

Amerikanische Milliardäre

Im April sagte die UBS, sie wolle 300 Millionen Dollar zusätzliche Kostensenkungen vornehmen. Bereits letztes Jahr hatte die Bank ein entsprechendes 600-Millionen-Dollar-Programm angekündigt. Damals erklärte die Führungsriege der Bank ausserdem, man wolle mit zusätzlichen Initiativen auf reiche Familien, UHNWI und Amerikaner mit Wohnsitz ausserhalb der USA zugehen. Diese Strategien werden seit dem Zusammenschluss im Januar 2018 einzeln eingeführt. 

Ein Beispiel ist der Start eines US-Kapitalmarkt-Teams im dritten Quartal, welches speziell den Superreichen dienen soll. Es steht unter der Leitung des Investmentbankers Reinhardt Olsen. Diese Initiative ist Teil einer stärkeren Segmentierung der wohlhabendsten US-Kunden: Statt einfach alle mit mehr als 10 Millionen Dollar in einen Topf zu werfen, hat die UBS dort ein Family-Office-Team von etwa zwei Dutzend Leuten aufgebaut, die Kunden ab 100 Millionen Dollar betreuen. 

«Sergio who?»

Eine grosse Herausforderung bleibt allerdings: Die eher draufgängerische US-Broker-Kultur mit derjenigen der traditionellen, diskreten schweizerischen Vermögensverwaltung zu verschmelzen. Die schlanke amerikanische Einheit, deren Fokus stark darauf liegt, für die Kunden Papiere zu kaufen und zu verkaufen, ist aus dem Zusammenschluss als Stärkere hervorgegangen — mit mehr Kundenvermögen, mehr Leuten und der stärkeren Führung. 

Das Amerika-Geschäft, welches auf der Übernahme von Paine Webber im Jahr 2000 aufbaut, war schon immer von Zürich eher unabhängig. Wie wenig man sich dort für die Zentrale interessiert, zeigt eine Anekdote aus New York: Als dort vor zwei Jahren ein enger Mitarbeiter von UBS-Chef Sergio Ermotti vorgestellt wurde, kam als Antwort die Frage: «Sergio who?».  

Schwergewicht gegen Neuling

Dementsprechend sind auch die Rollen an der Spitze der Vermögensverwaltung verteilt: Tom Naratil spielt klar die erste Geige. Seit 36 Jahren arbeitet er bei UBS und davor Paine Webber. Als ehemaliger Finanz- und Operativchef kennt er ausserdem jede Schraube in der Bank. Martin Blessing kennt sich demgegenüber vor allem im Firmenkundengeschäft und in Deutschland aus. Der ehemalige Commerzbank-CEO stiess erst vor drei Jahren zur UBS, in der Vermögensverwaltung ist er ein relativer Neuling. 

Das Geschäft mit den UHNWI ist einer der wichtigsten Aspekte der Strategie unter den Co-Chefs. Das dürfte nicht zuletzt an Stadler liegen, der sich vehement dafür einsetzte, die Betreuung derselben nicht den Regionen zu überlassen, sondern sie in einer separaten Geschäftseinheit zu bündeln.

Eineinhalb Jahre später ist ihm der Durchbruch im riesigen US-Markt allerdings noch nicht gelungen, wie finews.ch vernommen hat. In Nordamerika haben 750 Milliardäre Vermögen von 3,1 Billionen Dollar angehäuft — und der Kuchen wächst weiter. Der UBS fehlen allerdings in den USA die komplexen Produkte und Dienstleistungen, welche diese Kunden fordern. 

US-Banker am Steuer

Die Dominanz der US-Einheit zeigt sich auch in der Führungsriege des Global Wealth Management. Die prominente amerikanische Bankerin Paula Polito schnappte sich die weltweite Verantwortung für Kundenstrategie. Mehrere Gesprächspartner hinterfragen allerdings ihre Eignung für diesen Posten. Sie verbrachte ihre ganze bisherige Karriere in den USA und soll nun entscheiden, wie Kunden aus Asien oder im Nahen Osten am besten zu betreuen sind.

Jemand, der Politos Team gut kennt, wandte allerdings ein, sie habe durchaus Experten aus Asien, Europa und anderen Regionen beigezogen, um auch den Märkten ausserhalb Amerikas gerecht zu werden. 

Neben Nicht-Amerikanern waren bis vor Kurzem auch Private Banker im obersten Gremium der Division untervertreten. Dieses Jahr rückten nun mit den neuen Co-Chefs für Asien Amy Lo und August Hatecke zwei erfahrene Vermögensverwalter auf. 

In der globalen Geschäftsleitung der UBS ist Naratil ebenfalls der einzige, der seine Karriere im eigentlichen Kerngeschäft der Bank, Wealth Management, absolviert hat. Asien-Chef Edmund Koh ist noch nicht lange in diesem Geschäft und Blessing hatte nur zu Beginn seiner Karriere bei der Dresdner Bank und dann bei der Commerzbank etwas mit Privatkunden zu tun. 

Fragen der Kultur und Strategie

Im Verwaltungsrat haben derweil Makroökonomen wie der frühere Präsident der Deutschen Bundesbank, Axel Weber, und Beatrice Weder di Mauro das Sagen. Immerhin gleicht mit der früheren DBS-Bankerin Jeannette Wong ein Neuzugang dieses Ungleichgewicht etwas aus. 

Sogar Kritiker geben grundsätzlich zu, dass die UBS «grossartige Leute», eine ausgezeichnete Marke und eine intelligente Strategie hat. Fragen dazu, ob die Vermögensverwaltung wirklich richtig gewichtet ist oder ob die Investmentbank die richtige Grösse hat und wirklich dem Wealth Management dient, sind aber gerechtfertigt. Das führt unweigerlich dazu, dass auch die Strategie, die Kultur und die Qualitäten von Verwaltungsratespräsident Weber und CEO Ermotti hinterfragt werden. 

Auch bei diesen herrscht denn offensichtlich ein gewisser Frust. Weber musste an der letzten Generalversammlung viel Zeit dafür aufwenden, die Aktionäre zu beruhigen. Er erinnerte daran, dass die UBS den Eigentümern 76 Prozent des Profits auszahlt. Ermotti bat derweil um Geduld, während die Bank sich durch unruhige Gewässer bewegt. Sie überzeugten nicht: Die Aktie erreichte kürzlich mit 11,45 Franken den tiefsten Preis seit sieben Jahren. 

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