Im Fall um veruntreute Millionen von osteuropäischen Oligarchen wird die Credit Suisse von immer mehr Fronten her bedrängt. Geprellte Kunden gehen jetzt auf den Bermudas gegen eine Tochter der Schweizer Grossbank vor, wie finews.ch-Recherchen zeigen.

Der Fall um ihren früheren Kundenberater Patrice Lescaudron nimmt für die Credit Suisse (CS) kein Ende. Mehr noch: Er weitet sich aus. Auf den Bermudas drängen ehemalige Kunden der CS-Tochter Credit Suisse Life (CSL) in einem Zivilverfahren auf die Herausgabe von Dokumenten. So wollen sie betrügerische Machenschaften von Bankangestellten aufdecken.

Laut Recherchen geht es in der Karibik um eine Schadenssumme von bis zu 400 Millionen Dollar. Und: Wie finews.ch erfahren hat, handelt es sich bei den auf den Bermudas geprellten Kunden um Opfer von Lescaudron.

«CS-Opfer» auch in der Karibik aktiv

Im sich seit 2016 hinziehenden Komplex um den in der Schweiz wegen gewerbsmässigen Betrugs, Urkundenfälschung und ungetreuer Geschäftsführung verurteilten Ex-CS-Banker hat die Grossbank bisher nie über Rückstellungen informiert. Hingegen vermeldete das Institut im Februar, 2019 die Rückstellungen für Rechtsfälle um insgesamt 389 Millionen Franken erhöht zu haben. Diese Erhöhung dürfte aber vor allem mit Restanzen aus der US-Hypothekenkrise zusammenhängen.

Es besteht eine personelle Verbindung zwischen der britischen Firma Metigen, die auf den Bermudas gegen die CSL aktiv wurde, und den «CS-Victims». Letztere Vereinigung kämpft im Internet und mit Inseraten für die Entschädigung der von Lescaudron betrogenen Ex-Kunden der Grossbank. Unter diesen findet sich der frühere georgische Premier Bidzina Ivanishvili, den Lescaudron um mehr als 100 Millionen Franken gebracht hatte.

Versicherungs-Mantel sorgt für Ärger

«Wir können bestätigen, dass Metigen mit der Organsiation CS-Victims zusammenarbeitet, um frühere Kunden der Credit Suisse zu vertreten. Diese fordern Vermögen zurück, welche sie aufgrund von Herrn Lescaudrons betrügerischen Aktivitäten verloren haben», heisst es bei CS-Victims auf Anfrage. Insgesamt spricht die Opferorganisation von einer Schadenssumme von 1 Milliarde Dollar. 

Auf den Bermudas geht um eine Lebensversicherungs-Police, die mutmasslich ebenfalls von Lescaudrons Betrügereien betroffen ist. Solche Versicherungs-Wrapper waren nach der Jahrtausendwende im Private Banking en vogue, um Vermögen steuergünstig anzulegen. Allerdings wurden die Versicherungsmäntel im Steuerstreit zu Dynamit für die Banken, weil sie mitunter Schwarzgeld umhüllten oder Vorschriften nicht erfüllten. Auch die CSL geriet damals mit diesem Geschäft in die Schlagzeilen.

Auf der Jagd nach Dokumenten

Den Vertretern der Ex-CS-Kunden zufolge sollen die Dokumente aus der Karibik nun helfen, ein besseres Bild davon zu erlangen, wie sich die mutmasslichen Verbrechen abgespielt haben.

Auf Anfrage von finews.ch heisst es bei der CS zur neuen «Front» auf den Bermudas, die Bank kommentiere keine laufenden Gerichtsverfahren oder einzelnen Fälle.

Weltweite Umzingelung

Laut guten Kennern des Verfahrens ist es wohl so, dass die geschädigten Oligarchen weltweit versuchen, neue Beweisdokumente in die Hand zu bekommen. Dies, um eine Mitschuld der Grossbank im Komplex belegen. Dazu strengen sie in den USA, Singapur, auf Neuseeland und nun auf den Bermudas Zivilverfahren an. Überall dort hatte Lescaudron offenbar Finanzstrukturen für seine Kunden aufgestellt.

In Genf hat derweil die Staatsanwaltschaft ein erneutes strafrechtliches Verfahren gegen Lescaudron eingeleitet – auch auf Betreiben von Ivanishvili hin.

Die CS hält dagegen, Lescaudron habe seine frühere Arbeitgeberin getäuscht. Er sei bei seinen strafbaren Handlungen von niemandem intern unterstützt worden. Diesen Beteuerungen zum Trotz muss die Grossbank jetzt damit rechnen, dass ihre Rolle im Millionen-Betrug erneut aufs Tapet kommt.

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