Not macht erfinderisch. In der Szene kursiert eine Idee, wie kleine unabhängige Vermögensverwalter weiter geschäften könnten, wenn der Stichtag zur Lizenzierung verstrichen ist. Doch die Option ist nicht ohne Hindernisse.

Die Zeit ist mehr als knapp. Bis Ende Jahr müssen sich rund 2’500 unabhängige Vermögensverwalter in der Schweiz von der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (Finma) lizenzieren lassen. Von der Eingabe des Gesuchs bis zur Bewilligung werden im Schnitt sechs Monate veranschlagt – wer also bis Ende Juni den Prozess nicht eingeleitet hat, droht den Stichtag zu verpassen.

«Die Frist erstrecken können wir nur im Einzelfall», sagte unlängst der bei der Behörde zuständige Philip Hinsen zu finews.ch.

Hunderte geben auf

Allerdings hat bis jetzt nur jeder Zehnte Akteur auch tatsächlich eine Bewilligung erhalten. Es zeichnet sich eine Torschlusspanik ab. Nicht wenige der Finanz-KMU haben sich derweil entschlossen, sich den Stress nicht mehr anzutun. Da die Finma-Unterstellung auch nach der Lizenzvergabe einigen Aufwand mit sich bringt, verzichten nach heutigen Kenntnisstand rund 400 Institute und stellen ihre Unternehmenstätigkeit ein. Liquidieren oder Verkaufen – das scheinen die einzigen Alternativen zum Bewilligungsgesuch zu sein.

Oder doch nicht? Wie in der Szene zu vernehmen ist, materialisiert sich für kleinere Akteure eine Idee, wie man sich auch ohne Finma-Lizenz im Rennen halten könnte. Dies, indem sich die einzelnen Vermögensverwalter als unabhängige Kundenberater neu erfinden. Dazu müssen sich sich gemäss der Schweizer Finanzrichtlinie Fidleg in ein Beraterregister eintragen lassen, was eine Eignungsprüfung voraussetzt.

Retro oder nicht Retro, das ist die Frage

Landesweit gibt es diesbezüglich drei von der Finma zugelassene Registrierungsstellen: Die Arif in der Westschweiz, die Börsenbetreiberin BX Swiss sowie der Selbstregulierungs-Verein Polyreg. Allerdings sind sie damit von der prudenziellen Aufsicht der Finma ausgenommen.

Ein möglicher Modus operandi könnte so aussehen: Die Kunden erteilen ihrem unabhängigen «Advisor» ein Beratungsmandat für ihr Depot bei der Bank. Käufe und Verkäufe werden von der Kundschaft «Execution only» bei der Bank geordert, die damit im Wesentlichen als die Depotstelle dieser Beziehung fungiert.

Wird mit der Klientel zudem vereinbart, dass beim Erwerb von Anlagefonds keine Entschädigungen von Dritten – also Retrozessionen – entgegengenommen werden, qualifiziert dies gemäss Fondsprospekten für den Erhalt von Retrozessions-freien Fondsanteilen. Das ist insofern bedeutsam, als sich damit ein viel breiteres Anlagespektrum öffnet als mit dem Execution-only-Angebot der Banken, das dem Vernehmen nach vor allem börsengehandelte Indexfonds (ETF) berücksichtigt.

Den Banken ein Dorn im Auge

Dass die Idee nicht so weit hergeholt ist, zeigt ein Blick ins Ausland. In Grossbritannien etwa hat sich eine Szene von unabhängigen Berartern etabliert, die dem Institute of Financial Accountants (IFA) angeschlossen sind. Laut Branchenstatistiken zählt dieses Feld Zehntausende Anbieter. Indes, in der Schweiz stellen sich dem Vernehmen nach die Banken quer: Die Geldhäuser weigern sich teils, den Status des unabhängigen Kundenberaters zu anerkennen und ihren Execution-Only-Kunden spezielle Konditionen einzuräumen, wenn sie ausserhalb der Bank beraten werden.

Dies wohl nicht zuletzt, weil die Institute selber versuchen, ihre Erträge mit Beratungsmandaten und diskretionären Vermögensverwaltungs-Mandaten zu verstetigen. «Im Gesetz ist der Beraterstatus zwar vorgesehen, aber dieser wird für unabhängige Berater voraussichtlich toter Buchstabe bleiben», sagt ein Kenner des Sachverhalts zu finews.ch.

Zartes Pflänzchen

Dass die Finma bei den Banken Druck machen würde, um den unabhängigen Kundenberatern eine Marktnische zu öffnen, ist nicht zu erwarten. Wie zu erfahren ist, sieht sich die Aufsicht nicht für zuständig an, weil ihr die Berater nicht unterstellt sind. Auf Anfrage von finews.ch präzisierte die Behörde, grundsätzlich stehe es Banken und Wertpapierhäusern frei, mit welchen Firmen und Personen sie Geschäftsbeziehungen führen möchten. «Die Finma hat keine Rechtsgrundlage, Institute zu bestimmten Geschäften zu zwingen», erklärte ein Sprecher. 

«Ein zartes Pflänzchen wird dabei am Wachsen gehindert», ärgert sich hingegen dieselbe Quelle. Doch mit der Zäsur unter den unabhängigen Vermögensverwaltern könnte der Berater-Status doch noch mehr Rückhalt gewinnen – und das Pflänzchen neue Triebe schlagen.