Abu Dhabi-Finanzzentrum: Mit Rekordzahlen in die zweite Dekade
Als im Oktober 2015 die Herrscherfamilie Al Nahyan von Abu Dhabi die Finanzfreihandelszone ADGM eröffnete, überwog in der Finanzwelt zunächst die Skepsis. «Welches Scheichtum braucht ein Bankenzentrum, wenn es über sieben Prozent der weltweiten Erdölreserven verfügt?», hiess es damals. Und verfügen die VAE mit dem 2004 gegründeten Dubai International Financial Centre (DIFC) nicht bereits einen etablierten Finanzknotenpunkt mit überregionaler Strahlkraft?
Kritiker sind verstummt
Doch die Golf-Emirate wollen sich nicht auf dem schwarzen Gold ausruhen, sondern für die Ära nach dem Öl vorsorgen. Der ADGM dient dabei als Katalysator, um Abu Dhabi als Magnet für Finanzdienstleistungen und Innovationen, als Talentschmiede für junge Emiratis sowie als Investitionsstandort für heimisches und internationales Kapital zu positionieren.
Der Plan geht bislang auf. An den Feierlichkeiten zum zehnjährigen Jubiläum jüngst konnte Salem Al Darei, CEO der ADGM Authority, solide Zahlen und prominente Brands präsentieren. Der ADGM, in dem das englische Gewohnheitsrecht gilt, hat im ersten Halbjahr 2025 seine Position als grösster und am schnellsten wachsender Finanzplatz der MENA-Region weiter gefestigt. Mit mehr als 11'000 aktiven Lizenzen und einem Anstieg der verwalteten Vermögenswerte (AUM) um 42 Prozent verzeichnete das Zentrum Rekordzahlen und eine deutliche Ausweitung seiner globalen Reichweite.

Profite unter Palmen: die eindrucksvolle Architektur des ADGM auf Al Maryah Islands in Abu Dhabi. (Bild: Gérard Al-Fil)
Magnet für Neugelder
Die Zahl der operativen Unternehmen stieg auf knapp 3'000, darunter 308 Finanzunternehmen und 2'664 Nicht-Finanzunternehmen. Insgesamt wurden 1'869 neue Lizenzen vergeben – der höchste Zuwachs innerhalb eines Halbjahres seit der Gründung.
Karim El-Solh, CEO von Gulf Capital, einem im ADGM ansässigen führenden Private-Equity-Haus der Region, sagte anlässlich des Jubiläums, der ADGM habe geholfen, «Abu Dhabi von einem Kapitalexporteur zu einem Importeur von Vermögen zu wandeln». Tatsächlich stieg die Zahl der Fondsmanager im ADGM auf 154, die der Fonds auf 209. Bedeutende globale Akteure wie Kimmeridge, Fortress, Circle, Partners Group, Bitcoin Suisse, BlackRock und Nuveen verstärkten ihre Präsenz in Abu Dhabi. Zwei im ADGM gelegene Luxushotels, das Four Seasons und das Rosewood, sorgen zudem dafür, dass Geschäftsreisende in wenigen Minuten die Lounges und Besprechungsräume ihrer Gastgeberfirmen erreichen.

Laut Shaikha Al Marzouqi, Direktorin, Kundenbeziehungen und Management, spielt auch die geografische Lage Abu Dhabis im Schnittpunkte zwischen Asien und dem Westen eine Rolle für den Erfolg des Finanzzentrums. (Bild: Gérard Al-Fil)
Anspruchsvolle Ziele
Aufgrund der starken Nachfrage baut das Zentrum, in dem bereits rund 36'000 Menschen arbeiten, seine Liegenschaften weiter aus und schafft zusätzliche Büroflächen für neue Unternehmen. Auch die jährliche, nunmehr 4. Ausgabe der Kongresswoche Abu Dhabi Finance Week (ADFW), die vom 8. bis 11. Dezember 2025 stattfinden wird, soll laut Al Darei deutlich grösser ausfallen sein wie im Vorjahr. Unter den mehreren hundert Referenten und Panel-Teilnehmern finden sich unter anderem UBS-Chef Sergio Ermotti, Allianz-CEO Oliver Bäte, Bitcoin Suisse-Group CEO Andrej Macjen sowie Richard Teng, CEO der Kryptobörse Binance. Teng war von 2015 bis 2021 CEO des ADGM und wechselte damals von der Singapurer Börse SGX an den Golf.
Abu Dhabi, das mit dem schneidigen Slogan «The Capital of Capital» um Unternehmen und Investoren wirbt, will in seiner zweiten Dekade zu einem globalen Finanzzentrum auf Augenhöhe mit Schanghai, Hongkong, Zürich, New York und London heranwachsen.
















