Sygnum oder Amina: Welche Kryptobank hat die Nase vorn?

Zwei Firmen, ein Abenteuer: Seit 2019 wagen sich Sygnum und Amina mit Banklizenz in die unbekannte Welt der Krypto-Finanzdienstleistungen. Nach sechs Jahren und zusammen über 200 Millionen Franken Verlust schreiben sie noch immer rote Zahlen – verfolgen dabei jedoch unterschiedliche Modelle und Perspektiven. finews.ch hat die Geschäftsberichte 2024 unter die Lupe genommen. 

Im August 2019 erhielten in der Schweiz mit Sygnum und Amina Bank (damals noch Seba) die ersten beiden Kryptobanken ihre Banklizenzen.

Beide damaligen Start-ups konnten dabei auf prominente Unterstützung zählen: Bei Sygnum engagierten sich etwa Ex-Nationalbankpräsident Philipp Hildebrand und der frühere UBS-Chef Peter Wuffli als Investoren oder Berater.

Die damalige Seba (heute Amina) leitete Guido Bühler, zuvor Chief Operational Risk Officer bei der UBS, von 2018 bis 2022 als CEO. Und mit Andreas Amschwand stand ein ehemaliger UBS- und Julius-Bär-Veteran an der Spitze des Verwaltungsrats. Bis heute ist Julius Bär mit 15 Prozent ein zentraler Investor. Dem Aufsichtsgremium gehört seit 2019 auch der frühere General Counsel der Schweizerischen Nationalbank, Hans Kuhn, an.

Sechs Jahre später stellt sich die Frage: Wo stehen die beiden ebenso ambitionierten wie personell interessanten Kryptobanken heute?

finews.ch konnte exklusiv in die Geschäftsberichte der Institute für das Jahr 2024 Einblick nehmen. Sie sind mittlerweile in vielerlei Hinsicht ausgewachsene Banken. Amina gibt die Assets under Management (inklusive Custody) mit 3,5 Milliarden Franken an, bei Sygnum sind es 4,5 Milliarden Franken.


I. Bottom Line

  Sygnum Amina
Betriebsergebnis in 1'000 Franken (Vorjahr) -4'314 (-16'049) -10'728 (-15'342)

Eine zentrale Erkenntnis des Jahres 2024 ist also, dass beide Institute noch kein positives Betriebsergebnis schreiben. Die Amina Bank schreibt, sie sei «im vierten Quartal 2024 profitabel» gewesen und rechnet spätestens im Jahr 2026 mit einem positiven Betriebsergebnis, wie das Haus auf Anfrage von finews.ch mitteilt. Sygnum, wo man deutlich näher an der schwarzen Null operiert, erklärt, man habe bereits im Jahr 2024 vor Abschreibungen (v.a. auf Software-Investitionen) und Rückstellungen «ein positives EBITDA von 8,1 Millionen Franken» erzielt.

II. Unternehmensstruktur

  Sygnum Amina
Gründungsjahr 2018 2018
Banklizenz August 2019 August 2019
Mitarbeitende (FTE) Ende 2024  242,6 103,2
CEO Mathias Imbach (seit 2018) Franz Bergmüller (seit 2022)
Geschäftsleitung 10-köpfiges Group Executive Board 8-köpfiges Executive Management
Bedeutende Aktionäre (Anteil) Luka Müller (9,94%)
Manuel Krieger (9,29%)
Mathias Imbach (9,13%)
Gerald Goh (6,24%)
Karen Seah (5,16%)
Stefan Müller (4,81%)
Julius Bär Group AG (15%)
Merse SA (9%)
Black River Asset Management (8%)
Summer SEBA Holdings Ltd (7%)
Philipp Baretta (4%)
Internationale Präsenz Singapur, Abu Dhabi, Hongkong, Liechtenstein Singapur, Abu Dhabi, Hongkong, Österreich

Augenfällig ist, dass Sygnum mehr als doppelt so viele Mitarbeiter beschäftigt wie Amina. Beide Banken leisten sich eine für ihre Grösse eher umfangreiche Geschäftsleitung von 10 Personen.

Während die Eigentümerverhältnisse bei Sygnum von den Gründern dominiert werden, fällt bei Amina die starke Stellung von Julius Bär ins Auge. Ebenfalls als Investor an Bord ist Guy Schwarzenbach mit seiner Black River Asset Management. Er gehört auch dem Verwaltungsrat an.

III. Ertrag, in 1'000 Franken

   Sygnum Amina
Nettozinsertrag (Vorjahr)  26'102 (18'460) 7'698 (5'603)
Kommissions- und Dienstleistungsertrag (Vorjahr)  31'123 (21'098) 6'978 (3'700)
Handelsgeschäft (Vorjahr) 3'961 (3'656) 18'182 (9'402)
Übriger ordentlicher Ertrag (Vorjahr)  4'144 (4'478) 125 (271)
Total Ertrag 65'330 (47'692) 32'983 (18'976)
(pro Mitarbeiter, FTE) 269,291 319,603

Beide Banken konnten ihre Erträge im Jahr 2024 deutlich steigern: Amina um 74 Prozent, Sygnum um 37 Prozent.

Interessant sind allerdings die unterschiedlichen Ausprägungen der Geschäftsfelder. Sygnum realisiert fast die Hälfte des Umsatzes im Kommissions- und Dienstleistungsgeschäft. Eine wesentliche Quelle dieser Erträge ist die augeprägte B2B-Aktivität.

Über seine B2B-Plattform stellt Sygnum über 20 weiteren Banken und ihren Kunden, darunter der Postfinance, Zugang zur Krypto-Investments zur Verfügung. Auf die B2B2C-Lösung von Amina greifen insgesamt 17 Institute zurück, darunter eine Handvoll Banken aus der Schweiz und angrenzenden Gebieten zurück.

Bei Amina sticht hingegen der hohe Anteil des Handelsgeschäfts ins Auge. Gemäss Informationen der Bank stammen dessen Erträge grossmehrheitlich aus dem Handel mit Kryptowährungen wie Bitcoin, Ethereum usw.

Beide Banken vergeben auch Lombard-Kredite auf der Grundlage von Krypto-Assets: Darlehen in Fiat-Währungen wie Schweizerfranken, Euro oder Dollar mit den Krypto-Assets der Kunden als Sicherheit. Bei Sygnum betragen die Kundenausleihungen 235 Millionen Franken (gegenüber 84 Millionen im Vorjahr, plus 180 Prozent), bei Amina sind es 103 Millionen Franken (plus 67 Prozent gegenüber 31.12.2023).

IV. Kostenseite, in 1'000 Franken

   Sygnum Amina
Personalkosten (Vorjahr)  -36'875 (-33'549) -22'127 (-16'622)
Übrige Betriebskosten (Vorjahr) -20'298 (-18'845) -20'208 (-15'690)
Total Kosten (Vorjahr) -57'173 (-52'394) -42'335 (-32'312)
Personalkosten pro Mitarbeiter (FTE) 151,999 214,409

Amina betont, seit dem Management-, Strategie- und Namenswechsel im Jahr 2022 habe die Bank signifikante Fortschritte bei der Reduktion der Kernkostenbasis erzielt.

Mike Foy, CFO der Bank, erklärt gegenüber finews.ch, die Kostensteigerung im Jahr 2024 gehe auf Sondereffekte im Zusammenhang mit Investitionen in Österreich und Hongkong zurück. «Die Kernkostenbasis ist 2024 auf etwa 30 Millionen Franken zurückgegangen. Ähnliche Einsparungen möchten wir auch dieses Jahr erzielen.»

V. Ausgewählte Bilanzkennzahlen, in 1'000 Franken

   Sygnum Amina
Bilanzsumme (Vorjahr)  800'202 (711'332) 373'303 (294'752)
Eigenkapital (Vorjahr) 120'998 (91'549)  93'132 (103'897)
Buchwert Software (Vorjahr) 25'409 (23'550)  5'850 (1'281)
Kumulierte Verlustvorträge (Vorjahr) 81'908 (66'081) 133'958 (118'547)

Mit einer CET1 Ratio von 17,48 Prozent (Sygnum) und 34,04 Prozent (Amina) sind beide Banken gut kapitalisiert.

Aus dem Buchwert der Software wird deutlich, dass Sygnum ein deutlich technologie-intensiveres Geschäftsmodell verfolgt als die Amina Bank. 


Nach fünf Jahren zeigen sich bei den beiden Kryptobanken also klare Unterschiede. Sygnum ist auf EBITDA-Ebene operativ profitabel und auch beim Betriebsergebnis scheint die Gewinnzone in Reichweite. Das eher B2B-orientierte Geschäftsfeld verspricht relativ stabile Einnahmen. 

In den Zahlen der Amina Bank widerspiegelt sich hingegen bis heute die länger andauernde Selbstfindungsphase nach der Gründung, die erst 2022 neuen Köpfen und einer neuen Strategie wich.

Es ist schwer vorstellbar, dass Amina im Schweizer B2B-Bereich Sygnum in absehbarer Zeit den Rang ablaufen könnte. Die fokussierten und sehr hohen Investitionen von Sygnum in eigene Technologie-Lösungen haben hier für einen Vorsprung gesorgt, der sich in der deutlich weiteren Verbreitung äussert.

Ein zu stark auf die potenziell volatilen Erträge des Krypto-Handelsgeschäfts vertrauendes Business-Modell würde allerdings deutliche Risiken bergen. Die Verantwortlichen der Bank haben dies erkannt und suchen den Erfolg im Privatkundengeschäft mit den Lombard-Krediten auf Krypto-Basis und in der Expansion nach Hongkong sowie, via österreichische MiCA-Lizenz, in den EWR-Raum – Sygnum sucht diesen Zugang allerdings auch, und zwar über eine liechtensteinische MiCA-Lizenz.

Neue Kapitel in der Geschichte der beiden Schweizer Kryptobanken, die weltweit in ihrer Prägung pionierhaft waren und einzigartig bleiben, dürften also bald geschrieben werden.

Für die Amina Bank sieht der Weg nach vorne steiniger aus als für Sygnum.