In einer neunteiligen Serie zeigen Bankexperten, welche Veränderungen in der neuen, steuertransparenten Wealth-Management-Welt die einzelnen Kundengruppen erwartet. (Teil 6)

Von Robert Fehr, Christoph Kley und Jérôme Zaugg*

In den vergangenen Jahren rückten menschliches Verhalten, Irrtümer und Fehler in den Mittelpunkt der Diskussion im Wealth Management. Darauf beruht die so genannte Behavioral Finance, die heute verschiedene Banken als Möglichkeit zur Differenzierung der Beratungsleistungen anwenden. So lassen sich neue Kundentypen differenzieren.

Eine der wohl bekanntesten Typologien von Bankkunden stammt von YouGov, ehemals bekannt unter dem Namen Psychonomics. Dieses Forschungsinstitut aus Köln unterscheidet Bankkunden hinsichtlich ihrer Bedürfnisse, Finanzmentalität sowie in sozioökonomischer und demographischer Hinsicht.

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Unabhängig bis zugeknöpft

Zur Finanzmentalität werden Faktoren wie das fachspezifische Finanzwissen und das Interesse etwa an Anlagethemen, die Risikobereitschaft, das persönliche Liquiditätsbedürfnis oder der Beratungs- und Servicebedarf gezählt.

Weitere Charakterisierungsmerkmale sind die Finanz- und Lebensziele sowie die Konsummentalität. Das Resultat sind fünf Bankkunden-Typen: Der Unabhängige, der Zugeknöpfte, der Fordernde, der Treue und der Eingeschränkte.

Das Leitmotiv des Unabhängigen ist die Renditeoptimierung. Bankkunden dieses Typs sind tendenziell preisorientiert, fachlich kompetent, risikobereit und aktiv. Sie verfügen über eine gute Bildung, sind dem Berater gegenüber skeptisch und nur schwer an die Bank zu binden.

Nicht auf die Hausbank fixiert

Ein Grossteil dieses Typs ist männlich und hat ein überdurchschnittliches Haushaltseinkommen. Die Lebensziele sind Genuss, ein aufregendes Leben führen, Ansehen und soziale Anerkennung. Der Unabhängige verfügt zudem über ein stark ausgeprägtes Konsumbewusstsein und achtet stets auf Qualität. Dieser Typ ist ein «Rosinen-Picker», ist nicht auf seine Hausbank fixiert und vergleicht stets unterschiedliche Angebote.

Der Zugeknöpfte gibt nur ungern Auskunft über seine persönlichen Vermögensverhältnisse. Er nimmt zwar gerne Beratung in Anspruch, achtet aber stets darauf seinen Berater auf Distanz zu halten, weshalb es grundsätzlich schwierig ist, sein Vertrauen zu gewinnen. Er verlangt ausschliesslich eine sachorientierte Beratung.

Anspruchsvoll für den Berater

An proaktiven Angeboten hat er kein Interesse. Dies macht die Arbeit für den Berater anspruchsvoll. Risiken geht dieser Typ nur ein, wenn sie überschaubar sind, insbesondere auf Grund eines ausgeprägten Kontrollbedürfnisses. Unter diesem Typ finden sich oftmals Personen mit höherem Bildungsstandard und ohne feste Partnerbindung.

Der Fordernde pflegt eine persönliche Beziehung zu seinem Berater, erwartet aber gleichzeitig hohe Leistungen. Im Vergleich zu anderen Kunden ist er bereit, für eine qualitativ hochstehende Beratung mehr zu bezahlen. Weitere Charakteristika sind eine ausgeprägte Fachkompetenz, eine geringe Preisorientierung und eine hohe Risikobereitschaft. Der Fordernde erwartet viel von seiner Bank, ist dieser aber auch treu.

Geringe Wechselabsichten

Wichtigstes Finanzziel ist die Altersvorsorge. Kunden dieses Typs sind oftmals jüngere Personen, welche in einer Partnerschaft gebunden oder verheiratet sind.

Wie es der Name schon sagt, ist der Treue eng mit seinem Berater und seiner Hausbank verbunden und hegt deshalb nur geringe Wechselabsichten. Dieser Kunde ist im Vergleich zu andern Bankkunden einfach zufriedenzustellen und empfiehlt die Bank gerne weiter.

Kunden mit geringem Interesse

Da seine fachliche Kompetenz überschaubar ist, stellt er kaum Vergleiche an. Der Bankberater ist und bleibt die wichtigste Informationsquelle. Der Treue zieht sichere Anlagen vor, zum Beispiel festverzinsliche Wertpapiere, und er meidet Aktien. Zu diesem Typus gehören überdurchschnittlich viele ältere Personen.

Schliesslich der Eingeschränkte: tendenziell Personen mit sehr geringem Interesse an Finanzthemen, geringer Kompetenz und Bildung sowie einem niedrigen Einkommen. Dieser Kunde ist daher typischerweise im Retailgeschäft anzutreffen.

Mit der Bank eher unzufrieden

Persönliche Angebote seiner Hausbank interessieren diesen Kundentyp kaum, denn er bezieht seine Informationen aus anderen Quellen, beispielsweise aus Tageszeitungen oder über Freunde und Bekannte. Vergleiche werden nur selten angestellt, obwohl der Eingeschränkte mit seiner Bank eher unzufrieden ist. Zudem verfügen diese meist älteren Personen über ein hohes Liquiditätsbedürfnis.

Die Veränderungen auf dem Finanzplatz Schweiz, insbesondere das Thema Weissgeldstrategie, betreffen nicht alle Kundentypen gleichermassen. Cross-Border-Kunden des Typs «Der Unabhängige» werden Alternativen prüfen und auf Grund der niedrigen Bindung zu ihrer Bank auch für einen Wechsel bereit sein.

Eine kleine Welt ist zusammengebrochen

Für den Zugeknöpften ist eine kleine Welt zusammengebrochen, sein Vertrauen wieder zu gewinnen, ist äusserst schwierig und ein langwieriger Prozess. Der Treue hingegen wird auch künftig seine Bankverbindung ohne Hinterfragen aufrechterhalten.

Lesen Sie den 7. Teil dieser Serie am Donnerstag, 7. November 2013, auf finews.ch.


* Robert Fehr ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Zentrum für Banking und Finance der ZHAW School of Management and Law (ZBF). Dr. Christoph Kley ist Dozent für Banking & Finance sowie Projektleiter am selben Zentrum. Jérôme Zaugg ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am ZBF.

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