Tech-Konzerne wie Amazon, Apple oder Google drängen mit aller Kraft in die Finanzindustrie. Ihre Vorteile gegenüber den traditionellen Banken liegen nicht zuletzt in der Reputation. 

Wann waren Sie zuletzt in einem Apple-Store oder in einem Starbucks-Café? War das Erlebnis auch nur im Entferntesten mit den Dienstleistungen einer Bank vergleichbar?

Glaubt man dem neuen Bericht der international tätigen Beratungsfirma Forrester, «Retention Is Not Enough: Banks Must Build Emotion-Rich Relationships To Grow», ist das ein Problem. Denn gerade diese Unternehmen verstehen es, das Kundenerlebnis auf eine positive Art einzigartig zu gestalten, indem sie es mit Emotionen verbinden.

Daraus entsteht eine neue Art von Gefahr für die Bankenwelt. Denn eine Gruppe von Herausforderern, sogenannte Challenger Brands, äugt nun auf die Bereitstellung von Finanzdienstleistungen: Marken wie Alibaba, Amazon, Apple, Baidu, Google, Line, Orange, Starbucks oder T-Mobile.

Die Bank rentiert mehr

Und das ist nichts als logisch. Wie dem Forrester-Bericht zu entnehmen ist, setzen Firmen wie Apple zwar enorme Summen an Geld um, am Ende des Jahres ist der Nettogewinn in Prozent des Bruttoertrags jedoch viel kleiner als bei Banken. Der Finanzsektor hat ausserdem, auch wenn er sich gerade in ziemlich turbulenten Zeiten befindet, immer wieder eine gewisse Widerstandsfähigkeit bewiesen und wächst konstant. Da wollen die Konsumgiganten natürlich auch ein Stück vom Kuchen.

Und das werden sie auch bekommen, wenn es nach Forrester geht, unter anderem, weil sie eine richtige Marke haben. Das kann man laut dem Bericht von vielen Banken nicht gerade behaupten: «In den entwickelten Ländern glauben zwischen einem Drittel und fast der Hälfte der Erwachsenen, dass Banken im Grunde genommen alle gleich sind.» Folglich rangieren die Banken bei der Differenzierung zumindest in den USA typischerweise im schlechtesten Quartil, während Challenger-Marken im höchsten Quartil anzutreffen sind.

Ovomaltine vor UBS, Zweifel vor CS

Das lässt sich auf die Schweiz übertragen. Was glauben Sie, wie viele Banken in der Schweizer Version des BrandAsset Valuators, der weltweit grössten Markenstudie, in den Top Ten der Konsum-Marken 2019 zu finden waren? Null, genau so wie in den Top 20. 

Keine Spur von der UBS und der Credit Suisse. Dafür sind Marken wie Ovomaltine, Ricola und der Chips-Hersteller Zweifel aufgeführt. In den USA werden die Grossbanken von Marken wie Caterpillar (Baumaschinen) und John Deere (Traktore) in den Schatten gestellt.

Das kann sich noch rächen. Denn Amazon verteilt bereits Kredite, Apple gibt zusammen mit Goldman Sachs eine Kreditkarte heraus, während Kunden auf Starbucks-Karten insgesamt bereits über 1 Milliarde Dollar angelegt haben, die sie über das hauseigene Zahlungssystem in den Kaffeehäusern wieder ausgeben können. 

Was macht eine Marke aus?

Darum müssen die Banken handeln: «Ohne ein Vermächtnis, das ihnen Halt gibt, ohne strukturelle Barrieren, die räuberische Marken fern halten, und ohne die Differenzierung, die ihnen Loyalität sichert, müssen sich Finanzmarken etwas weitaus Elementarerem zuwenden, um Kunden zu gewinnen und zu halten: Sie müssen ihre Marke und die Beziehung der Kunden dazu festigen, und ihr Engagement vertiefen, um einen aussergewöhnlichen Wert zu schaffen», so Forrester. Sonst seien die Kunden weg.

Doch wie geht das? Dafür müssen sich die Banken erst einmal klar werden, was ihre Marke eigentlich ausmacht. Forrester hat in einer Studie mit mehr als 4'400 Amerikanern festgestellt, dass die Kraft einer Marke drei Dimensionen umfasst: Einerseits die Ausstrahlung, also im Vordergrund stehen und prominent sein; weiter die Eignung, also das richtige Produkt, den richtigen Preis, die richtige Erfahrung und den richtigen Kanal zur Verfügung zu haben, um die Wahl zu beeinflussen; und Emotionen, die die Art der Marke und ihre Beziehung zu den Kunden bestimmen.

Seien Sie relevant

Das wichtigste ist die Ausstrahlung: Ungefähr 60 Prozent der Energie einer Finanzmarke rührt laut dem Bericht daher, dass man an erster Stelle steht und eine überzeugende Lösung hat, die den Bedürfnissen der Kunden entspricht – also relevant ist. Traditionelle Finanzmarken sind in dieser Hinsicht gezwungen, härter in die Pedale zu treten, seit es innovative Neobanken wie Revolut, N26 oder Monzo gibt, die das digitale Bankenerlebnis neu definiert haben.

Seien Sie emotional

Weiter muss die Marke mit Emotionen gefüllt werden. Und da haben Banken ordentlichen Nachholbedarf, jedenfalls bei den positiven Emotionen. Zumindest in den USA – der Wert dürfte im Bankenparadies Schweiz vielleicht ein wenig tiefer sein – glauben weniger als 40 Prozent der Menschen, dass Grossbanken das tun, was für ihre Kunden am besten ist. Deshalb hat Apple seine Kreditkarte letztes Jahr auch mit «Created by Apple, not a Bank.» angepriesen, und das sagt schon einiges über den Zustand der amerikanischen Bankmarken.

Dabei gäbe es so viele Möglichkeiten, die eigene Marke mit Emotionen zu verknüpfen. Kundinnen und Kunden gehen, so Forrester, ja grossmehrheitlich auf ihre Bank zu, wenn sie in einem bestimmten Lebensabschnitt Unterstützung brauchen. Sei es die Hochzeit, die Scheidung, der Antritt einer neuen Stelle, die Gründung eines eigenen Geschäfts, die Geburt eines Kindes, und so weiter. Warum die Kunden nicht dort abholen?

Seien Sie da

Dann kann sich die Bank daran machen, ihren Kunden bedeutsame und sinnstiftende Erfahrungen anzubieten, so kitschig und abgedroschen das auch klingen mag. Forrester weiss wie: «Die Allgegenwärtigkeit von technischen Geräten und die Verbreitung von Technologie im Bereich Consumer Finance weisen darauf hin, dass digitale Erlebnisse eine wichtige Rolle bei der Differenzierung spielen.» Und Achtung, jetzt kommts: «Sinnvolle Differenzierung entsteht jedoch nicht nur durch Produkte und Schnittstellen, sondern durch eine ganzheitliche Sicht der Kundenbedürfnisse.»

Denn nur weil jetzt jedermann ein Handy hat, wollen die Kunden nicht einfach gar keinen menschlichen Kontakt zur Bank. Gerade in Europa und Nordamerika, wo die Kundschaft in der Regel schon Online-Interaktionen bevorzugt, dienen physische Standorte laut Forrester weiterhin als wichtige Berührungspunkte bei der Eröffnung von Konten und dem Kauf von Bank- und Kreditprodukten. Denn: «Ausstrahlung, Eignung und Emotionen sind nicht nur individuelle Beiträge zur Markenenergie; sie verstärken ihre kombinierte Wirkung, wenn sie durch sinnvolle, zusammenhängende und menschliche Erfahrungen Resonanz finden.»

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