Der grösste Startup-Markt der Welt, die USA, hat ein Programm aufgelegt, das auf den ersten Eindruck den Jungunternehmen hilft, aber am Ende überhaupt nicht funktioniert. Welche Lehren lassen sich daraus ziehen?

Mehrere 1'000 Milliarden Dollar sind im Rahmen der Corona-Pandemie an Hilfsgeldern gesprochen worden. Fluggesellschaften, Automobilhersteller, Maschinen-, und Anlagenbauer bis hin zu Kleinstunternehmen profitieren seither von diesen staatlichen Mitteln – weltweit.

Im Gegensatz dazu passen Startups oft nicht in die von den Regierungen festgelegten Parameter. Denn sie machen keinen Gewinn, sondern verbrennen bloss Geld. Häufig generieren sie noch sehr wenig Umsatz und viele Startups haben auch keine Assets wie Immobilien und andere Anlagen, sondern bestenfalls ein hoffnungsvolles Produkt oder eine Marke die im Aufbau begriffen ist und hohe Kosten, um das weitere Wachstum zu finanzieren. Diese Startup-Realität ist in der Regel keine Voraussetzung für einen «Corona-Kredit».

Unsinnige Förderungsmassnahmen

In den USA gibt es immerhin einige Fördermassnahmen für Startups. Gemeint sind die sogenannten Paycheck Protection Program Loans (PPP). Allerdings sind die Bedingungen für diese Förderkredite sehr restriktiv, vor allem wenn es um neue Investmentrunden geht. Denn vor einer Kapitalerhöhung muss ein solcher Kredit zurückgeführt werden. Das hat zur Folge, dass viele Startups solche Kredite gar nicht annehmen können, wenn sie frisches Kapital annehmen wollen, um weiter zu wachsen.

Michael Bornhaeusser 504

«Die USA – als grösster Startup-Markt der Welt – haben ein Programm aufgelegt, das auf den ersten Eindruck macht, den Startups zu helfen, aber am Ende überhaupt nicht funktioniert», sagt Michael Bornhäusser (Bild oben), Wagniskapitalgeber und Co-Gründer der Schweizer Firma Bulb Capital, im Gespräch mit finews.ch.

Massiver Rückgang

Das in Basel ansässige Unternehmen hat aktuell vier Investments in US-Startups. Nach Rücksprache mit den zuständigen Personen hat keine dieser Firmen einen PPP Loan in Anspruch genommen. Um auch nach der Corona-Krise dereinst immer noch am Markt zu sein, sind daher weitere Kapitalerhöhungen erforderlich.

«Wie in jeder Krise ist der Appetit von Investoren jeglicher Couleur eher verhalten», stellt Bornhäusser fest. Gemäss einer aktuellen Umfrage von PitchBook ist in den USA derzeit ein massiver Rückgang der Wagniskapital-Investitionen zu beobachten. Laut diesen Angaben haben sich diese Investitionen von der Summe her halbiert; gemessen an der Anzahl Deals fielen die Transaktionen um gut 30 Prozent. «Diese Zahlen bringen klar zum Ausdruck, dass Venture-Capital-Investoren zwar einige Kapitalrunden durchgezogen haben, allerdings mit kleineren Beträgen. Kurzum, sie verhielten sich wesentlich vorsichtiger und risikoscheuer als noch vor der Krise», so Bornhäusser.

Frisches Kapital um jeden Preis

Startups, die in den Monaten vor Corona eine Investmentrunde lanciert hatten und diese nicht im März abschliessen konnten, sahen sich plötzlich mit existenziellen Problemen konfrontiert: kein neues Geld, immer noch Verlust. Somit schrumpfte die Liquidität kontinuierlich. «Das Fazit», so Bornhäusser weiter, «ist entweder ein Notverkauf – zu diesen Zeiten ebenfalls keine echte Option – oder mit der Bewertung runter, um zu (fast) jedem Preis an frisches Kapital zu gelangen.»

Wie Bornhäusser weiter berichtet hat seine Firma vor rund drei Wochen angefangen, nach guten Fintech-Startups Ausschau zu halten. Das Feedback sei enorm. Institutionen wie Morgan Stanley, Industry Ventures, Accel Partners seien innert Tagesfrist mit unzähligen Investmentvorschlägen von Firmen gekommen, die aktuell verzweifelt auf der Suche nach Kapital seien.

Über den Corona-Schatten springen

«Die Downrounds, also die Investmentrunden, die unter der letzten Bewertung liegen, hatten Abschläge von bis zu 70 Prozent der vorangegangenen Post Money Valuation», betont Bornhäusser. Kein Anlagesektor reagiere so heftig auf Krisen, da das Zusammenspiel von Wachstumsfinanzierungen mit operativen Verlusten auf der Firmenseite und einer schwachen Investmentnachfrage einen heftigen Einfluss auf die Bewertungen, also auf den Einkaufspreis habe.

Natürlich müsse man genau hinschauen. Man wolle ja nicht gutes Geld in die Abwicklung einer sterbenden Firma investieren. Doch es gebe Perlen, die ganz einfach auf dem falschen Fuss von der Pandemie erwischt worden seien. Und diese gelte es, aufgrund von strengen Evaluationskriterien zu finden, erklärt Bornhäusser. «Aktuell sollte über den ‹Corona-Schatten› springen und Wagniskapital definitiv als Asset-Klasse betrachten. Billiger werde man gute Startups wohl nicht so schnell wieder finden, zumal sich die Stimmung auch ganz schnell wieder aufhellen könne. «Das kennt man ja aus der USA», sagt Bornhäusser.


Michael Bornhäusser ist zusammen mit Dominik Joos einer der beiden Gründer und der CEO von Bulb Capital, einem Spin Off des Private-Equity-Bereichs der Sallfort Privatbank, der 2012 von ihm etabliert worden war. Seit dem Start 2012 hat die Firma im Rahmen von Venture Capital Club Deals insgesamt 15 Finanzierungsrunden bei elf Startups in den USA, England sowie in Lateinamerika vollzogen und dabei sieben erfolgreiche Exits erzielen können. Damit gehört das Bulb-Team zu den erfolgreichsten Wagniskapital-Investoren in der Schweiz.

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