Derzeit machen zahlreiche Bilanzskandale im Ausland von sich reden. Doch wie steht es um die hiesigen Revisoren? finews.ch erkundigte sich bei der Schweizer Aufsichtsbehörde für Wirtschaftsprüfer danach.

Der Wirtschaftsprüfer EY steht in Deutschland im Wirecard-Skandal unter Beschuss. Beim Wirtschaftsprüfer PWC fanden Razzien ebenfalls in Deutschland statt, weil das Unternehmen bei der Steuerhinterziehung offenbar geholfen haben soll.

Und KPMG kostet eine Einigung mit der Regierung von Malaysia im 1MDB-Betrugsfall 80 Millionen Dollar. Wie ist es angesichts solcher Probleme eigentlich um die Gilde der Wirtschaftsprüfer in der Schweiz bestellt?

Rückschläge und Ausreisser

k01878 reto sanwald

Der Direktor der für solche Fragen zuständigen Eidgenössischen Revisionsaufsichtsbehörde (RAB), Reto Sanwald (Bild oben), erklärte gegenüber finews.ch, dass sein Amt den staatlich beaufsichtigten Revisionsunternehmen generell ein gutes Zeugnis ausstellen könne.

«Es gibt es aber auch hierzulande immer wieder Rückschläge und Ausreisser. Denn die Qualität einer Revision steht und fällt mit dem Fachwissen, der Erfahrung, der Integrität und der kritischen Grundhaltung der beteiligten Personen», sagte er weiter.

Whistleblowing hilft

Seine Behörde verfolge daher alle glaubhaften Hinweise auf Missstände in der Schweiz. Was zum Beispiel den Wirecard-Skandal in Deutschland angeht, haben Sanwald und sein Team bisher keine vergleichbaren Mängel hierzulande festgestellt. Aber kann eine kleine Behörde mit nicht mal 30 Mitarbeitenden überhaupt in die Tiefe gehen?

Die RAB wähle die zu überprüfenden Mandate und Prüfpositionen sehr risikoorientiert aus, so Sanwald. Ausserdem setze die Behörde auf «Prüfthemen mit Überraschungspotenzial». «Das ergibt zum einen eine detektierende, aber auch eine nicht zu unterschätzende präventive Wirkung unserer Überprüfungen», erklärt der Behördendirektor.

Extra genauer hingeschaut

Die RAB habe ausserdem als Folge des Wirecard-Skandals im vergangenen Jahr bewusst das Thema externe Bankbestätigungen als einen Prüfungsschwerpunkt bei den staatlich beaufsichtigten Revisionsunternehmen gewählt. Dabei sei aber bis dato nur untergeordneten Verbesserungsbedarf festgestellt worden.

Wäre ein Wirecard-Skandal, wo Milliarden an bilanzierten Geldern gar nicht auffindbar sind, in der Schweiz also nicht möglich? Zum Wirecard-Skandal in Deutschland will sich Sanwald zwar nicht äussern.

«Aus dem Wirecard-Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestags und dem sogenannten Wambach-Bericht ergeben sich allerdings schon Zweifel, ob die Wirtschaftsprüfer ihre Handlungen nach den geltenden Berufsstandards in Deutschland durchgeführt haben», räumt er ein. Dies müssten aber letztlich die Behörden und Gerichte in Deutschland beurteilen, sagt Sanwald.

Politische Buchhaltungen?

Mit Blick zum Beispiel auf den Fall Zeromax, bei dem eine im Kanton Zug domizilierte Holding quasi in einen Skandal in Usbekistan verwickelt ist, scheint es doch auch hierzulande Missstände zu geben. «Zu aktuellen Einzelfällen können wir uns nicht im Detail äussern. Losgelöst davon müssen die Konzernprüfer nicht nur die Holdinggesellschaft verstehen, sondern auch die Geschäftsmodelle und Prozesse der einzelnen bedeutsamen Teilbereiche des Konzerns. Sie werden dabei üblicherweise unterstützt durch Teilbereichs-Prüfer im Ausland.»

Berücksichtigt werden müsste allerdings auch, dass ausländische Regierungsstellen politische Entscheidungen treffen können, die erhebliche Auswirkungen auf die Jahres- und Konzernrechnung haben können, sagte der RAB-Direktor gegenüber finews.ch weiter.

Aufwändiger Wechsel

Aber könnten Missstände aus dem Ausland nicht doch auf die Schweiz überschwappen, falls etwa eine Grossbank wie die UBS künftig EY nicht mehr als Wirtschaftsprüfung nehmen könnte? Die Überlegungen für einen Wechsel der Revisionsgesellschaft bei Konzernen sei mittlerweile ein Standardprozess, doch dabei spielten zahlreiche Faktoren eine Rolle, heisst es vom RAB. «Die Firmen müssen eine ganzheitliche Betrachtung vornehmen, denn der Wechsel eines Konzernprüfers ist letztlich sehr aufwendig.»

Somit scheint die Schweiz bei den staatlich beaufsichtigten Revisionsunternehmen weitestgehend eine Insel der Glückseligkeit zu sein. Angesprochen darauf, was denn dem Direktor der RAB derzeit überhaupt Sorgen bereite, sagte er, dass aufgrund der Coronavirus-Pandemie seit geraumer Zeit nur eingeschränkt physischen Treffen stattfinden könnten. «Diese sind jedoch zum Beispiel für den Nachwuchs wichtig, weil junge Prüferinnen und Prüfer den erfahrenen Mitarbeitenden quasi über die Schulter schauen können.»

Physischer Kontakt bewahren

Hybrides Arbeiten sei sicherlich zukunftsweisend. Doch müssten Mitglieder der Prüfteams auch weiterhin vor Ort präsent sein. «Die Revisionsunternehmen sollten daher Vorgaben dazu schaffen, in welchen Phasen der Prüfung und zu welchen Themen der physische Kontakt zum geprüften Unternehmen erforderlich ist und bleibt», mahnt der Direktor der Revisionsaufsichtsbehörde.

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