«Ich suche kein Neugeld», sagte Jürg Zeltner Anfang dieser Woche. Der Satz drückt in aller Deutlichkeit das Dilemma aus, in welchem der Chef der UBS Vermögensverwaltung steckt. Zeltner bleibt nur eines zu tun.

Das UBS Wealth Management hat in den vergangenen Quartalen den Eindruck eines Kolosses hinterlassen, der an Muskelkraft verliert: Die Erträge sanken stetig, das Neugeld von Kunden floss nur spärlich.

Letzteres ist bei der UBS gewollt. «Ich suche keine Neugelder», sagte Jürg Zeltner, President UBS Wealth Management, mit überraschender Offenheit am Dienstag an einer Forumsveranstaltung der «Finanz und Wirtschaft».

Bruch mit dem Wachstumscredo

Zeltner bricht damit öffentlich mit der vermutlich wichtigsten Kennzahl im Vermögenverwaltungsgeschäft: dem Wachstum der Netto-Neugelder. Die UBS sehe darin keinen Wachstumsmotor mehr, fuhr Zeltner fort. «Wir werden uns diesem Druck entziehen.»

Die Aussagen spiegeln die harte Realität eines Geschäfts wider, in welchem Kundenassets das Blut in den Adern sind. Aber das Blut fliesst (fast) nicht mehr.

Das Dilemma des Jürg Zeltner ist: Mehr Kundengelder zu verwalten, führt im Endeffekt nur zu steigenden Kosten.

Nur auf gutem Geld wird Geld verdient

Seit 2009 betreut die UBS zwar rund 300 Milliarden Franken mehr, doch das Ertragsniveau ist offenbar nicht gestiegen – im Gegenteil. Der Chef der grössten Private-Banking-Einheit der Welt spricht damit nur aus, was alle wissen, aber möglicherweise noch verdrängen.

In einer Welt, in der Anlage- und Währungsmärkte Kundengelder fressen, hunderte Millionen Franken von Zinserträgen fehlen, und die Verunsicherung der Kunden eher zu- als abnimmt, ist verwaltetes Kundengeld nur dann gutes Geld, wenn es entweder diskretionär verwaltet wird oder die Bank im Auftrag investieren kann.

Kein Leverage für Kunden

Nach den Worten Zeltners: «Ich suche kein Neugeld, auf dem ich kein Geld verdienen kann.» Beim Namen nannte er in seinem Referat die Credit Suisse zwar nicht, welche im internationalen Wealth Management wieder ordentlich Kundengelder akquiriert.

Er aber wolle mit Neugeldern weder die Bilanz der UBS strapazieren, noch die Assetbasis durch die Vergabe von Krediten erhöhen. «Wir machen in der Vermögensverwaltung keine Kreditgeschäfte, die dazu dienen, den Cash-flow eines Unternehmers zu finanzieren», sprach Zeltner die Praxis an, Kundengelder zu «leveragen».

Im Klartext sagte er, die UBS wolle eigentlich nur noch Kunden, die bereit seien zu investieren, so dass die Bank Geld verdienen kann.

Eine Bank, die nicht mehr wachsen will

Die UBS macht so nun den Eindruck einer Bank, die nicht mehr wachsen will, weil Wachstum in der neuen verrückten Welt der unberechenbaren Finanzmärkte und Negativzinsen nur kostet.

Die Abkehr vom Wachstumscredo ist total, denn Zeltner will auch keine Rolle in der Konsolidierung des Private Banking übernehmen. Die UBS sei aktiv im Markt, sagte er zwar.

Acht Akquisitions-Fehler

Er fügte aber gleich an, von den neun Akquisitionen, die er als Wealth-Management-Chef verantwortet habe, «waren acht ein Fehler.» Die letzte Übernahme, die das UBS Wealth Management tätigte, war das Vermögensverwaltungsgeschäft der spanischen Bank Santander in Italien.

Die strategischen Leitlinien, die Zeltner für Akquisitionen gesteckt hat, machen es sehr schwer, überhaupt Kaufmöglichkeiten in Betracht zu ziehen. Die UBS integriere und konsolidiere – etwas anderes komme gar nicht in Frage.

Eine Welt sinkender Erträge

Das heisst, ein partnerschaftliches Modell eines Zusammengehens gibt es bei der UBS nicht. Ein Zukauf müsse zudem entweder den Eintritt in einen neuen Markt ermöglichen oder zumindest das Wachstum in einem Markt klar beschleunigen, so Zeltner weiter. An erster Stelle stünden aber die Synergien.

Zeltner bleibt auch hier der Anti-Wachstumsdevise treu: Er glaubt nur an Kostensynergien, nicht an solche, die sich über Wachstum einstellen. «Das ist in einer Welt der sinkenden Erträge zum Scheitern verurteilt», so sein Fazit.

Wer die meisten Transaktionen unter diesen rigiden Vorgaben betrachte, müsse konstatieren: «Nur wenige Akquisitionen sind sinnvoll.»

Ein schonungsloses Bild

Zeltners Bild, das er von seiner Geschäftseinheit und von der Branche insgesamt zeichnet, ist schonungslos. Und das Dilemma, in dem das Private Banking steckt, ist in Zeltners Welt nur durch eine Massnahme zu steuern.

Und diese Massnahme heisst sparen, rationalisieren, Synergien suchen und schaffen, sowie in kostensparende Infrastruktur investieren, vor allem aber auch Personal entlassen.

Abnützungskampf mit den Kunden

Präzise ist Zeltner nicht geworden, sagte aber, dass das Erreichen des Sparzieles von «Hunderten von Millionen Franken» bislang «Hunderte Entlassungen« zur Folge hatte; es kämen weitere hinzu. Er wolle keinesfalls eine höhere Cost-Income-Ratio als 65 Prozent.

Insgesamt ist die von Zeltner skizzierte Gesamtschau auf das UBS Wealth Management alles andere als optimistisch.

Im Prinzip ist seine Strategie der Wachstumsverweigerung eine Art Abnützungskampf mit seinen Kunden. Denn nur diese können die Abwärtsspirale durchbrechen, indem sie ihre Bargeldberge wieder in den Märkten investieren und der UBS Transaktionserträge verschaffen.

Kompetenz ummünzen

Gegen die Passivität und Risikoscheu ihrer Kunden setzen Zeltner und seine Frontleute alles an Beratungskompetenz und -kraft ein. Er predigt die Sach- und Anlagekompetenz der UBS und des Swiss Private Banking «als Teil unserer Kultur», sie sei bei den Kunden ausserordentlich gefragt.

In steigende Erträge konnte die UBS diese Kompetenz bislang aber nicht ummünzen. Aber Zeltner will für den Tag X bereit sein. Die Kostenmassnahmen zielen nicht auf das Beratungsgeschäft. «Ich will die Kundenfront nicht schwächen, wir müssen agil bleiben», sagte er.

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