Erfahrungen in Singapur

Rund zwei Jahre verbrachte er auch im Wachstumsmarkt Singapur, wo er Incentive- und Bonussysteme für Kundenberater entwickelte, wie er sich im Gespräch erinnert. In der Rolle eines divisionalen Finanzchefs qualifizierte er sich schliesslich definitiv für einen Job ganz oben, zumal er aufgrund seiner Funktion sowohl über die Kosten wie auch über die Kreditengagements der Bank stets genau Bescheid wusste. Der Rest ist Geschichte und kulminiert in der Ernennung zum IWM-CEO, die kaum jemand wirklich zur Kenntnis nahm.

Dabei hätte Wehle rein aus schweizerisch-traditioneller Sicht ganz grundsätzlich die besten Voraussetzungen mitgebracht, um Karriere in einer hiesigen Grossbank zu machen. Denn was früher geradezu Bedingung war, um hierzulande aufzusteigen, nämlich mindestens einen Offiziersrang im Militär, brachte er mit, allerdings bei der deutschen Bundeswehr, wo er nach seinem Abitur eine zweijährige Ausbildung zum Oberleutnant absolviert hatte.

In der Armee Russisch gelernt

Diese Zeit war nicht nur führungsmässig eine gute Lehre, wie er sich erinnert, sondern bot ihm auch die Gelegenheit, während zehn Monaten Russisch zu lernen, da er im Ernstfall an der Grenze nach Osten seinen Einsatz geleistet hätte. Heute kommt ihm dieses Sprachwissen höchstens dann noch zugute, wenn er vermögenden Kunden aus Russland gegenübersitzt, wie er im Gespräch einräumt. Aber vergessen habe er trotzdem vieles von dieser Sprache.

Nicht zuletzt unter diesen beruflichen Prämissen will Wehle einen Schwerpunkt auf sogenannte strategische Kunden – vorwiegend Milliardäre – in seiner Abteilung setzen. «Bei dieser Klientel wollen wir den Wachstumsbeitrag über die nächsten Jahre verdoppeln», erklärt er. Erreichen will er dies dank einer «umfassenden Betrachtung» dieser Kundschaft, und zwar zusammen mit bankinternen Experten aus dem Asset Management und Investmentbanking. Zudem soll ein «Strategic Client Council» unter der Leitung von Babak Dastmaltschi den Austausch über die Regionen hinweg begünstigen.

Digitale Tools

Zudem strebt Wehle eine weitere Systematisierung der Kundenberatung und Abläufe in seiner Division an. Digitale Tools als Ergänzung zur persönlichen Interaktion sollen dabei eine wichtige Rolle spielen. Obschon deren Einsatz gerade bei der sehr vermögenden Kundschaft in der Branche sehr umstritten ist, zeigt sich Wehle hingegen überzeugt, dass die CS mit technologischen Tools zum Beispiel das Portfolio-Management auf Basis individueller Anlagestrategien verbessern kann – etwa mit der Simulation von Vermögenssituationen unter verschiedenen Szenarien.

Wehle hat weitere Schwerpunkte im Visier, wie er im Gespräch mit finews.ch festhält. Die Geschäftseinheit «Private Banking International», unter der Leitung von Raffael Gasser, soll das Geschäft der grenzüberschreitenden Anlageberatung internationaler Kunden aus der Schweiz heraus ausbauen. Weiter plant die CS einen paneuropäischen Hub mit Beratungs- und Buchungskapazitäten in Luxemburg. Dabei sollen auch neue Technologien Anwendung finden, die die Berater und deren Kunden in der Auswahl und Überwachung von Anlageentscheiden unterstützen.

Längerfristige Angelegenheit

«Das klassische Beratungsgeschäft wird damit den Weg zu einem hybriden Modell beschreiten», skizziert Wehle das Banking der Zukunft – und im Bereich nachhaltiger Anlagen – der momentan wohl grösste Trend im Geschäft – will das Credit Suisse Asset Management bis Ende 2020 insgesamt 120 verschiedene ESG-kompatible Fonds anbieten.

Solche klaren Ansagen lassen darauf schliessen, dass Wehle seinen Job als eine längerfristige Angelegenheit versteht. Die erklärte Absicht, sich in der Schweiz einzubürgern, unterstreicht zusätzlich, dass der vierfache Familienvater seine Perspektiven auch privat hierzulande sieht – unter den Top-Leuten der CS ist er dabei nicht einmal der Einzige.

 

 

 

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