Sein Einstand als Divisionschef bei der Credit Suisse verlief gänzlich unter dem Radar. Dabei bringt Philipp Wehle mindestens zwei wichtige Voraussetzungen mit, um den weiteren Weg der Grossbank zu pflügen: Unbefangenheit und Kompetenz – besonders nach der Sturm- und Drang-Periode eines Iqbal Khan.

«Hallo, ich bin Philipp», sagt der Mann spontan und nimmt damit schon sehr viel von der Unnahbarkeit weg, die so vielen, sogenannten Top-Bankern vorauseilt. Philipp heisst Philipp Wehle und ist seit Anfang Juli 2019 CEO der Division International Wealth Management (IWM) bei der Credit Suisse, also der Abteilung für internationale Privatkunden (ohne Asien) mit mindestens einigen Millionen Franken an Vermögen. Er steht in dieser Funktion mehr als 10'200 Mitarbeitenden vor, seine Division verwaltet rund 750 Milliarden Franken.

Der 45-jährige Süddeutsche hat derzeit vermutlich den schwierigsten Job im Swiss Banking gefasst, zumal Wehles Vorgänger kein geringerer war als der zum Starbanker emporstilisierte Iqbal Khan. Dass dieser vor etwas mehr als vier Monaten die CS verliess und kurz darauf direkt zur Erzrivalin UBS marschierte, war an sich schon eine fette Schlagzeile wert. Dass er dann noch in eine CS-interne Bespitzelungsaffäre hineinrutschte, war schliesslich Anlass genug, dass die ganze Öffentlichkeit für ein paar Wochen wieder einmal am abgehobenen Gehabe einiger Vertreter des Schweizer Finanzplatzes Anteil nahm.

Gegenentwurf zum Superstar-Banker

Kein Wunder, dass unter diesen Prämissen Wehles Einstand als Khan-Nachfolger nicht ganz so entspannt verlief, wie er sich das vielleicht vorgestellt hätte – so gesehen verkam sein Amtsantritt in gewisser Weise zu einer Fussnote in der CS-Geschichte, obschon es dafür eigentlich keinen Grund gegeben hätte.

Denn mit dem neuen IWM-Chef übernahm ein Banker das Zepter, der unprätentiös, integer und irgendwie auch unverbraucht daherkommt und damit sozusagen als Gegenentwurf zu jedem hochgejubelten Superstar-Banker enorme Chancen freizusetzen vermag – gerade weil er sich stets bewusst ist, dass jede Führungskraft in einem Konzern nur immer so gut ist wie das Team dahinter, wie Wehle im Gespräch mit finews.ch feststellt.

Söldnertum bis auf die oberste Chefetage

Unbefangen ist möglicherweise ein weiteres treffendes Attribut, das sich dem gebürtigen Deutschen zuschreiben lässt ist, weil er sich durchaus traut, den bisherigen Kurs seines Vorgängers zu hinterfragen und mit zusätzlichen Prioritäten neu zu reflektieren. «Es lief in der Vergangenheit gut, doch wir können uns noch verbessern», räumt er unumwunden ein und sagt weiter: «Ich sehe grosses Potenzial, wenn wir den Erfahrungsaustausch zwischen den verschiedenen Divisionen ausbauen können.» Zumal Wehle der Überzeugung ist, dass es weltweit heute nur wenige Grossbanken gibt, die die Bedürfnisse und Erwartungen sehr vermögender Kunden umfassend und ganzheitlich abdecken können.

«Die eigentliche Herausforderung liegt darin, dass wir die gesamten Möglichkeiten der integrierten Bank dem Kunden passgenau zugänglich machen», sagt einer, der seit bald 15 Jahren der zweitgrössten Schweizer Bank die Treue hält. Das ist nicht unerheblich in einer Branche, wo das Söldnertum mittlerweile selbst auf den obersten Chefetagen grassiert und die meisten Initiativen zunehmend kurzfristiger Natur sein müssen, damit sie schnell entweder bonusrelevant werden oder man sie sogleich wieder «abschiessen» kann.

Einzigartige Bergkulisse

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(Bild: Credit Suisse)

Aufgewachsen in der Universitätsstadt Eichstätt in Oberbayern studierte Wehle später Wirtschaftswissenschaften an der Universität Bonn bevor er dann zu einer kleineren, auf die Bankbranche spezialisierten Unternehmensberatung ehemaliger McKinsey-Leute wechselte. So kam er mit der Finanzwelt in Berührung. 

Wehles loyales Verhältnis zur CS war stets etwas Besonderes, weil es auch mit Emotionen verbunden war – denn bereits als er sich in der Limmatstadt am Hauptsitz bewarb und danach beim Bellevue die einzigartige Bergkulisse im Hintergrund des Zürichsee bewunderte, wusste er sogleich, «hier will ich leben – und arbeiten». Aus dem Wunsch wurde schnell Realität und Wehle übernahm diverse, strategisch wichtige Funktionen innerhalb der CS, ohne dabei ins Schlaglicht der Öffentlichkeit zu geraten.

Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
  • Julius Bär, weil der Kurs seit dem Signa-Debakel genügend gesunken ist.
    20.31%
  • Vontobel, weil das Unternehmen 2024 die Wende im Asset Management schaffen wird.
    8.8%
  • EFG International, weil die Bank keinerlei interne Probleme bekundet und stark wächst.
    14.91%
  • UBS, weil die Grossbank auch als Privatbank enormes Potenzial bietet.
    46.36%
  • Banque Cantonale Vaudoise, weil sie unter den Kantonalbanken ein grosses Private Banking anbietet.
    9.62%
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