Sergio Ermotti hätte die Entscheidungshoheit über den Zeitpunkt seines Rücktritt beinahe verloren. Dabei hat der UBS-CEO ein Datum vorgesehen, wie Recherchen von finews.ch ergeben haben. Sein Ziel: Ein Jahrzehnt lang UBS.

Heute Montag beginnt Sergio Ermotti sein neuntes Jahr als CEO der grössten Schweizer Bank, die unter ihm zum Wealth-Management-Koloss mit mehr als 2,4 Billionen Dollar an verwalteten Vermögen gewachsen ist. Es ist einer der letzten Meilensteine für den mittlerweile 59-jährigen Tessiner, der seine Karriere einst als Banklehrling in der Sonnenstube der Schweiz startete.

Denn die Uhr des Countdowns bis zu seinem Rücktritt tickt: Ermotti hat mehreren engen Mitarbeitern anvertraut, dass er vorhabe, bis zur Generalversammlung im Jahr 2021 Chef der UBS zu bleiben. Dies haben mehrere Personen gegenüber finews.ch bestätigt, was bedeutet, dass Ermotti noch rund 18 Monate an der Spitze des Supertankers UBS bleibt.

Bislang immer bedeckt

Es ist das erste Mal, dass ein relativ präziser Zeitplan für seine restliche Amtszeit an die Öffentlichkeit kommt. Ermotti selber hielt sich dazu immer bedeckt, Verwaltungsratspräsident Axel Weber hatte Anfang 2017 in Aussicht gestellt, sie könnten als Führungsgespann gar bis 2022 zusammen wirken.

Gegenüber Vertrauten hat Ermotti seinen Wunsch und seine Ambition geäussert, ein Jahrzehnt lang als Chef der UBS zu amtieren – also bis 2021. Die UBS gab keinen Kommentar ab.

Gegner sassen im Verwaltungsrat

Ermotti hat einen Plan, doch die Durchführbarkeit wurde mehrmals in Frage gestellt: Vergangenes Jahr und auch in der ersten Hälfte 2019 gab es aus der UBS immer stärkere Signale, dass Ermotti seine vor allem durch die erfolgreiche Geschäftsperiode von 2012 bis 2015 erarbeitete Unantastbarkeit verlieren könnte – und damit auch die eigene Entscheidungsgewalt über seinen Rücktritt.

Wie Personen, die dem UBS-Verwaltungsrat nahe stehen, gegenüber finews.ch sagten, hätten einige Mitglieder des Steuerungsgremiums zunehmend Kritik am risikoscheuen CEO geübt. Ihm fehle es an strategischen Ideen für die UBS, zudem sei die Aktienperformance miserabel.

Die Kritikergruppe im Verwaltungsrat bestand im Kern aus den inzwischen zurückgetretenen Ann Godbehere und Michel Demare, zusammen mit Isabelle Romy. Dieses Trio soll im vergangenen Jahr auf einen rascheren Wechsel an der operativen Spitze der UBS gedrängt haben. Von ihnen war kein Kommentar erhältlich.

Khans Einstellung war ein Coup

Die Verwaltungsräte sollen befürchtet haben, dass die UBS mit einem passiven Ermotti weitere Jahre vor sich hin dümpeln und wichtige Arbeitskräfte und Kunden sowie Marktanteile verlieren könnte.

Doch Ermotti liess sich trotz zunehmendem Gegenwind nicht aus der Ruhe bringen – im Gegenteil. Mit der Anstellung von Iqbal Khan für die Co-Leitung im Wealth Management gelang ihm ein Coup – und die erneute Sicherung der Entscheidungshoheit über seinen Rücktritt.

Denn mit dem 43-jährigen Khan holte Ermotti einen ernstzunehmenden Kandidaten für seine Nachfolge. Es war der Startschuss für ein ungleiches Bewerbungsrennen um den Job, in welchem Khan gegenüber den Konkurrenten, COO Sabine Keller-Busse und UBS-Veteran Tom Naratil zurzeit die besseren Karten hat.

Plötzlich ist alles möglich

Ermotti wünscht sich offenbar einen formalen Abschied an der Generalversammlung von 2021, womit er die Dekade als CEO absolviert hätte. Gleichzeitig markiert 2021 das Ende des 2018 vorgestellten Drei-Jahres-Planes.

Tatsächlich hat Ermotti in den vergangenen Wochen wieder forschere Töne angeschlagen. Im Oktober kündigte er an, das Thema Kosten innerhalb der Grossbank aggressiver anzugehen. Auch punkto Akquisitionen sei alles möglich. Ausserdem ist die UBS auf dem Weg, ihr strategisches Patt mittels Kooperationen wenigstens teilweise aufzulösen.

Aktionen sind notwendig, fiel die UBS-Aktie diesen August doch unter die Marke von 10 Franken und erreichte den tiefsten Stand seit sieben Jahren.

Doch noch ein externer Kandidat?

Damit bleiben Keller-Busse sowie Naratil knapp 18 Monate, um sich für den Top-Job zu empfehlen – und auch Khan. Denn Ermotti hat bereits kurz nach dessen Arbeitsbeginn im Oktober geäussert, dass er vom ehemaligen Credit-Suisse-Star rasche und zählbare Ergebnisse in der Super-Division Wealth Management erwartet, die seit der Fusion vor zwei Jahren nicht auf Touren kommt.

Der 18-Monate-Countdown gibt auch UBS-Präsident Weber genügend Zeit, das Rennen um den CEO-Posten mit externen Kandidaten noch spannender zu gestalten. Weber hatte vergangenes Jahr in einem Interview die Nachfolge-Diskussion um Ermotti ein erstes Mal richtig losgetreten – was Ermotti überhaupt nicht goutierte. Doch schliesslich hat der frühere Bundesbank-Chef seinen CEO auch gegen die Kritiken im Verwaltungsrat verteidigt.

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