Schon Monate bevor der Credit Suisse die Affäre um die Beschattung von Iqbal Khan um die Ohren flog, soll die Bank Privatdetektive auf ein Geschäftsleitungsmitglied angesetzt haben. Wenige Tage später war der Mann nicht mehr im obersten Gremium der Bank. 

Peter Goerke und Pierre-Olivier Bouée gehören beide zu den Vasallen, welche Tidjane Thiam nach seinem Antritt als CEO der Credit Suisse (CS) von seinem vorherigen Arbeitgeber Prudential nach Zürich holte. Beide räumten dieses Jahr ihren Posten in der Geschäftsleitung: Goerke trat bereits im Februar als Personalchef zurück, Bouée ist seit Oktober nicht mehr Chief Operating Officer. 

Bouée wurde zum Sündenbock für die aufgeflogene Überwachung des ehemaligen Wealth-Management-Chefs der CS, Iqbal Khan und nahm deshalb den Hut. Goerke (Bild unten), über die Hintergründe dessen Demission bisher nichts bekannt war, wurde hingegen selbst von seinem Arbeitgeber beschattet, wie die «Neue Zürcher Zeitung» gestern Montagabend berichtete.  

Aus der Geschäftsleitung entfernt

Wenige Tage vor seinem Rücktritt von der Geschäftsleitung soll Goerke an einem freien Tag von seinem Wohnort bis an den Flughafen Zürich verfolgt worden sein. Nach seiner Rückkehr aus Manchester am selben Tag observierten ihn Privatdetektive wiederum auf dem Heimweg. 

peter goerke

Gemäss Goerkes Wohnort am Zürichsee lief der Auftrag unter dem Namen «Operation Küsnacht». Wenige Tag nach der Beschattung vom 20. bis am 22. Februar ist Peter Goerke nicht mehr Mitglied der CS-Geschäftsleitung. Thiam ersetzte ihn durch Antoinette Poschung, wie auch finews.ch berichtete. 

Sachdienliche Hinweise

Der Auftrag der Beschatter von Goerke war laut der «NZZ» «ein Bewegungsbild der Zielperson» zu erstellen. «Gibt es Treffen (Drittpersonen fotografieren)? Welche Örtlichkeiten werden angefahren? Andere sachdienliche Hinweise», zitiert die Zeitung aus der Befehlsausgabe an die Detektive. 

Goerke hatte am Tag seines Flugs nach Manchester frei, offenbar hatte er seinen Arbeitskollegen gesagt, er wolle Skifahren gehen. Insofern wäre ein allfälliges Misstrauen ihm gegenüber durch Thiam gerechtfertigt gewesen. 

«Isolierter Einzelfall»

Trotzdem könnte die Beschattung eines weiteren Geschäftsleitungsmitglieds Thiam und seinen Verwaltungsratspräsidenten Urs Rohner in Erklärungsnot bringen: In einem Interview mit «SRF» bezeichnete Thiam die Bespitzelung von Khan als «isolierten Einzelfall». 

Auch Rohner hatte in einer Pressekonferenz erklärt, die Überwachung des heutigen UBS-Kaders sei falsch gewesen und entspreche nicht den Gepflogenheiten der Bank. Indem sich diese Behauptungen der beiden obersten CS-Lenker als falsch herausstellen, werden sie sich voraussichtlich erneut kritischen Fragen ausgesetzt sehen zu ihrer Fähigkeit, die zweitgrösste Schweizer Bank zu führen.

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