Die Finanzmarktaufsicht hat in einem Enforcement-Verfahren bei der Privatbank schwere Mängel in der Geldwäschereibekämpfung festgestellt. Jetzt greift die Behörde bei Julius Bär durch.

Die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (Finma) hat festgestellt, dass es bei Julius Bär im Zeitraum von 2009 bis Anfang 2018 zu schweren Mängeln in der Geldwäschereibekämpfung gekommen ist. Dies teilte die Behörde am Donnerstag mit. Der Zeitraum fällt bei Bär mit der Ära von Ex-CEO Boris Collardi zusammen, der sich Ende 2017 vom Zürcher Traditionshaus verabschiedete.

Das Enforcement-Verfahren, das Julius Bär in der Öffentlichkeit nie bestätigte, stand im Kontext der mutmasslichen Korruptionsfälle rund um den venezolanischen Ölkonzern PDVSA und den Weltfussball-Verband Fifa.

Julius Bär anerkannte in einer separaten Mitteilung «grundsätzlich» die Schlussfolgerungen der Aufsicht und betonte, die Risikokontrolle und die Compliance seien bereits deutlich ausgebaut worden.

Bonussystem anpassen

Die Bankenaufsicht hatte nach eigenen Angaben bereits 2017 einen Untersuchungsbeauftragten zu Julius Bär geschickt. Schon ein Jahr zuvor, noch unter Collardis Ägide, hatte die Privatbank das millionenteure Compliance-Programm Atlas lanciert, bei dem auf aufwändige Weise alle Kunden neu erfasst und unerwünschte Risiken aussortiert werden. Ebenfalls wurde für den Markt Lateinamerika, um den sich die Finma-Untersuchungen drehen, 2017 mit Beatriz Sanchez eine neue Regionenchefin eingesetzt, die das Business auskehren sollte.

Die Finma hat Julius Bär nun einen ganzen Strauss von Massnahmen verordnet: Die Behörde weist die Bank an, wirkungsvolle Massnahmen zur Durchsetzung der geldwäschereirechtlichen Pflichten zu ergreifen und bereits eingeleitete Massnahmen rasch umzusetzen.

Zudem muss die Bank Prozesse bei der Rekrutierung und beim Management von Kundenberatern sowie in der Vergütungs- und Sanktionspolitik anpassen. Auch der Verwaltungsrat der Bank muss seinen Fokus auf die Geldwäschereibekämpfung erhöhen.

Prüfer eingesetzt

Einschneidend für die Unternehmensentwicklung dürfte zudem der vorläufige Übernahmestopp sein: Bis zur Wiederherstellung des «ordnungsgemässen Zustandes» untersagt die Finma Julius Bär, grosse und komplexe Firmenakquisitionen durchzuführen. Die Behörde setzt des weiteren einen Prüfer beim Institut ein, der die Umsetzung der Vorgaben überwacht. Die Finma anerkannte, dass die jetzige Führung der Bank schon diverse verbessernde Massnahmen einleitete.

Laut der Finma lag während des untersuchten Zeitraums bei den «Bären» so einiges im Argen. Nahezu alle der 70 von der Behörde ausgewählten Geschäftsbeziehungen und die überwiegende Mehrzahl der mehr als 150 selektierten Transaktions-Stichproben waren zu beanstanden.

70-Millionen-Dollar-Transaktion durchgewinkt

Den Untersuchungen zufolge klärten die Bär-Banker die Identität von Kunden sowie die Hintergründe ihrer Geschäftsbeziehungen ungenügend ab. So waren die Angaben in der so genannten Know-Your-Customer-Dokumentation (KYC) bei der überwiegenden Mehrzahl der geprüften Geschäftsbeziehungen unvollständig oder unklar. Transaktionen wurden zu wenig konsequent überwacht und ungenügend hinterfragt.

Dies auch zu einem Zeitpunkt, als die Bank bereits klare Warnsignale betreffend Geldwäscherei haben musste, schrieb die Finma.

So wurde beispielsweise bei einem grossen venezolanischen Kunden im Jahr 2014 eine Transaktion von 70 Millionen Franken ohne die erforderlichen Abklärungen durchgeführt, obschon die Bank im gleichen Jahr von Korruptionsvorwürfen gegen den Kunden erfahren hatte. Noch im Jahr 2017 ermöglichte die Bank diesem Kunden eine mangelhaft abgeklärte Durchlauf-Transaktion in der Höhe von einigen Millionen Dollar. Der Kunde hatte nur angegeben, damit nicht näher beschriebene Beratungsdienstleistungen bezahlen zu wollen.

Vergütungen in Millionenhöhe

Am Kunden aus Venezuela zeigte die Finma auch die Fehlanreize bei der Privatbank auf. Das Vergütungsmodell stellte laut dem Bericht fast ausschliesslich auf monetäre Aspekte ab und berücksichtigte die Einhaltung der Regeln und das Risikomanagement nur sehr punktuell. So erhielt ein für venezolanische Kunden zuständiger Kundenberater noch in den Jahren 2016 und 2017 Boni und Entschädigungen in Millionenhöhe, obwohl die Bank eine ganze Reihe seiner Kunden nach Ermittlungen oder Verdächtigungen im Kontext des PDVSA-Falles der Meldestelle für Geldwäscherei (MROS) gemeldet hatte.

Noch im Vorjahr hatte sie ihm sogar noch einen Sonderbonus als «Top Performer» zugesprochen. In den beiden Jahren erhielt er auf diese Weise die höchsten Entschädigungen seiner Karriere bei Julius Bär.

Folgt mehr

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
  • Ja, es gab keine andere, wirtschaftlich sinnvolle Alternative.
    26.59%
  • Nein, man hätte die Credit Suisse abwickeln sollen.
    18.48%
  • Nein, der Bund hätte die Credit Suisse übernehmen sollen.
    28.26%
  • Man hätte auch ausländische Banken als Käufer zulassen sollen.
    9.22%
  • Man hätte eine Lösung mit Schweizer Investoren suchen sollen.
    17.44%
pixel